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14.04.07 / Wandern und Wellness / Der Rothaarsteig zwischen Kassel und Köln bietet Wanderfreuden zu jeder Jahreszeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-07 vom 14. April 2007

Wandern und Wellness
Der Rothaarsteig zwischen Kassel und Köln bietet Wanderfreuden zu jeder Jahreszeit
von Helga Schnehagen

Wohin geht's denn?" fragt die Nachbarin. "Auf den Rothaarsteig", ist die Antwort. Schweigen. Hand aufs Herz, hätten Sie gewußt, wo das Rothaargebirge liegt? Als nördlichster Ausläufer des Rheinischen Schiefergebirges erstreckt es sich vom Sauerland über das Siegerland bis ins Hessische. Sein Kammweg, der Rothaarsteig, führt von Brilon im Norden bis Dillenburg im Süden und ist 160 Kilometer lang.

Angekommen, ist der geographische Zusammenhang offensichtlich. Vor dem satten Grün der dicht bewaldeten Kuppen des bis 843 Meter ansteigenden Mittelgebirges reihen sich in "Monokultur" schmucke Schiefer-Fachwerk-Häuser aneinander. Gehütet und gepflegt, begleitet ihr braun-weißes Farbspiel den Wanderer, wohin er sich auch wendet. Nur der Schiefer kommt inzwischen aus Spanien. Heimischer ist zu teuer.

Treffpunkt der Wandergruppe ist der Bahnhof in Siegen. Mit dem Auto geht es über Netphen direkt auf den Steig zum Forsthaus Lahnquelle. In 638 Meter liegt das gemütlich-moderne Landhotel. Auf dem Balkon heißt es erst einmal tief durchatmen. Die Höhenluft scheint kein Staubpartikel zu verunreinigen. Unten im Schatten dichter Laubbäume blinkt ein stiller schwarzer Tümpel: die Lahnquelle. Dahinter schweift der Blick über eine blumenreiche Wiesen, auf der friedlich Kühe grasen. Am Horizont dunkler Wald. Naturidylle pur.

Am nächsten Morgen um 9.30 Uhr ist Abfahrt. Die Fünfergruppe besteigt den VW-Bus, welchen die Chefin vom Forsthaus Lahnquelle persönlich die vier Kilometer bis nach Heiligenborn fährt: "Von hier geht's direkt ins Ilsetal. Es ist einer meiner Lieblingsplätze. Und da solltet ihr eure Wanderung heute beginnen."

Den Schnurrbart frisch gezwirbelt, erwartet Forstamtmann Peter Lemke die Ankömmlinge. Stolz erklärt er, daß bereits seit 1983 der Staatswald nach Gesichtspunkten der naturgemäßen Waldwirtschaft bearbeitet wird. Das heißt kein Kahlschlag, sondern gezielte Einzelbaum-Fällung, keine Monokulturen, sondern standortgerechte Mischbestände aus Laub- und Nadelholz in unterschiedlichem Alter. Daß aus lauter Freude an der Vielfalt dabei sogar Obstbäume Einzug ins Ilsetal gehalten haben, darauf allerdings käme so schnell keiner. "Darf man das Obst auch essen?" wird gefragt. "Sicher, aber in diese sauren Äpfel beißt jeder nur einmal", antwortet der Forstmann mit verschmitztem Lächeln.

Das Ilsetal mit seinen Wiesen war nicht immer so schön. "Die Renaturierung der Fließgewässer von der Quelle bis zur Mündung ins nächste Gewässer beschäftigt uns erst seit zehn, elf Jahren. Seitdem wir die Rohre entfernt haben, leben hier auch wieder Kaulquappen und Bachflohkrebse", so Peter Lemke.

Das Wasser gurgelt sanft. "Das ist es", meint Roswitha aus Siegen, "was ich am Wandern so schätze. Natur ist kostbar geworden, man muß sie genießen." "Wandern ist auch Fitness-Training", wirft Annette aus Köln ein, "das werdet ihr heute Abend noch merken." Auch andere scheinen das so zu sehen. Der neue Wanderer ist nicht nur Naturgenießer, sondern auch Wellness-Urlauber. Dem tragen die Gastwirte Rechnung. Fast jedes zweite Hotel am Steig hat eine Sauna, rund 30 aus dem Rothaarsteig-Gastgeberverzeichnis besitzen sogar ein Schwimmbad.

14 Kilometer weiter nördlich endet die Tour an diesem Tag. Wieder an einer Quelle, dieses Mal die der Eder. Weich federt der Waldboden unter den Füßen auf dem schmalen Pfad dorthin. "Sie ist die einzige Moorquelle in dem so quellenreichen Rothaargebirge", erklärt hier Oberforstrat Manfred Gertz und macht dabei auf den Siebenstern zwischen den Schachtelhalmen aufmerksam. Die Begeisterung, daß er der Natur wieder zu ihrem Recht verhelfen durfte, steht ihm ins Gesicht geschrieben. Dazu gehört auch der kleine Teich im Oberen Schwanchetal, wo sich jetzt wieder Neuntöter, Molche und Libellen tummeln.

Aus dem Dunkel des Waldes fällt der Blick auf eine lichte unbewirtschaftete Naturwiese. Dieses "Naturfenster" wurde mit Liebe und Bedacht ausgewählt. Damit solche Aussichten nicht zuwachsen, Markierungen nicht verschwinden, Wanderer Ansprechpartner finden, gibt es seit vier Jahren nach dem Vorbild ihrer Kollegen aus dem Yellowstone Nationalpark Ranger auf dem Rothaarsteig.

Für den umfangreichen Verwöhn-Service rund ums Wandern wurde das Gütesiegel Rothaarsteig geschaffen, mit dem sich inzwischen rund 100 Beherbergungsbetriebe schmücken. Dazu müssen sie einiges bieten, etwa Gepäcktransfer, Hol- und Bringservice, geführte Wanderungen vor Ort, umfassende und aktuelle Wanderinformationen sowie regionale Küche, vorzugsweise mit heimischen Produkten. Besonders erfreulich ist auch das einheitliche und übersichtliche Karten- und Informationsmaterial des Rothaarsteigvereins. Wer sich jemals im Wirrwarr von Wegen und Markierungen verloren hat, wird es ganz besonders schätzen.

Pauschalangebote, Gastgeberverzeichnis, Wanderkarten und allgemeine Infos bei: Rothaarsteig, Postfach 1460, 59917 Brilon, Telefon (0 29 61) 94 35 35, www.rothaarsteig.de

Foto: Weiter Blick: Weich federnder Waldboden und sanfte Hügel lassen Natur pur erleben.


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