24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
14.04.07 / Pedalritter auf Tour / Radwandern am Stettiner Haff

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-07 vom 14. April 2007

Pedalritter auf Tour
Radwandern am Stettiner Haff
von Cornelia Höhling

Vorsorglich schaut Eva Schlee am Morgen nach dem Wetter. Sie ist zufrieden. Das wird ein guter Tag für ihre Gäste. Schlee organisiert Radtouren rund um das Stettiner Haff. Sie stellt Reiserouten zusammen und begleitet auf Wunsch die Gruppen.

"Radfahren ist in", sagt die Mittfünfzigerin. "Mit dem Ausbau der Radfernrouten ,Mecklenburger Seenradweg', ,Oder-Neiße-Radweg' und der Strecke ,Berlin-Usedom' entdecken immer mehr Radtouristen unsere Region. Sie lieben die klare Luft, die reizvolle Landschaft und vor allem die unberührte Natur am Wegesrand." Auch Strandurlauber und Wanderer nutzen das gut ausgebaute Radwegenetz mit dem eigenem oder einem Leihrad. Nie ist das Wasser weit entfernt. Die einen genießen abseits der großen Straßen den Blick über das Haff. Andere bevorzugen ein kurzes Bad.

Gute Bademöglichkeiten bietet der 800 Meter lange Sandstrand von Ueckermünde. Die spärlichen Reste eines Renaissanceschlosses beherbergen das kleine Haffmuseum und sind Kulisse für Sommerkonzerte. Junge Gäste lockt vor allem der begehbare Affenwald im Tierpark. Die Hafenstadt an der Mündung der Uecker ins Stettiner Haff wird von mehreren Radfernwegen gekreuzt. Von Yachthafen und Marina aus legen Schiffe in die benachbarte Republik Polen ab. Damit eignet sich Ueckermünde als Ausgangspunkt für Ausflüge und Radwanderungen in die flache Wald- und Heidelandschaft.

Die Ueckermünder Heide mit ihren tiefen Wäldern ist Teil des 573 Quadratkilometer großen Naturparks im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns. Er umfaßt die natürlichen und unverbauten Abschnitte der Haffküste, die Haffwiesen, die Uecker- und Randow-Niederungen und die bis zu 153 Meter hohen Brohmer Berge. Ein 200 Kilometer langes touristisches Wegenetz führt vorbei an Binnendünen, Röhrichtgürteln, Wacholdertälern und geheimnisvollen Mooren.

Eva Schlee ist nicht in der Region aufgewachsen. Aber seit sie hier im Häuschen ihrer Vorfahren lebt, hat die Mutter von vier Kindern ein inniges Verhältnis zu der Landschaft und deren Menschen aufgebaut. Alle Strecken kennt sie wie ihre Westentasche. Die Routenplanung erfolgt ganz individuell. "Manchmal ist es nur ein Pärchen", sagt sie. "Dann sollte es romantisch sein: eine verschwiegene Badestelle, ein kleines Museum, die Dorfkirche, eine Bank mit Blick in den Sonnenuntergang. Einkehrmöglichkeiten für ein Candle-Light-Dinner oder nur so zum Klönen." Anderen, die etwas erleben oder sich bilden wollen, empfiehlt sie auch den Weg nach Anklam. Die einstige Hansestadt an der Peene gilt als "Tor zur Sonneninsel Usedom", wo der beliebte "Ostsee-Radweg" von Flensburg nach 1000 Kilometern im Kaiserbad Ahlbeck endet. In Anklam können sich vergnügungssüchtige Pedalritter auf Theater und Freiluft-Spektakel freuen. Ein Höhepunkt ist das Otto-Lilienthal-Museum. In der Niederung der Peene vor den Toren seiner Geburtsstadt Anklam soll der Flugpionier als Jugendlicher die Störche beobachtet haben. 1891 gelang ihm selbst der erste Flug. Rund 2000 solcher Flüge, fotografisch festgehalten, absolvierte Otto Lilienthal (1848-1896), bis er tödlich verunglückte. Der vielseitige Maschinenbauingenieur meldete 20 Patente für Erfindungen an, war Autor, Schauspieler, Theaterdirektor und sang in der Berliner Singakademie. Im Museum wird nachvollziehbar, wie sich der alte Menschheitstraum vom Fliegen erfüllte und der Grundstein für die moderne Luftfahrt gelegt wurde.

Die ausgestellten Flugapparate mit zum Teil Original-Konstruktionen verführen zu interaktiven Versuchen. Viele Gäste, erzählt Eva Schlee, seien neugierig, wie es sich beim polnischen Nachbarn lebt. "Der preiswerte Osten boomt", meint sie.

Auch hinter der Staatsgrenze kennt sie sich aus. Sie hat Polnisch gelernt. Neben Ausflügen nach Stettin oder Swinemünde empfiehlt sie den Besuch von Brzozki. In dem 200-Seelen-Dorf, 30 Kilometer von Neuwarp, werde mit EU-Fördermitteln Agrotourismus aufgebaut. Paradebeispiel sei ein Reiterhof, wo schwarze Hängebauchschweine friedlich neben Ziegen hertrotten und natürlich auch Radler Unterkunft fänden.

Besonders idyllisch ist der Weg durch nahezu unberührte Landschaft östlich von Ueckermünde über die Altwarper Binnendünen und das Riether Werder. In krassem Kontrast zur geschützten Natur, wo noch Knabenkraut wächst, stand die militärische Nutzung der Halbinsel am Haff. Erst seit den 90er Jahren ist der Zugang zum einstigen Sperrgebiet frei. Eine Fähre bringt Fußgänger und Radler ins rund drei Kilometer entfernte Neuwarp, schon auf polnischem Territorium.

Information: Eva Schlee, Blumenthal 36, 17379 Ferdinandshof, Telefon (03 97 78) 2 96 24, www.radreisen-odermuendung.de


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren