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21.04.07 / Jetzt kommt Kurt / SPD-Chef Beck auf Profilsuche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

Jetzt kommt Kurt
SPD-Chef Beck auf Profilsuche
von Mariano Albrecht

Die SPD hat es in diesen Tagen nicht leicht, während sich die Kanzlerin auf der Beliebtheitsskala deutscher Politiker mit 70 Prozentpunkten im Höhenflug befindet, dümpeln die Koalitionsgenossen von der SPD in den hinteren Reihen. Dort findet sich auch der Mann, der Angela Merkel beerben will und der vor hat, im Jahr 2009 Bundeskanzler zu werden: Kurt Beck, SPD-Chef und Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz. Seit einem Jahr an der Spitze der deutschen Sozialdemokraten, tapst er unbeholfen über die politische Berliner Bühne und sucht Themen ...

Damit steht er in der Riege der SPD-Ministerpräsidenten nicht allein, aber die wollen ja auch nicht Kanzler werden und haben auch nicht mit der Neuprofilierung einer Partei zu tun, der nicht nur die Wähler weglaufen, sondern der auch das Profil verwässert. Klassische sozialdemokratische Themen werden neuerdings von der CDU besetzt, und Becks SPD verprellt Altlinke und den von der Schröderregierung reformgebeutelten Kleinen Mann.

Beck gilt zwar als Parteiberuhiger, doch ein Jahr nachdem er dem Brandenburger Matthias Platzeck als Parteivorsitzender folgte, ist die inhaltliche SPD kein Stück weitergekommen.

Kurt Beck will Kanzler werden, und er weiß auch, was man dazu braucht: "Die Kraft und die Ausstrahlung, um möglichst viel Vertrauen bei den Menschen zu gewinnen." Dies sagte er der "Bild"-Zeitung.

Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des "Stern", weiß gerade mal jeder dritte Deutsche, daß Beck SPD-Chef ist. Verheerend für Beck ist wohl auch, daß 48 Prozent der Befragten Angela Merkel zur Kanzlerin wählen würden und nur 19 Prozent Beck. Was Beck fehlt, ist ein politisches Gesicht, ein Profil - die sozialdemokratische Identität. Da hilft ihm sein rheinland-pfälzischer Landesvater-Bonus auch nicht aus der Klemme. Als Ministerpräsident regiert Beck als direkter Nachfolger von Rudolf Scharping mit absoluter Mehrheit, doch auf Bundesebene schrillen aus den eigenen Reihen alles andere als Jubelschreie - gefangen im Mikrokosmos.

Der "Spiegel" wollte sogar von einem Zerwürfnis zwischen der Grauen Eminenz der SPD, Vizekanzler Müntefering, und Beck wissen. Müntefering greife immer wieder in Becks Arbeit ein und traue im die Führung der Partei nicht zu, ist dem Magazin zu entnehmen. Aus SPD-Kreisen wird das zwar dementiert, doch weit hergeholt scheinen die Mutmaßungen nicht zu sein und - der Nachgeschmack bleibt.

Da scheint das Motto des Jahrestages der Wiedergründung der SPD am vergangenen Wochenende, 60 Jahre Seit' an Seit', auch nur Makulatur. Und wenn Kurt Beck an die Einigkeit der Partei appelliert, "Die Menschen haben ein Gespür dafür, daß diejenigen, die nicht ihre eigenen Reihen ordnen, auch nicht die Reihen der Gesellschaft ordnen können", dann muß man ihm zugestehen, daß er ausnahmsweise mal weiß, wovon er spricht.

Der gemütliche Pfälzer läßt zwar keine Gelegenheit aus, sich bemerkbar zu machen, doch scheint ihm in Berlin die Lobby zu fehlen. In den wichtigen Gremien ist Beck nicht vertreten. Auch wenn er thematisch gern mal in fremden Ressorts wildert, kommen dabei meist nur Peinlichkeiten heraus, die entweder die eigenen Genossen vergrämen oder verpuffen. Da brachte uns Kurt Beck die Unterschichten-Debatte und empfahl kurz darauf Sozialhilfeempfängern: "Man muß nicht alles rausholen, was geht." Den Medien-Coup schlechthin landete Beck im Dezember vergangenen Jahres mit der Pöbelposse um den Arbeitslosen Henrico Frank. Dieser hatte Beck auf die Situation von Hartz-IV-Empfängern angesprochen. Der bärtige Pfälzer schickte ihn ganz volkstümlich mit den Worten "Wenn Sie sich waschen und rasieren, finden Sie auch einen Job. S' Lebbe iss doch, wie 's iss", vom Platz. Henrico Frank hat auch ohne Becks guten Ratschlag wieder einen Job bei einem Radiosender gefunden und schlägt nun zurück: Auf Becks schlechte Umfrageergebnisse angesprochen, lädt Frank ihn nun zu einer Musikproduktion und einem Auftritt in einem Musikvideo ein, rasieren müsse er sich dazu nicht, meint Frank.

Seine Genossen dürften nun schon wieder zusammenzucken: "Er wird doch nicht etwa? ... Er hat doch gerade erst vor Ostern, ... in Afghanistan." Auf seiner Profilsuche ist dem SPD-Chef kein Weg zu weit und so machte sich der Mann aus Mainz auf an den Hindukusch - Truppenbesuch bei deutschen Soldaten.

Kaum auf afghanischem Boden versuchte Beck sich dann in Völkerverständigung, berichtet von seinem Besuch in einer afghanischen Schule und brillierte mit den Worten: "Ich wünschte, unsere Kinder wären so." Bitte nicht ... So begibt er sich dann auch noch in außenpolitische Steinmeier-Gefilde und versucht sich als Friedenstifter für Afghanistan. Nicht bemerkend, daß er sich auf vermintes Gelände begibt, regt Beck eine Neuauflage der Petersberger Afghanistan Konferenz an und schlägt vor, moderate Taliban-Vertreter an den Runden Tisch zu bitten. Kopfschütteln und Empörung vom afghanischen Außenminister Rangin Dadfar Spanta, der Beck in der ARD scharf angreift. Es gebe keine "moderaten Taliban". So eine Klassifizierung sei "eine Erfindung von denjenigen, die von Afghanistan keine Ahnung haben". Treffer versenkt.

Bis zur offiziellen Bekanntgabe des SPD-Kanzlerkandidaten geht noch ein Jahr ins Land. Selbst hinter den CDU-zweiten nach Angela Merkel ist Kurt Beck nicht wahrzunehmen. Die sich neu formierende "Linke", mit dem Rhetoriker-Doppelgespann Gysi-Lafontaine, flirtet mit den Gewerkschaften und wird von denen auch noch "gebauchpinselt" - das tut weh.

Nach einer eigenen Analyse aus dem Oktober vergangenen Jahres hat die SPD seit 1990 fast 37 Prozent ihrer Mitglieder verloren - derzeit hat die SPD 594297 Mitglieder (31. März 2007).

Auch hier Bodenverlust und verbrannte Erde. Die Luft wird also dünn für Kurt Beck und die SPD. Ob er es sich leisten kann, an seiner Äußerung festzuhalten, er sei "unter der Bedingung nach Berlin gegangen", um "... ein Stück Freiheit über die Kabinettsdisziplin hinaus", zu haben, bleibt zu bezweifeln.

Foto: Ein eigenes Profil muß her: Da kaum ein Bundesbürger Kurt Beck kennt, muß er von sich reden machen.


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