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21.04.07 / Türkei-Beitritt: Tarnen und Täuschen / Wie die Europäer hinters Licht geführt werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

Türkei-Beitritt: Tarnen und Täuschen
Wie die Europäer hinters Licht geführt werden
von R. G. Kerschhofer

Auch die Meldungen von voriger Woche illustrierten wieder, daß ein EU-Beitritt der Türkei mit einer "europäischen Wertegemeinschaft" unvereinbar ist oder sein müßte: Der türkische Generalstabschef Büyükanit drohte mit einem Einmarsch im kurdischen Nord-Irak - türkische "Sondereinheiten" waren schon tags davor bis zu 40 Kilometer eingedrungen. Zugleich warf Büyükanit der EU vor, sie wolle die Türkei "zur Schaffung neuer Minderheiten zwingen" - weil in EU-Dokumenten von Kurden, Griechen, Armeniern und Assyrern die Rede ist.

Bezüglich der im Mai anstehenden Präsidentenwahl (durch das von Ministerpräsident Erdogans Partei AKP dominierte Parlament) machte Büyükanit klar, daß "die Armee" eine Bestellung des Islamisten Erdogan ablehne - und zwei Tage später fand in Ankara eine Großdemonstration "für eine sekulare Türkei" statt. Die Armee hatte bereits viermal - 1960, 1971, 1980 und 1997 - massiv in die Politik eingegriffen. Aber so ist es eben: Eine islamistische Türkei paßt nicht nach Europa, weil sie islamistisch ist, und eine "sekulare", weil sie nicht demokratisch sein kann. Bei Unterdrückung von Minderheiten sind sich ohnehin alle einig.

Trotzdem wird munter weiterverhandelt. Obwohl in der EU eine große Mehrheit gegen die Türkei ist. Und obwohl sich der Beitrittsbewerber weigert, das Mitglied Zypern anzuerkennen - das noch dazu von der Türkei teilweise besetzt ist. Nicht einmal die von Brüssel als "de facto Anerkennung" vorgeschlagene Öffnung türkischer Häfen und Flugplätze für zypriotische Schiffe und Flugzeuge wird umgesetzt.

Wie es scheint, ist der EU-Beitritt für einige Entscheidungsträger längst beschlossene Sache. Verdeutlicht wird es dadurch, daß nun das Verhandlungskapitel "Unternehmen und Industrie" neu eröffnet wurde - und daß türkische Industrie-Kapitäne und Bankiers schon seit längerer Zeit an den jährlichen "Bilderberger-Treffen" teilnehmen. Dieses kosmopolitische Absprache-Gremium ist zwar "geheim", dennoch lassen sich Treffen hochrangiger Persönlichkeiten von diesseits und jenseits des Atlantik nicht geheimhalten. Viel Aufschlußreiches dazu findet sich unter www.bilderberg.org. Schon allein die Teilnehmerlisten machen (im nachhinein) manches Geschehen verständlicher. Das Treffen 2007 ist übrigens für Ende Mai in Istanbul geplant.

Grünes Licht gibt es auch für den Ilisu-Staudamm am Tigris. Es ging zuletzt um Exportrisiko-Garantien für die Lieferfirmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz - also um "Arbeitsplätze". Den Anfang machte Österreich, und auch das hat Gründe: Als Chef der Österreichischen Kontrollbank (die keine Bank, sondern eine Kreditversicherung ist) fungiert der frühere SPÖ-Minister Rudolf Scholten, eine graue Eminenz und ebenfalls ein langjähriger "Bilderberger".

Die türkischen Staudämme an Euphrat und Tigris - durchweg im Kurdengebiet - haben zwar wirtschaftliche Bedeutung, sind aber ein Sicherheitsrisiko: Kurden werden "abgesiedelt", sprich in türkische Großstadtghettos oder nach Europa vertrieben. Den Syrern und Irakern wird ein beträchtlicher Teil des Wassers weggenommen. Und es gibt konkrete Pläne, Wasser mit Tankschiffen nach Israel umzuleiten. Nicht nur daß ein EU-Beitritt der Türkei keine "strategischen Vorteile" bringt - die Türkei verfügt über ein technisch veraltetes Massenheer, also genau das Gegenteil von dem, was Europa braucht - Europa wird sogar noch stärker in alle Nahost-Probleme verstrickt und selber zum Angriffsziel! Was allerdings andere Ziele schont.

Daß die Türkei jetzt die armenische Heiligkreuz-Kirche auf einer Insel im Van-See restaurieren ließ, ist Kosmetik für Europäer. Die Kirche war einst Teil der armenischen Königsresidenz, Sitz des armenischen Patriarchats und Zentrum der armenischen Kultur. Das Oberhaupt der in der Türkei verbliebenen Armenier sprach bei der Eröffnungsfeier zwar von einer "positiven Entwicklung" - doch die Kirche darf nur als Museum, nicht für religiöse Zwecke genutzt werden.

Schlimm dran sind auch die Griechisch-Orthodoxen. Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, Ehrenoberhaupt der gesamten Orthodoxie, ist türkischer Staatsbürger. Muß er sein, sonst darf man nicht Patriarch werden. Das orthodoxe Priesterseminar bleibt aber behördlich geschlossen, und so läßt sich ausrechnen, wann für das höchste Amt kein qualifiziertes Personal mehr vorhanden sein wird. Der Patriarch tritt natürlich für den EU-Beitritt der Türkei ein. Seine Hoffnung aber, daß sich damit das Aushungern des Patriarchats verhindern läßt, ist trügerisch. Denn "Europa ist kein Christen-Klub", wie der französische Sozialist Moscovici offenherzig formulierte.


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