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21.04.07 / "Sein Talent war sein Charakter" / Vor 125 Jahren wurde der Maler Waldemar Rösler geboren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

"Sein Talent war sein Charakter"
Vor 125 Jahren wurde der Maler Waldemar Rösler geboren
von Silke Osman

Nicht die verstaubte Luft des Ateliers, sondern die frische Luft der Natur atmen seine Bilder", stellte Max Liebermann in seinem Nachruf auf den Maler Waldemar Rösler fest. "Wenig bedacht auf den gleißenden Vortrag, alles in den Ausdruck der Stimmung legend, nicht das Zufällige, sondern das Konstruktive suchend. Er baut seine Bilder wie der Architekt seine Häuser, flächig und in großen Massen ... Er malt nicht, was er will, sondern was er muß - so und nicht anders ..."

"Der Künstler", so Liebermann in dem am 8. Februar 1917 in der Berliner Zeitung "Der Tag" veröffentlichten Nachruf weiter, "unterscheidet sich vom Kitsch-maler vor allem durch die Gesinnung, und Lichtwark hat sogar den Satz geprägt: Talent ist Cha-rakter. Ob das richtig ist, darüber zu streiten ist hier nicht der Ort, auf Rösler trifft es jedenfalls zu. Sein Talent war sein Charakter, und sein Charakter war sein Talent. Gerade jetzt wird so viel über Heimatkunst geschwatzt: sie liegt nicht im Sujet, nicht darin, daß jeder nur den Kirchturm seines Dorfes malt, sie liegt in der eigenen Naturauffassung, darin, daß der Maler das Sujet mit eigenen Augen schaut und wiedergibt ..."

Waldemar Rösler ist nicht alt geworden. Mit 35 Jahren nahm er sich - tieferschüttert durch die Grauen des Ersten Weltkrieges - am 14. Dezember 1916 im ostpreußischen Arys das Leben. Und doch hinterließ er ein Werk, ausgezeichnet durch eine "eminent malerische Begabung" (Kurt Badt), ein Werk, das heute meist nur noch Kunstkennern ein Begriff ist.

"Mit eigenen Augen geschaut und wiedergegeben", so sind denn auch die Szenen und Motive, die Waldemar Rösler in seinem Werk hinterlassen hat. Keine Sensationen, nichts Aufrüttelndes, Ergreifendes, oder gar Schockierendes hat er mit dem Pinsel festgehalten; sanfte Landschaften vom ostpreußischen Küstenstrich bis zum bayerischen Wasserburg sind es vielmehr, Wind und Wolken, Sand und Meer, Bäume, Dünen und Berge ...

Von Sachsen, wo Waldemar Rösler vor nunmehr 125 Jahren am 21. April 1882 in Striesen bei Dresden geboren wurde, zog die Familie bald nach Königsberg. Dort besuchte der Junge die Realschule. Bereits mit 14 Jahren ging er zur Kunstakademie, um bei Max Schmidt und Emil Neide zu studieren. 1904 schloß er diese Studien als Meisterschüler von Ludwig Dettmann ab und ging nach Dresden. 1905 bereits beteiligte er sich ein erstes Mal an einer Ausstellung der Berliner Sezession, deren Vorstandsmitglied er 1911 auf Vorschlag Max Beckmanns nach dem Rücktritt Liebermanns wurde. 1906 heiratete Rösler die Malerin Oda Hardt, die er im Atelier von Dettmann kennengelernt hatte. Der Ehe entstammen zwei Kinder - Tochter Louise wurde ebenfalls Malerin, Sohn Fritz fiel im Zweiten Weltkrieg in Italien.

Das Ehepaar zog in die Großstadt, nach Berlin-Großlichterfelde. Immer wieder aber fühlte sich der Maler von der freien Natur angezogen. Kein Wunder also, daß er oft nach Ostpreußen ging, um dort zu malen. Gemeinsam mit Theo von Brockhusen gründet er den Künstlerkreis Klein-Kuhren, dem später auch Franz Domscheit, Alfred Partikel und Arthur Degner angehörten.

Ein letztes Mal ist Rösler vor Beginn des Ersten Weltkrieges in seinem Sommer- und Malparadies Klein-Kuhren. Dann wird er zur Landwehr eingezogen und später auch an der Westfront in Belgien eingesetzt. Er zeichnet sich durch Tapferkeit aus, wird zum Leutnant befördert und mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Feldpostbriefe von erschütternder Aussagekraft geben noch heute einen Einblick in das grauenvolle Geschehen an der Front. Nach seinem physischen und psychischen Zusammenbruch wird Waldemar Rösler ins ostpreußische Arys versetzt - dort scheidet er schließlich aus dieser Welt.

Beigesetzt wird er auf Gut Schildeck, dem Besitz der Familie Hardt, zwischen Osterode und Hohenstein gelegen. - Erst 1975 konnte seine Tochter Louise das Grab ihres Vaters in Ostpreußen besuchen.

Waldemar Rösler hat selbst einmal bekannt, für ihn gebe es "nur gute Kunst von einzelnen starken Persönlichkeiten, keine Richtungen. Darunter verstehe ich eine ursprüngliche, innerliche, selbständige Kunst; ob diese dekorativ ist oder anders, ist ganz gleichgültig ..." Der Kunsthistoriker Kurt Badt, ein Freund Röslers und fundierter Kenner seines Œuvres, veröffentlichte 1921 in der "Zeitschrift für Bildende Kunst" einen Aufsatz über das Werk des Wahl-ostpreußen und hob dabei die Bedeutung der ostpreußischen Landschaft für das Schaffen des Künstlers hevor: "Wenn Rösler alle Frühjahr in seine Heimat zurückkehrte, um wieder an die Arbeit zu gehen, so war das keineswegs eine Flucht in die Einsamkeit, sondern im Gegenteil die Rückkehr in sein eigentliches Reich. Seine Verbannung war nicht das Land, sondern die Winterszeit in der Stadt. Er wurzelte im ländlichen Dasein, und seine Kraft war an die Erde gebunden wie die eines Antäus. In seiner Malerei wird nicht ein Stück der städtisch-kulturellen Atmosphäre in die Natur hineingetragen, vielmehr könnte man umgekehrt sagen: die Natur des flachen Landes strömt selbst in die Bilder hinein, die ferne davon entstanden sind ... In den letzten Werken bestimmt nicht das zugrunde liegende Landschaftsbild die Gestaltung, sondern eine dem Künstler vorschwebende Einheit benutzt Landschaft und Menschen zu ihrer Verwirklichung ..."

Hat man die Gelegenheit - oder auch das Glück - dem Werk Waldemar Röslers auf einer Ausstellung oder in Museen in Berlin, Hamburg, Bremen, Stuttgart oder Regensburg zu begegnen, wird man Max Liebermann nur zustimmen können, der einst feststellte: "Unter seinen Altersgenossen war er nicht nur eins der hoffnungsreichsten, sondern auch eins der gediegensten Talente. Die Rechtschaffenheit gegen seine Kunst verleiht seinen Bildern dauernden Wert, und wenn all das tolle Zeug, das uns das letzte Dezennium vor dem Kriege gebracht hat, längst von der Bildfläche verschwunden sein wird, werden Röslers Bilder bestehen bleiben: denn sie sind ehrlich."

Lange hat die einst in Hamburg lebende Textilkünstlerin Anka Kröhnke den Wunsch gehegt, ein Museum zu errichten, in dem die Werke ihrer Eltern Louise Rösler (1907-1993) und Walter Kröhnke (1903-1944) und Großeltern Oda Hardt-Rösler (1880-1965) und Waldemar Rösler (1882-1916) ausgestellt werden könnten und in dem auch ihre eigenen Arbeiten zu sehen sein würden. Darüber hinaus wollte sie dort mit ihrem Mann Hanno Jochimsen gemeinsam leben und arbeiten.

Im Ostseebad Kühlungsborn fanden sie ein geeignetes, wenn auch dringend renovierungsbedürftiges Haus mit einem wunderschönen Garten.

Als Hanno Jochimsen 2002 unerwartet starb, stand Anka Kröhnke allein vor der schier unüberwindlich scheinenden Aufgabe, das Haus renovieren zu lassen und dort ein ansehnliches Museum zu errichten. Mit geradezu preußischer Energie aber ging sie bald die Probleme an - aufgeben kam nicht in Frage, zu sehr hatte sich die Idee einer gemeinsamen Präsentation der künstlerischen Werke in ihrem Kopf festgesetzt. Im Mai 2004 konnte schließlich die erste Ausstellung gezeigt werden. Heute ist das Atelierhaus Rösler-Kröhnke bei ausgewiesenen Kunstfreunden längst zu einem Begriff geworden.

Das Atelierhaus Rösler-Kröhnke, Schloßstraße 4, 18225 Kühlungsborn, ist freitags, sonnabends und sonntags von 11 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon (03 82 93) 1 53 39 geöffnet.

Foto: Waldemar Rösler: Selbstbildnis mit Oda (Öl, um 1910)


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