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21.04.07 / Vom Märtyrer zum Drachentöter / Sankt Georg wurde zum beliebtesten Heiligen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-07 vom 21. April 2007

Vom Märtyrer zum Drachentöter
Sankt Georg wurde zum beliebtesten Heiligen
von Manfred Müller

Georg, Jörg, Jürg, Jürgen - viele Deutsche tragen diesen schönen Vornamen, wissen aber wenig über ihren Namenspatron, dessen Festtag am 23. April begangen wird. Georg (aus dem Griechischen: Bauer, Landmann) war ein römischer Soldat im Offiziersrang. Er stammte aus Kapadozien und erlitt unter Kaiser Diokletian um 303 den Märtyrertod. Die Legende von der Glaubensstärke Georgs im Martyrium (und den damit zusammenhängenden Wundern) wurde im 11. Jahrhundert von der Drachenkampf-Legende überlagert: Ritter Georg kämpft mit der Hilfe Gottes und in tapferem Einsatz seiner Person einen Drachen nieder, rettet dadurch eine Prinzessin und bewirkt die Massentaufe der Menschen, die bislang Götzen gedient und unter dem Wüten des Drachen gelitten hatten. Noch stärker als diese Legende wirkten Berichte, die europäische Kreuzfahrer in ihre Heimatländer mitbrachten. Den Kreuzrittern, die 1099 Jerusalem erstürmten, soll, als ihre Kraft zu schwinden drohte, Sankt Georg als weißer Ritter erschienen sein und sie zu einer letzten Kraftanstrengung befähigt haben. Die visionär erregbaren Kreuzfahrer erzählten ähnliche Begegnungen auch von anderen Schlachtorten, so daß Sankt Georg bald zum Schutzpatron der Kreuzfahrer und der gesamten Ritterschaft wurde.

Christliche Ritterheere zogen unter seinem Feldzeichen und mit seinem Namen als Schlachtruf in den Kampf. Viele Kirchenpatrozinien (besonders bei Schloßkapellen und bei Kirchen, die unter Förderung von Adeligen gebaut wurden) bezeugen die Beliebtheit dieses Heiligen. Bruderschaften stellten sich unter seinen Schutz, und bei den Bauern wurde er zum Viehpatron (Pferdesegen). Bestimmte Städte, Völker und Länder vertrauten sich dem Schutz des Dämonenbezwingers an. So etwa Konstantinopel, Stockholm, Moskau, Venedig, Genua, Barcelona; Georgien, Griechenland, Schweden, England. In England genoß Sankt Georg seit den Tagen des Kreuzfahrers Richard Löwenherz eine überaus große Popularität, die auch durch die Einführung der Reformation kaum gebrochen werden konnte.

Die Georgsverehrung in deutschen Landen spiegelt sich im deutschen Liedgut. Aus der Zeit der Bauernkriege ist "Schenkenbachs Reiterlied" überliefert, dessen erste Strophe sich an "Mariam die reine Magd" richtet, während die zweite Strophe mit "Sankt Jörg, du edler Ritter" beginnt. Ihn sehen die berittenen Söldner, die gegen aufständische Bauern eingesetzt werden, als ihren eigentlichen Anführer an ("Rottmeister sollst du sein"). Er soll ihre "Rotte" vor elendigem Untergang bewahren und ihnen auch gegen ihren irdischen Anführer helfen, wenn dieser allzusehr auf Einhaltung der Kriegszucht dringen sollte. Letzteres ein Anzeichen dafür, wie schnell religiöse Substanz bei volkstümlicher Ausformung der Heiligenverehrung verlorengehen konnte.

Um 1900 schrieb der österreichische Priesterdichter Ottokar Kernstock sein Lied auf "Sankt Jürg". Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es in der deutschen Jugendbewegung vertont und sehr beliebt, da Georg in zahlreichen jugendbewegten Bünden als ritterliche Leitfigur gesehen wurde.

Hochpolitisch ist Georg Thurmairs Georgslied von 1934 (sofort vertont von Adolf Lohmann): "Wir sind im Kampfe und im Streit mit dieser bösen Weltenzeit, die über uns gekommen ..." Thurmair (nach dem Zweiten Weltkrieg lange Chefredakteur der "Münchner Kirchenzeitung") war damals Aktivist im Katholischen Jungmännerverband Deutschlands. Sein Lied steckt voller Anspielungen auf den beginnenden Weltanschauungskampf im Dritten Reich. Besonders brisant ist die dritte Strophe, konnte man sie doch auf Reichspropagandaminister Joseph Goebbels beziehen: "Die Lüge ist gar frech und schreit und hat ein Maul so höllenweit, die Wahrheit zu verschlingen ..."

Dieses Lied hätte natürlich gut in ein katholisches Liederbuch der DDR gepaßt, aber dort vermied man es, die Machthaber mit einem solchen Lied zu reizen. Das in Leipzig 1957 erschienene Gebetbuch "Lehre uns beten" führt Sankt Georg unter den 14 Nothelfern als deren ersten auf: "St. Georg schützt in Kriegs- und Glaubensgefahren." In einem entsprechenden Gebet heißt es: "Heiliger Georg, hilf uns in unserer Not!" Weitere Georgslieder sind im deutschen Zweig der weltweiten Pfadfinderbewegung entstanden. Eines der schönsten endet mit der Anrufung des Heiligen: "Du, aller Jugend Bannerheld! St. Jürg, reit uns voran!"

Foto: Sankt Georg: Die bulgarische Ikone zeigt den Heiligen als Drachentöter.


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