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28.04.07 / Vom Hausschwamm befallen / Das Neue Palais in Potsdam ist massiv renovierungsbedürftig - 150 Millionen Euro sind Tropfen auf den heißen Stein

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-07 vom 28. April 2007

Vom Hausschwamm befallen
Das Neue Palais in Potsdam ist massiv renovierungsbedürftig - 150 Millionen Euro sind Tropfen auf den heißen Stein
von Rebecca Bellano

In letzter Zeit sorgt die Region Berlin-Brandenburg immer wieder für Schlagzeilen, die sich mit den Bauwerken der Preußen-Könige befassen. Am meisten stürzen sich die Medien auf den geplanten Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses und des Potsdamer Stadtschlosses. Vor einigen Tagen gelangte jedoch ein königlicher Wohnsitz in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, der eigentlich schon seit Grundsteinlegung 1763 im Schatten eines viel kleineren Schlosses stand: Das Neue Palais wurde von Friedrich dem Großen gleich nach seinem Sieg im Siebenjährigen Krieg als eindrucksvoller Repräsentationsbau geplant und umgesetzt. Doch der im barocken Stil erschaffene Prunkbau mit 300 Zimmern war nie Wohnsitz seines Erbauers. Der zog das nahgelegene und deutlich kleinere Sanssouci dem großen weiß-rosafarbenen Koloß vor, der letztendlich aus politischen Motiven gebaut worden war. "Seht her, wir leben noch!" sollte dieser wohl dem Ausland symbolisieren. Und daß das kleine Preußen nach den Jahren des Krieges noch in der Lage war, einen derartigen Prunkbau zu schaffen, mag das überwiegend feindlich gesinnte Ausland tatsächlich in Erstaunen versetzt haben.

Anfangs wurde das Schloß noch von der Familie des Königs bewohnt: Sein Bruder Heinrich, seine Schwester Amalie, seine Nichte Wilhelmine von Oranien logierten in den mit aufwendigem Rokoko-Dekor ausgestatteten Räumen des Schlosses, doch so richtig heimisch fühlte sich keiner dort. Bald wurde das Schloß nur noch für offizielle Feiern als Kulisse genutzt.

Ein ungeliebtes Stiefkind, so könnte man wohl die Rolle des Neuen Palais in der Familie der preußischen Schlösser sehen. Eine Rolle, die das Potsdamer noch heute innehat, denn während in den letzten Jahren fast alle anderen Schlösser restauriert und fein herausgeputzt wurden, ja sogar schon über den Wiederaufbau längst abgerissener Stadtschlösser diskutiert wird, schien das Neue Palais, obwohl eigentlich unübersehbar, im Schatten der anderen vor sich hin zu rotten.

Beim Neuen Palais von einem verrotteten Schloß zu sprechen, mag hart klingen, aber das ist es, was der Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Berlin-Brandenburg, Hartmut Dorgerloh, selber eingestehen mußte. Das Schloß zeige nach 240 Jahren deutliche Verschleißerscheinungen. Das Gebäude sei vom Hausschwamm befallen, der Deckenbalken und Schrankbäder zersetzt. Nagelkäfer durchlöcherten das Parkett, Feuchtigkeit fresse Fresken und Tapeten, aus brüchigen Regenrohren sickere Wasser ins Mauerwerk, so Dorgerloh. Zudem würden zu DDR-Zeiten verwandte giftige Holzschutzmittel den Dachstuhl zur verbotenen Zone machen. Gut 150 Millionen Euro Soforthilfe seien für die wichtigsten Restaurierungen notwendig. Der Gesamtbedarf sei jedoch weitaus höher, wie ein Blick auf brüchige Marmorböden, ausgebeulte Wandbehänge und fleckige Decken bestätigt.

Dorgerloh will das Neue Palais im Jahr 2012, zum 300. Geburtstag von Friedrich dem Großen, wieder einigermaßen vorzeigbar haben, doch da die Geschichte des Neuen Palais eigentlich eine lange Geschichte der Vernachlässigungen ist, hat er da noch viel zu tun und zu finanzieren. Das heißt die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund müssen Millionen-Beträge freigeben. Dabei sitzt denen das Geld alles andere als locker. Dies dürfte auch der Grund sein, warum das Neue Palais nur 1991 eine Fassadenrenovierung erfahren hat ... und das war's. Dabei ist bekannt, daß in den 40 Jahren DDR nicht viel für die herrschaftlichen Gebäude getan wurde, daher auch der große Nachholbedarf bei allen. Der letzte, der Geld in das Neue Palais investiert hat, war Kaiser Wilhelm II. Nachdem sein Vater, der spätere Friedrich III. 1858 der erste dauerhafte Bewohner nach Jahrzehnten des Leerstandes war und behutsam modernisiert hatte - Warmwasserheizung und Toiletten -, sorgte Wilhelm II. für den Einbau einer Zentralheizung und die Elektrifizierung. Auch wurden zahlreiche Räume neu gestaltet. Doch mit dem Ende der Monarchie 1918 erstarb auch das Interesse, Geld in das aus so mancher Sicht kitschige Ungetüm zu stecken. Zwar überstand das nun zum Museum umfunktionierte Schloß die Bombennächte des Zweiten Weltkrieges, doch die Rote Armee räumte es weitgehend aus.

Nach Jahrzehnten des Dornröschenschlafs hofft das verfallene Schloß nun, wachgeküßt zu werden. Hartmut Dorgerloh ist zumindest Willens.


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