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28.04.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-07 vom 28. April 2007

Prinz Dornröschen / Warum Bismarck lacht, die Briten auch nicht unsere Freunde werden, und eine gute Show am Ende allen nützt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Die Deutschen mögen ihr Land, nur seine geographische Lage gefällt ihnen nicht. Zu nördlich, was die Temperaturen angeht, zu zentral, was die Sicherheitsfrage betrifft. Dem miesen Wetter versuchen sie seit rund 2000 Jahren durch unterschiedlichste Formen von Mittelmeer-Exkursionen zu entkommen. Die Germanen gingen auf Völkerwanderung, Goethe auf Italienfahrt und Otto Gegenwartsdeutscher bucht bei der TUI.

Auch auf die prekäre Mittellage und damit verbundene Bedrohung von allen Seiten fanden die Deutschen im Laufe der Jahrhunderte allerlei Antworten; sie bauten Burgen, errichteten Grenzmarken oder schufen das preußische Militär. Im trüben Verlaufe des 20. Jahrhunderts kamen sie schließlich auf einen ganz neuen Trichter: Freunde brauche man, dann passiere einem auch nichts mehr.

Am engsten und innigsten schmiegte sich der deutsche Michel im letzten Drittel des Jahrhunderts ins Kissen seines alten Erbfeinds, der nun sein allerallerbester Freund sein sollte: Frankreich. Aus der Wacht am Rhein gedieh die Schmacht am Rhein.

Während der Irak-Krise kuschelte man sich besonders fest aneinander. Von der feindlichen Welt des George W. Bush und seiner Adepten in England, Polen, Spanien, Italien (klar, die schon wieder!) und wo noch alles umringt standen Berlin und Paris fest und treu zusammen in der Brandung. Das hatte was!

Was dieses "was" eigentlich war, wußten wir zwar alle nicht so genau, aber es würde bestimmt von langer Dauer sein, da waren wir sicher, und es fühlte sich enorm gut an.

Bis eben. Anfang des Jahres piekste sich etwas durchs Freundschaftskissen. Erst, bei der Airbuskrise, war nur eine kleine Spitze zu sehen. Da forderte der heute aussichtsreichste französische Präsidentschaftskandidat Sarkozy, sein Land solle den Konzern allein anführen und die Deutschen zu den Briten und Spaniern in die zweite Reihe schubsen.

Die Deutschen waren daraufhin mehr irritiert als erbost: Darf der das? Gibt's da nicht Verträge? Lümmel!

Vor dem ersten Wahlgang vergangenen Sonntag hat "Sarko" die Klinge noch ein bißchen weiter durch den Flaum geschoben und hielt laut polternde Anklagereden gen Berlin wegen der NS-Zeit. Daß er meint, damit in Frankreich Wahlen gewinnen zu können, wird die Deutschen ebenso freuen wie es die Amis entzücken dürfte, wenn ein deutscher Kanzlerkandidat mit wütenden Hinweisen auf Indianermord und Sklavenschinderei auf Wählerfang ginge.

Jammerschade, diese Entwicklung. Ein kalter Wind weht von den Vogesen zu uns herüber und mit der Gemütlichkeit im Freundschaftslager ist es wohl vorbei, wenn Sarkozy es schafft. Gut, andererseits: Wenn seine Herausforderin Royal den Sieg davontrüge, würden uns unsere Linken bis zur Verblödung mit dem ganzen sozialistischen Plunder aus der roten Altkleiderkiste bewerfen, welche die Kandidatin in den Elysée-Palast schleppen will. Es ist eine liebe Not mit den Franzosen. Ins allgemeine Stöhnen darüber mischt sich indes ein höhnisches leises Kichern, die Schallquelle ist schnell lokalisiert: Sachsenwald bei Hamburg.

Den europäischen Zug wird das alles nicht aufhalten, trösten sich unsere Politiker. Der rollt und rollt und unsere deutschen Züge sind mittlerweile dermaßen europäisch, daß man meinen möchte, man sei in den USA. Bei der Bahn kann der Kunde mit seiner "Mobility-Bahn-Card" im "Shop" eine Reise im "City-Night-Line" buchen. Es gibt sogar eine "Spar-Night" für Preisbewußte, klingt wie "Puff-Besuch zum Schnupperpreis".

Wer sich unter Druck gesetzt fühlt und hektisch in seinen verstaubten Englisch-Büchern blättert, um seine Ausländisch-Kenntnisse aufzufrischen, um nicht für immer auf die Autobahn verbannt zu werden, kann sich entspannen: Das Bahn-Englisch hat mit richtigem Englisch kaum etwas zu tun. Wie auch? Daß neulich ein ICE auf der Fahrt angehalten und komplett geräumt werden mußte, lag ja daran, daß die Bahnleute selber gar kein Englisch sprechen. Sonst hätten sie den (nichtdeutschen) Besitzer des alleingelassenen Gepäckstücks ja ausrufen können. Aber Mehdornisch ist eben doch ein ganz eigenes Idiom, das nur im Dunstkreis der "Service-Points" verstanden wird.

Jetzt wollen sich die europäischen Bahngesellschaften verbünden, um kontinentweit den Billigfliegern Konkurrenz zu machen. Dann kommen noch mehr europäische Ausländer und unsere englischen Nachbarn werden staunen, zu was man ihre Sprache unter dem Glasdach des Berliner Hauptbahnhofs zerstümpert hat. Unsere Ersatzfreunde für die Franzosen werden sie nach dieser Erfahrung bestimmt nicht.

Denn sie sind recht stolz auf ihre Sprache, die Briten. Das beste Englisch wird angeblich in den königlichen Kreisen gesprochen, weshalb man es das "Queen's English" nennt. Das sollen nun auch die Iraker hören dürfen, bevor noch ein Mehdorn auf der Bagdadbahn antuckert und alles versaut.

Skandalprinz Harry kommt an die Front, oder jedenfalls in ihre Nähe. Die Begeisterung der britischen Soldaten am Golf ist eher verhalten. Die irakischen Partisanen wollen den Prinzen gezielt jagen, was jedem Uniformierten, der so ähnlich aussieht wie Elisabeths Enkel, die heldenhafte Aussicht ermöglicht, jetzt auch etwas Besonderes und demnächst ganz besonders Totes zu sein.

Harrys Vorgesetzte sehen sich schon auf dem Grill des Untersuchungsausschusses, falls der Frucht von Lady Di etwas zustoßen sollte. Doch die britische Truppe hat Übung im sachgerechten Umgang mit gekröntem Besuch. Harrys Onkel war bei Falkland 1982 dabei. Nun ja, "dabei" ist vielleicht übertrieben. Als an Bord seines Schiffes ein Brand ausgebrochen war, verschifften ihn die besorgten Marineführer in ein möglichst entlegenes Gewässer weit draußen auf dem Atlantik, wo ihn die Argentinier nie finden würden. Am Feuer an Bord waren die Südamerikaner übrigens völlig unschuldig. Es war ein Küchenbrand.

Prinz Harry werden sie in irgendeinem Sicherheitstrakt wegschließen, wo er als Prinz Dornröschen die Tage in Würde verdämmern darf, bis ihn der Befehl zur Heimkehr wachküßt. Der arme Junge. Nun, immerhin gibt es ja noch die Kollegen von der bunten Presse. Für die darf er dann sicher mal raus, richtig mit Waffe, und vielleicht inszeniert Musical-Komponist Andrew Lloyd-Webber ja auch eine "richtige" Kampfhandlung für den Prinzen, mit täuschend echten Irakerdarstellern und Knall und Päng und so.

Schließlich dient das alles ja einer guten Sache. Der Irak wird eines Tages nämlich eine stabile Demokratie werden, wo Recht und Ordnung herrschen, wo friedlich und den Regeln gemäß gewählt werden kann und dabei nicht so ein hinterwäldlerisches Chaos herrscht wie bei Nigerianern oder Hamburger Sozialdemokraten. Da darf es schon mal ein bißchen Show sein, wenn's hilft.

Zumal eine gute Show auch den ansonsten kühlen Rechtsstaat durchaus entzücken kann. Magnus Gäfgen hat der Welt vorgeweint, daß die Polizei ihm gedroht habe, ihn übers Knie zu legen, wenn er den Aufenthaltsort seines Opfers nicht preisgebe. Die Inszenierung war meisterhaft, Deutschland hatte einen "Folterskandal". Auch der Europäische Gerichtshof war so gerührt, daß Gäfgen nun auf eine Neueröffnung seines Prozesses hoffen darf.

Der Fall Gäfgen weist übrigens alle in die Schranken, die an der Resozialisierung von Schwerstverbrechern zweifeln. Vielmehr scheint es doch so zu sein, daß die Resozialisierung gerade bei den besonders perversen Schlächtern in Windeseile verläuft. Kaum daß sie geschnappt werden, entwickeln sie ein erstaunliches Feingefühl dafür, was der Rechtsstaat alles nicht darf und welche Rechte ihnen zustehen.


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