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05.05.07 / Bitte nicht noch einmal / Armutszeugnis für die Bundeswehr: Jeder zweite Berufssoldat würde sich nicht erneut verpflichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-07 vom 05. Mai 2007

Bitte nicht noch einmal
Armutszeugnis für die Bundeswehr: Jeder zweite Berufssoldat würde sich nicht erneut verpflichten
von H.-J. von Leesen

Als Anfang April Wolfgang Schneiderhan, Generalinspekteur der Bundeswehr und damit Deutschlands oberster Soldat, dem Verteidigungsminister den "Bundeswehrplan 2008/11" überreichte, konnte man lesen, daß nach Schneiderhans Ansicht für die Einsatzfähigkeit der Armee "Motivation und die Qualifikation der Soldaten ... herausragende Bedeutung" hätten. Drei Wochen später liegt das Ergebnis einer umfangreichen Befragung von etwa 40000 Berufs- und Zeitsoldaten vor, die vom Bundeswehrverband veranlaßt wurde. Das Ergebnis ist "verheerend", wie der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Bernhard Gertz, ausführte. Mehr als 98 Prozent der Soldaten fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. 73,7 Prozent der befragten Berufssoldaten erklärten, sie würden ihnen nahestehenden Personen, zum Beispiel ihren Kindern, auf keinen Fall den Dienst in den Streitkräften empfehlen. Jeder zweite Berufssoldat würde sich nicht wieder dafür entscheiden, Soldat zu werden. Deutlich mehr als die Hälfte bemängelt die Ausrüstung bei Auslandseinsätzen. Auf die Frage, ob sie glaubten, daß es der Bundeswehr künftig noch gelingen werde, genügend qualifizierte Bewerber zu gewinnen, antworteten nicht einmal zehn Prozent mit Ja.

Hauptgrund für den Zusammenbruch der Motivation unserer Soldaten dürfte die, wie Gertz sich ausdrückte, "massive Unterfinanzierung bei Personal, Betrieb und Investition" sein. Im kürzlich erschienenen Bericht des Wehrbeauftragten über die Lage der Bundeswehr wurde im einzelnen dargelegt, daß es vom Schuhwerk bis zu den gepanzerten Fahrzeugen im Auslandseinsatz hapert. Welche Folgen die Sparsamkeit der Politiker hat, die zwar die Soldaten in immer neue Einsätze schicken, sich aber weigern, die notwendigen Mittel bereitzustellen, wurde gerade der Öffentlichkeit bekannt. Da rast ein Tornado bei einem Übungsflug über der Schweiz gegen eine Felswand. Der Pilot ist tot, sein Kamerad verletzt. Generalinspekteur Schneiderhan läßt wissen, daß die Übungsflugstunden der Jet-Piloten der Bundesluftwaffe aus Kostengründen reduziert werden mußten, zumal der Treibstoff teurer geworden sei, denn "mit dem bei rund 1,1 Milliarden Euro stabilisierten Planmitteleinsatz können Flugstunden für Ausbildung und Übung nur unter Inkaufnahme von Einschränkungen zur Verfügung gestellt werden". Und er fährt fort, daß dadurch "der von der Nato geforderte Standard weiterhin nicht erreicht" werden könne.

Das alles sind keine Überraschungen; das unverantwortliche Handeln der Politik, trotzdem die Soldaten in immer weitere Auslandseinsätze zu schicken, wird unter der Hand längst kritisiert. Zwar hat der derzeitige Verteidigungsminister Jung wohl einmal schüchtern formuliert, daß er "Bedarf angemeldet" habe, und er hat auch öffentlich zugegeben, "daß die Bundeswehr ... in gewissen Bereichen an Leistungsgrenzen gestoßen" sei.

Trotzdem wurde das deutsche Kontingent in Kosovo jüngst verstärkt., wo es wieder einmal brenzlig wird.

Optimistisch erklärt Minister Jung, die Bundeswehr sei einsatzfähig und leistungsfähig. "Sie muß in fünf verschiedenen Gebieten einsatzfähig sein", so der Minister. Zur Zeit sind deutsche Soldaten mit größeren Einheiten in Bosnien, im Kosovo, vor der Küste des Libanons, in Usbekistan, in Afghanistan und am Horn von Afrika eingesetzt. Kleinere Gruppen befinden sich im Sudan, in Äthiopien und in Georgien - insgesamt 8000. Noch einmal doppelt so viele sind in der Vor- beziehungsweise in der Nachbereitungsphase. Und die Aufgaben wachsen.

Die Regierung hat Deutschland dazu verpflichtet, zusätzlich zu den bisherigen Auslandseinsätzen im Rahmen der "Schnellen Eingreiftruppe" der Nato und der "EU-Battlegroups" innerhalb weniger Tage weltweit Eingreiftruppen entsenden zu können. Generalinspekteur Schneiderhan zieht in der üblichen verschrobenen Sprache daraus die Konsequenz, daß ein "synchroner Fähigkeitszuwachs über das gesamte Fähigkeitsprofil nicht mehr zu gewährleisten ist", das heißt: Mehr schafft die Bundeswehr unter den augenblicklichen Verhältnissen nicht. Trotzdem entscheiden die Politiker weiter über Einsätze, und die Leidtragenden sind unsere Soldaten.

Immerhin hat Verteidigungsminister Jung dem Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes, als der ihm die Ergebnisse der Befragung überreichte, zugesichert, er werde "sich das im einzelnen anschauen."

Foto: Verteidigungsminister Jung beim Besuch der deutschen Kfor-Soldaten im Kosovo: Überprüfung der Bewaffnung


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