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05.05.07 / "Chinatown" auf märkischem Sand / Investor plant Asiatenstadt bei Oranienburg - Chance oder wieder nur ein totgeborenes Riesenprojekt?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-07 vom 05. Mai 2007

"Chinatown" auf märkischem Sand
Investor plant Asiatenstadt bei Oranienburg - Chance oder wieder nur ein totgeborenes Riesenprojekt?
von Markus Schleusener

Die Neuen Bundesländer üben eine besondere Faszination auf asiatische Touristen aus, allen voran die Japaner. Seit sich herumgesprochen hat, daß es die Wartburg und Sanssouci gibt, stehen Schwarzwald und Neuschwanstein nicht mehr allein auf der Reiseliste.

"Warum also nicht dauerhaft Chinesen nach Brandenburg lotsen?", hat sich Stefan Kunigam wohl gedacht, als er die Geschäftsidee "Chinatown in Oranienburg" ausgetüftelt hat. Er will chinesische Händler in der Mark ansiedeln - auf einem bis 1994 genutzten alten Russenflugplatz. Heute ziehen sich Risse durch die Start- und Landebahnen, ist alles verlassen und heruntergekommen. An der Leitstelle sind alle Scheiben kaputt.

Und genau hier soll es losgehen. 2008 schon könnten auf dem ehemaligen Militärgelände Teehäuschen stehen, Pagoden, Geschäfte, Restaurants und Kliniken für fernöstliche Heilkunst, so Kunigam. Alles umsäumt von einer "chinesischen Mauer". 500 Millionen Euro beträgt die Investitionssumme, 78 Hektar ist das Gebiet groß. Das ist Brandenburg, wie der Rest der Republik es kennt: spektakuläre Pläne, die meistens barer Unsinn sind und den Steuerzahler am Ende einen Haufen Geld kosten.

Drei prominente Großprojekte, die gigantische Luftschiffswerft für den Cargo-Lifter, die Rennpiste Lausitzring und eine Chipfabrik an der Oder, scheiterten bereits und rissen Millionen an Fördergeldern mit in die Tiefe. Auch deswegen legt CDU-Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) großen Wert auf die Aussage, seit dem Regierungseintritt seiner Partei bestehe Wirtschaftspolitik in Brandenburg nicht mehr aus "Subventionierung nach dem Gieskannenprinzip". Das stimmt auch insoweit, als das Chinatown-Projekt bislang ohne Staatshilfen geplant ist. Aber die Oranienburger Lokalpolitiker stehen dennoch bereits Kopf. So warnt Bernd Jarczewski (SPD) als einer von wenigen vor der Begeisterung seiner Kollegen: "Es ist immer dasselbe: Kommt ein großer Investor, sind alle Feuer und Flamme."

Wer aber ist der "große Investor"? Stefan Kunigam will "potente chinesische Investoren" gefunden haben, die das Projekt bezahlen wollen. Die Namen gibt er nicht preis. Dafür aber hat er bereits eine Brandenburg-China Projekt Management Gesellschaft (BCPM) gegründet, der sogar eine echte Chinesin angehört.

Er wünscht sich, daß "sein" Chinatown ein Magnet werde, der "weit über die Region hinaus" Menschen anziehe und in die 40000 Einwohner-Stadt Oranienburg kommen lasse. Da will der Bürgermeister Joachim Laesicke nicht nachstehen und träumt bereits davon, daß seine Stadt eine "Plattform zwischen Europa und China" werden könne. Das Ziel ist gesteckt: Abschöpfen der chinesischen Wirtschaftskraft auch und gerade durch massenhaften Chinesisch-Unterricht, den er auch schon vorbereitet.

Die Oranienburger Politik hat bereits grünes Licht gegeben: Der Bauausschuß hat zugestimmt, die Kommunalabgeordneten werden es wohl am 21. Mai tun. Selbst das zuständige Potsdamer Ministerium zeigt sich interessiert.

Die Grundfrage des gesamten Vorhabens scheint sich niemand zu stellen: Warum sollten "echte Investoren" aus dem Reich der Mitte freiwillig in ein ländliches Ghetto ziehen, unter sich und fernab jenes Marktes, den sie doch für sich erobern wollen?

Bereits vor einigen Jahren scheiterte im Leipziger Osten der Versuch, ein regelrechtes Ausländerviertel (Volksmund: "Chinatown") zu installieren. Selbst in der sächsischen 500000-Einwohner-Stadt ist das Projekt im Sande verlaufen. "Chinatown" in Oranienburg könnte es ähnlich ergehen wie dem geplanten Europa-Park in Sperenberg. Auch hier - südlich von Berlin - gibt es einen alten Russenflughafen, auf dem ein riesiges Projekt realisiert werden sollte. "Euroworld" sollte alles vereinen: Tagungs-, Kongreß- und Messezentrum, Hotels, Golfplatz und einen Yachthafen. Und das alles als Miniaturausgabe Europas. 2011 sollte die Eröffnung erfolgen. Die Pläne sind noch gar nicht so alt, von 2006. Seit sich die Initiatorengruppe der Öffentlichkeit vorgestellt hat, ist aber nicht mehr viel geschehen in Sachen Euroworld. Stefan Kunigam mit seinem Projekt droht ähnliches. In der chinesischen Botschaft kennt ihn keiner, und auch der Chef der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung ahnt: "Das wird nichts."


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