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05.05.07 / Gar nicht so belesen / Biographie über Anna Amalia von Weimar

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-07 vom 05. Mai 2007

Gar nicht so belesen
Biographie über Anna Amalia von Weimar

Sie war umgeben von Goethe, Herder und Wieland, sie herrschte als Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach in der Zeit der Weimarer Klassik. Anna Amalia (1739-1807) - ihr Name ist auch jüngeren Zeitgenossen durch die 2004 in Weimar ausgebrannte Anna-Amalia-Bibliothek bekannt, deren Bücherbestände nur zum Teil gerettet werden konnten.

Mit 16 Jahren wurde die Tochter des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel und seiner Frau Philippine Charlotte von Preußen, einer Schwester Friedrich des Großen, durch Eheschließung mit Ernst August Constantin Herzogin. Dieser hatte eine standesgemäße Braut aus altem Reichsfürstenstand gesucht, die natürlich lutherisch erzogen, gebildet und bei guter Gesundheit sein mußte. Anna Amalia selbst hat die aus Sachzwängen geschlossene Ehe nie als schweres Schicksal beschrieben, wohl hat sie aber nach dem Tode ihres Gatten - er starb zwei Jahre danach durch schwere Krankheit - nur eine Stunde getrauert und sodann die ersten Order erteilt.

Kaiserin Maria Theresia erklärte sie vorzeitig für volljährig, womit sie regierende Herzogin wurde, deren Pflicht neben der Regentschaft in erster Linie die Erziehung der beiden Prinzen war, die der kurzen Ehe entstammten.

Anna Amalias Regentschaft war keine leichte Bürde: Sie mußte sich gegen die Seilschaften des intriganten Hofstaates durchsetzen, zudem hatte die Nichte Friedrichs des Großen ihr Herzogtum im Siebenjährigen Krieg zwischen Preußen und Österreich hindurchzumanövrieren, ohne einen der beiden Verfeindeten durch politische Akte zu düpieren. Eine Gratwanderung, die nicht ohne finanziellen Aufwand gelang.

Auch wenn Anna Amalia der Kunst und der Literatur zugetan war, das Kartenspiel und die Repräsentation hatten doch höheres Gewicht. Zum Vergleich: 1774 gab die Herzogin 400 Reichstaler für die Bibliothek aber 8878 Reichstaler allein für ihre Garderobe aus.

Es ist zwar kein Dokument bekannt, aus dem eine besondere Zuneigung zur herzoglichen Bibliothek herauszulesen wäre, Anna Amalia übersetzte aber auch Literatur aus dem Englischen, Französischen, Italienischen, Lateinischen und Griechischen ins Deutsche. Ihr begrenzter Sachverstand zeichnete sich allerdings durch selbst geschriebene Possenspiele und Laienmärchen aus. Diese hochadlige "Literatur" veranlaßte Goethe und Schiller zur literaturkritischen und wohl auch halbspöttischen Differenzierung zwischen dem Dilletantismus, welcher durchaus "von einigem Nutze" sei, und dem Genie.

Als ihr Sohn Carl August die Regentschaft übernahm, zog sich Anna Amalia 1776 auf Schloß Ettersburg als Sommerresidenz zurück. Hier entwickelte sie landschaftsbauliche Qualitäten: Sie entwarf eine herrschaftliche Parkanlage im Stile der Waldnischen Einsiedelei mit Naturtheater und Pavillon. Noch heute steht ein von ihr gepflanzter großer Tulpenbaum vor dem Schloß. Hier sind etwas später Zar Alexander I. und Napoleon zur Jagd ausgeritten und Schiller hat hier "Maria Stuart" beendet.

Im Schloß selbst richtete die Herzogin einen Saal für ihre eigenen Possenstücke (Liebhabertheater) ein.

Die Zeit der Weimarer Klassik ist zwar voller künstlerischer Schöpfung, aber keine heile Welt: Das Strafrecht - die "kaiserliche Halsgerichtsordnung" - in Sachsen-Weimar-Eisenach kennt noch die peinlichen Verhöre (Folter) der unehelich schwanger gewordenen Frauen und das Rädern von Mördern. 1767 wurde auch der "Staupenschlag", die öffentliche Auspeitschung und anschließende Landesverweisung wieder eingeführt.

Zu einer Romantisierung ihrer Person - wie es Luise von Preußen nach ihrem Tode etwa erfahren hat - taugt die Herzogin sicher nicht. Die mit 18 Abbildungen illustrierte Biographie "Anna Amalia von Weimar" ist dennoch ein wertvoller Beitrag. Sie beleuchtet verständlich und vielseitig die Politik und Gesellschaft in der Zeit der Weimarer Klassik. B. Knapstein

Leonie und Joachim Berger: "Anna Amalia von Weimar - Eine Biographie", Verlag C.H. Beck, München 2006, 298 Seiten, 19,90 Euro, Best.-Nr. 6155


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