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05.05.07 / Kaiser von Brasilien half einst mit / Das Botanische Museum in Berlin stellte die Büste seines Gründungsdirektors

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-07 vom 05. Mai 2007

Kaiser von Brasilien half einst mit
Das Botanische Museum in Berlin stellte die Büste seines Gründungsdirektors Eichler wieder auf
von Silke Osman

Gleich drei Jubiläen kann das Botanische Museum in Berlin begehen: 125 Jahre sind vergangen, da das Haus als Königlich Botanisches Museum in Berlin-Schöneberg im Frühjahr 1882 erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, 100 Jahre, da es seinen heutigen Standort in Berlin-Dahlem bezog, und 50 Jahre, da man mit dem Aufbau eines neuen Schaumuseums begann.

Die Anfänge des Botanischen Museums, das naturgemäß eng mit dem Botanischen Garten verknüpft ist, gehen auf das Jahr 1815 zurück. Das königliche Herbarium war "ab 1871 in den Hinter- und Seitengebäuden des Mietshauses Friedrichstraße 227 untergebracht", weiß der jetzige Direktor des Hauses, Professor Dr. H. W. Lack zu berichten, "während man die sperrigen Sammlungsgegenstände in Kisten verpackt auf dem Dachboden der Friedrich-Wilhelm-Universität Unter den Linden 7 lagerte". 1878 erst erhielt die Sammlung ein größeres Gebäude in der Südostecke des Botanischen Gartens in Schöneberg. Das Gebäude wird jetzt Haus am Kleistpark genannt und derzeit vom Kunstamt des Bezirks Tempelhof-Schöneberg und von der Leo-Kestenberg-Musikschule genutzt.

"Ausgestellt wurden im Königlich Botanischen Museum", so Lack, "all jene Gegenstände, ,welche nicht in den Herbarpacketen untergebracht werden können, wie große Früchte und Samen, Hölzer, Drogen, große Pilze'. Alles mußte zuerst gesäubert, etikettiert und dann in Glasschränken ausgestellt werden, die Flüssigkeitspräparate führte man zur besseren Konservierung ,in mit schwefeliger Säure gesättigtem Alcohol' über. Während die Holzproben nach ihrer geographischen Herkunft geordnet auf den Gängen in offenen Etagèren untergebracht wurden, folgte man bei der Aufstellung des übrigen Museumsmaterials dem vom neuen Direktor geschaffenen System, wohl wie er es in seinen ,Syllabus der Pflanzenfamilien' niedergelegt hatte. Geöffnet war das Königliche Botanische Museum anfangs nur in den Sommermonaten an den Nachmittagen der Montage und Donnerstage."

Der neue Direktor war August Wilhlem Eichler (1839-1887), der an der Kieler Christian-Albrechts-Universität gelehrt hatte und durch sein Werk "Blütendiagramme" bekannt geworden war. Am 26. April 1878 hatte er den Lehrstuhl für Botanik und die Leitung des Königlichen Botanischen Gartens übernommen. Trotz seiner schweren Krankheit - Eichler litt an Leukämie - widmete er sich aufopferungsvoll und energisch seiner Tätigkeit, die mit viel Arbeit verbunden war, mußte er doch zwei Institute (den Garten und das Museum) leiten. Auch gab er eine "Flora Brasiliens" heraus. Seinen 50 Seiten umfassenden "Führer durch das Kgl. Bot. Museum" gab es vermutlich allerdings nur in Manuskriptform. Eichler starb am 2. März 1887 in Berlin an Blutkrebs.

Zur Erinnerung an den Botaniker schuf der Bildhauer Rudolf Siemering eine Büste aus edlem Carrara-Mamor. Sie wurde auf einer mit einem Koniferen-Zweig aus Metall geschmückten Stele in der Bibliothek des Museums aufgestellt. Die Kosten für diese Büste hatte ein Komitee übernommen, zu dem auch der im Exil in Paris lebende Dom Pedro II., Kaiser von Brasilien, gehörte. Die Stele ist im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, die Büste aber blieb unversehrt, so daß sie jetzt nach gründlicher Reinigung im Museum wieder aufgestellt werden konnte.

Rudolf Siemering, geboren am 10. August 1835 in Königsberg, wirkte bis zu seinem Tod am 23. Januar 1905 in Berlin. Dort ist denn auch eine Reihe weiterer Arbeiten heute noch erhalten, etwa im Tiergarten sein 1904 geschaffenes Mozart-Haydn-Beethoven-Denkmal, das Standbild der Heiligen Gertrud auf der Gertraudenbrücke oder ein Relief für das Grabmal des Architekten Walter Gropius auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof in Kreuzberg.

Siemering besuchte zunächst das Löbenichtsche Realgymnasium seiner Vaterstadt, mußte es jedoch aufgrund einer Auseinandersetzung mit einem Lehrer verlassen. Während drei harter Lehr- und Gesellenjahre in einer Möbeltischlerei besuchte Siemering eine Kunstschule seiner Vaterstadt (wohl die Kunst- und Gewerkschule) und erhielt bereits während seiner Ausbildung mehrere Preise. Da es an der neu gegründeten Kunstakademie in Königsberg noch keinen Lehrer für plastisches Gestalten gab, machte sich der junge Ostpreuße mit einem Stipendium von 80 Talern, das ihm die Friedensgesellschaft Königsberg gewährt hatte, auf den Weg nach Berlin. Als Schüler und späterer Gehilfe von Gustav Blaeser gewann er prägende Eindrücke und schuf die Reliefs für das Tor der Dirschauer Weichselbrücke. 1862 schließlich gewann Siemering den Preis für seinen Entwurf eines Schillerdenkmals in Berlin. Ein Jahr zuvor hatte er eine eigene Werkstatt beziehen können. Rudolf Siemering war Mitglied des Senats der Akademie der Bildenden Künste in Berlin und Dr. h. c. der Universität Leipzig. Auch außerhalb Berlins gab es Werke des Königsbergers: das Luther-Denkmal in Eisleben, die Figuren des Hl. Adalbert und des Bischofs Polenz vor der Kirche von Fischhausen, das Denkmal Friedrichs des Großen in Marienburg, das Sitzbild Kaiser Wilhelms I. in der Berliner Börse, das Siegesdenkmal von 1888 in Leipzig, die Statue des Philosophen Leibniz für die Akademie der Wissenschaften in Budapest und nicht zuletzt ein Denkmal für George Washington in Philadelphia.

Das Botanische Museum, Königin-Luise-Straße 6-8, ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

Foto: Verdienstvoller Botaniker: Rudolf Siemering schuf um 1890 die Büste von August Wilhelm Eichler.


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