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12.05.07 / Zwischen zwei Ideologien / Erbschaftsteuer ist für den einen "Todessteuer", für den anderen Garantie für Chancengleichheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Zwischen zwei Ideologien
Erbschaftsteuer ist für den einen "Todessteuer", für den anderen Garantie für Chancengleichheit
von Hans Heckel

Kritiker nennen sie voller Verachtung die "Todessteuer", für ihre Anhänger ist sie der Königsweg zu mehr Chancengleichheit und "sozialer Gerechtigkeit". An der Erbschaftsteuer scheiden sich zwei gegensätzliche Gesellschaftsentwürfe, teilen sich "rechts" und "links" in seltener Klarheit. Die Attacken der SPD gegen Vorschläge aus der Union, die Steuer abzuschaffen, dienen vor allem dazu, die Trennschärfe zwischen den beiden Großkoalitionären wiederherzustellen, den Unterschied sichtbarer zu machen.

Befürworter der Steuer argumentieren damit, daß ein Erbe Nutznießer eines Vermögens ist, zu dem er durch eigene Leistung nichts beigetragen habe. Daher müßten vor allem "reiche" Erben stärker besteuert werden.

Gegner der Erbschaftsteuer gehen schon in der Anfangsbetrachtung entgegengesetzt vor und stellen nicht den Erben, sondern den Erblasser in den Mittelpunkt: All sein Hab und Gut sei schließlich längst versteuert. Es sei sein gutes Recht, sein redlich erworbenes und versteuertes Eigentum dorthin zu geben, wo er will, ohne daß der Staat ihm zu Lebzeiten (Schenkungsteuer) oder beim Tode abermals in die Tasche greife.

Die Linke betont, daß sie kleinere Vermögen keineswegs besteuern wolle. In der Tat gelten bereits heute Freibeträge, die bei Ehegatten ein Erbe in Höhe von 307000 Euro freistellen, bei Kindern von 205000 und bei Enkeln von 51200. Bei Geschwistern schrumpft dieser Freibetrag auf 10300 Euro, alle übrigen Erben haben 5200 Euro steuerfrei. Alle darüberliegende Beträge werden je nach Summe und Steuerklasse mit Sätzen von sieben bis 50 Prozent belegt.

Da Immobilien meist nicht teilbar sind und Unterhaltskosten verursachen, wurden sie bislang mit im Durchschnitt nur 60 Prozent ihres realen Werts berechnet. Darin sah das Bundesverfassungsgericht eine grundgesetzwidrige Benachteiligung der Erben von Kapitalvermögen. Am 31. Januar 2001 beauftragten die Karlsruher Richter den Gesetzgeber, diese Ungleichbehandlung bis Ende 2008 abzustellen. Täte er nichts, liefe das Erbschaftsteuergesetz Ende 2008 einfach aus, ab 2009 wäre die Steuer dann tatsächlich abgeschafft.

Doch dazu wird es nicht kommen. Aus der Union verlautet bereits, daß man die angedachte Abschaffung der "Todessteuer" bereits wieder aufgegeben habe. Immerhin hatte noch das rot-grüne Kabinett Anfang 2005 auf Vorschlag des Freistaats Bayern beschlossen, wenigstens Betriebserben einen Weg aus der Erbschaftsteuer zu ebnen. Damit sollte verhindert werden, daß Familienbetriebe von den Erben zerschlagen werden müssen, weil sie die Steuer aus der Betriebssubstanz begleichen müssen. Nach dieser Regelung schmilzt die Steuer in zehn Jahren in zehn gleichen Raten weg, wenn der Erbe den Betrieb weiterführt. Nach Ablauf der gesamten Frist wäre die Steuer dann erlassen.

Kritiker sehen in dieser Neuregelung indes nicht nur eine Erleichterung für Betriebe, sondern vor allem ein neues Schlupfloch für Großerben. Diesen müsse es nur gelingen, ihr Erbe als "betriebsnotwendig" zu deklarieren. Steuerexperte Lorenz Jarass sprach gegenüber der "Welt" von einem "großen Beschäftigungsprogramm für Steuerberater, Finanzbeamte, Rechtsanwälte und Gerichte". Erben kleinerer Vermögen, die zwar oberhalb der Freigrenzen liegen, aber weit unterhalb der großen Hinterlassenschaften, seien die eigentlich Gestraften - und eben nicht die populistisch in die Debatte geworfenen "Superreichen".

Für wirklich reiche Erben bieten sich vielfältige Möglichkeiten nicht allein, wie vom Experten Jarass angedeutet, im deutschen Steuerrecht. Ihnen fällt die Verlagerung ins Ausland naturgemäß leichter als weniger Betuchten. Manch Schweizer Kanton lockt ganz bewußt reiche Erben an, auch in anderen Ländern wie Schweden, Tschechien, der Slowakei, Portugal, Italien und bald auch Österreich wird nur eine sehr niedrige oder gar keine Erbschaftsteuer erhoben.

Abermals also ist der Mittelstand der Hauptleidtragende. Die unteren Schichten genießen hohe Freibeträge, den "Reichen" bleiben vielfältige Möglichkeiten der Steuervermeidung.

Foto: Wer größere Beträge erbt, muß zahlen: Sind die Lieben gerade unter der Erde, meldet sich schon der Staat.


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