29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.05.07 / Die Fünfte Republik / Die derzeitige Staatsform kommt der revolutionsfreudigen Grande Nation sehr entgegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Die Fünfte Republik
Die derzeitige Staatsform kommt der revolutionsfreudigen Grande Nation sehr entgegen
von Manuel Ruoff

Frankreichs derzeitige Republik ist bereits die fünfte. Der Republikenreigen beginnt mit der Revolution von 1789, die das Ende des französischen Königtums einleitet. Drei Jahre nach dem Sturm auf die Bastille wird das Land Republik. Napoleon Bonaparte beendet die erste der Republiken mit der Selbstkrönung zum Kaiser im Jahre 1804. Nachdem er die Befreiungskriege verloren hat, zwingen ihn die anderen Großmächte 1814 zur Niederlegung der Kaiserkrone und restaurieren das Königtum der Bourbonen. Die Bourbonen übertreiben die Restauration des vorrevolutionären Absolutismus und Feudalismus und provozieren damit eine erneute Revolution, jene von 1830. Sie hat Erfolg und der Bourbonenkönig Karl X. wird durch den "Bürgerkönig" Louis Philippe aus der Nebenlinie der Orléans abgelöst. Hatte sich Karl auf den Adel gestützt, so privilegierte Louis Philippe das Großbürgertum. Doch auch er übertrieb die Klientelpolitik und wurde 18 Jahre später seinerseits durch eine Revolution hinweggefegt. Das Ergebnis dieser 48er Revolution war die Zweite Republik. Wie die Erste wurde auch diese Zweite Republik von einem Angehörigen der Familie Bonaparte beendet, der sich selber zum Kaiser machte. War es bei der Ersten Republik 1804 Napoleon gewesen, so war es bei der Zweiten 1852 dessen Neffe Louis Napoleon. Nachdem dieser im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 bei Sedan in Kriegsgefangenschaft geraten ist, wird in Paris erneut die Republik ausgerufen. Die Dritte Republik überlebt den Ersten Weltkrieg, aber nicht die Niederlage gegen die Deutschen im Zweiten. Nach einem Provisorium, dem um eine Verständigung mit dem Deutschen Reich bemühten Französischen Staat, wird 1946 eine parlamentarische Republik gegründet. Dieser nunmehr Vierten Republik werden wie der Weimarer Republik Zwischenkriegdeutschlands und der Ersten Republik Nachkriegitaliens ihre häufigen Regierungswechsel als Zeichen von fehlender Stabilität zum Vorwurf gemacht. Wie der Ersten und der Zweiten wird auch der Vierten Republik zum Verhängnis, daß es zu ihrer Zeit einen starken Franzosen gibt, der derart machtorientiert ist, daß er sich mit den Ämtern, die man in ihr bekleiden kann, nicht zufrieden gibt. Im Falle der Vierten Republik kommt dieser starke Franzose allerdings nicht aus der Familie Bonaparte, sondern de Gaulle. Charles de Gaule gründet zwar nicht wie die beiden Bonapartes ein Kaiserreich, doch der Präsident der von ihm 1958 erschaffenen Fünften Republik ist ein kleiner Kaiser, zumindest im Vergleich zum Präsidenten der Vierten Republik. Er ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die Regierung. Er sitzt dem Ministerrat vor. Er hat den Oberbefehl über die Streitkräfte und bestimmt in dieser Eigenschaft über den Einsatz der Nuklearwaffen. Er kann Volksabstimmungen initiieren und die Nationalversammlung auflösen. Und im Falle eines Staatsnotstands steht ihm die umfassende Alleinentscheidung zu. Claus von Amsberg meinte einmal, daß im Gegensatz zu den Niederlanden als einer Republik mit einem Monarchen Frankreich eine Monarchie mit einem Präsidenten sei. Und auch Peter Scholl-Latour ist kaum zu widersprechen, wenn er lobt, die Fünfte Republik käme dem Naturell der Franzosen entgegen. Einerseits bietet sie der Grande Nation die Glorie einer Monarchie. Andererseits ermöglicht sie ihr, einer ihrer Lieblingsbeschäftigung nachzugehen, dem Herrschersturz.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren