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12.05.07 / Gasprom zeigt eine klare Linie / Der Drang des Unternehmens auf den europäischen Markt ist ungebremst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Gasprom zeigt eine klare Linie
Der Drang des Unternehmens auf den europäischen Markt ist ungebremst
von M. Rosenthal-Kappi

Gasprom Germania, die deutsche Tochter des russischen Energieriesen Gasprom in Berlin, mittels derer der russische Mutterkonzern Handels- und Beteiligungsaktivitäten in ganz Europa gebündelt hält, kündigte für die kommenden 15 Jahre Investitionen in Höhe von drei Milliarden Euro in Mitteleuropa an.

Im brandenburgischen Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) plant der Energieriese den Bau eines Gas- und Dampfkraftwerkes für 400 Millionen Euro mit einer Leistungskapazität von 800 Megawatt, das bereits 2010 in Betrieb gehen könnte, wenn die Unternehmensleitung das deutsche Genehmigungsverfahren für Großbetriebe nicht unterschätzt haben sollte.

Zunächst soll das Gaskraftwerk Eisenhüttenstadt Strom für Industriekunden liefern. In der Nähe des Standorts überquert eine große Gasprom-Pipeline die deutsche Grenze, was sich für die spätere Versorgung des Gasmeilers günstig auswirken wird. Da Gasprom ein Anbieter ist, der über eine eigene Rohstoffbasis verfügt, rechnen die Verantwortlichen neben einer zuverlässigen Energieversorgung mit attraktiven Preisen.

Einen Schwerpunkt der Investitionen in Deutschland legt Gasprom auf die Erprobung und Erweiterung von Speicherkapazitäten. Der Konzern ist am Gasspeicher Etzel in Niedersachsen beteiligt; in Heinrichshagen (Mecklenburg-Vorpommern) hat das Unternehmen einen Salzstock erworben, dessen Eignung als Gasspeicher getestet werden soll; ein ähnliches Projekt ist in Brandenburg bei Schwenrich (Ostprignitz-Ruppin) geplant.

Ganz andere Töne waren Ende April aus Moskau zu hören. Es hieß, Gasprom werde "wegen politischer Risiken" in Deutschland nicht mehr investieren. Gemeint war die Forderung des Umweltministers Sigmar Gabriel, künftig eine Trennung von Energienetzen und Energieerzeugung durchzusetzen. Dieser Vorschlag entspricht den Forderungen der EU-Kommission.

Dahinter steht die Absicht, auch kleineren Anbietern den Zugang zum Markt zu ermöglichen. Bislang konnte der freie Wettbewerb auf den Strom- und Gasmärkten nicht richtig in Gang kommen, weil wenige große Anbieter die Netze beherrschen.

Aufgrund dieser Ankündigung hat der Konzern laut Gasprom-Germania-Chef Hans-Joachim Gornig Investitionen in Deutschland - etwa die Übernahme von Stadtwerken - zurückgestellt bis zur Klärung, ob die Leitungsnetze von den Erzeugern getrennt werden, aus Furcht "zu investieren, und dann enteignet zu werden". Dies betreffe jedoch nur die Investitionen in Bezug auf Endkunden, so Gornig. Andere Investitionsvorhaben, wie das der Ostsee-Pipeline, blieben wie vorgesehen bestehen. Am 1. Oktober 2010 soll planmäßig das erste Gas durch die Pipeline strömen.

Die Russen haben eigentlich keinen Anlaß zur Sorge, da die Absatzquoten in Deutschland ständig steigen. 2006 konnte Gasprom satte Gewinne erzielen: Der Absatz von Gasprom Germania betrug 395 Milliarden Kilowattstunden, der Umsatz stieg um 87 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro, wozu auch der hohe Gaspreis beitrug. Aufgrund der steigenden Nachfrage aus China wird der Gaspreis auch künftig weiter steigen.

Europa sieht sich gezwungen, neben Rußland weitere Energielieferanten zu suchen. Ein zukunftsträchtiger Handelspartner ist Algerien, das 15 Prozent seiner Gaserzeugung in die EU ausführt. Große Gasvorkommen sind noch unerschlossen. Obwohl Algerien kein demokratisches Land ist, gilt es in Europa als zuverlässigerer Handelspartner als Rußland, dessen politische Unberechenbarkeit in der Vergangenheit Anlaß zur Besorgnis gab.

Gasprom bemüht sich seit langem um ein besseres Image bei seinen europäischen Geschäftspartnern. Die Wahrnehmung Gasproms im Ausland ist in hohem Maße von der russischen Politik und der Abhängigkeit des Konzerns vom Kreml abhängig. Oft schon hat Moskau seinen Rohstoffreichtum als Instrument politischer Erpressung genutzt.

Der Kreml legt indessen nicht die Hände in den Schoß: Bereits im August 2006 vereinbarte Rußland mit Algerien eine Zusammenarbeit im Bereich der Gasexporte, um seine führende Marktposition zu sichern. Moskaus größte Sorge ist, daß eine engere Zusammenarbeit der EU mit Algerien russisches Gas auf dem europäischen Markt verdrängen könnte. Wie bereits im Frühjahr auf dem Treffen der gasexportierenden Länder in Doha deutlich wurde, verfolgt Rußland eine klare Linie, seine Einflußsphäre zu verteidigen.

Foto: Jugendliche besteigen in Gelsenkirchen die Gasprom-Schalke-Bahn: Gasprom bestimmt, wohin die Reise geht. 


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