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12.05.07 / Aus Milch und Zucker

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Aus Milch und Zucker
von Corinna Weinert

Etwa 20 Millionen Frauen und Männer in Deutschland sind von schmerzhaften Veränderungen des Ballens am großen Zeh betroffen. In den meisten Fällen kann nur ein chirurgischer Eingriff Linderung bringen. - Im Operationssaal werden die letzten Vorbereitungen getroffen. Eine 62jährige Frau soll am Hallux Valgus, einer schmerzhaften Ballenbildung, operiert werden. Der Zehenknochen wird dabei durchtrennt und durch Schrauben in der richtigen Position fixiert, um die Fehlstellung zu korrigieren. In der Klinik Fleetinsel Hamburg, einer Spezialklinik für orthopädische Fußchirurgie, werden hierfür keine Metallschrauben mehr verwendet - eine große Erleichterung für die Patienten. Mußten die Metallschrauben bislang immer in einem weiteren Eingriff wieder entfernt werden, lösen sich die neuartigen Bioschrauben, mit denen die begradigten Knochen stabilisiert werden, im Laufe von 15 bis 18 Monaten von selbst auf und ersparen dem Patienten somit eine zweite Operation.

Bei den Bioschrauben handelt es sich um zwei Millimeter dünne Verbindungselemente aus Milchsäure, die mit zuckerhaltigen Substanzen verfestigt werden. Doktor Jürgen Walpert erklärt: "Es gibt Patienten, die auf bestimmte Metalle allergisch reagieren, zum Beispiel Chrom-Nickel-Schrauben. Zum Teil haben Metallschrauben auch einen so großen Schraubenkopf, daß es später zu Druckproblemen im Schuh kommen kann. Solche Schwierigkeiten haben wir mit den Bioimplantaten nicht."

In Deutschland wurden Bioschrauben erstmals bei Kindern in der Gesichts- und Kieferchirurgie angewandt, mittlerweile finden sie vor allem bei Erwachsenen in der Gelenk- und Knorpelchirurgie Einsatz. Das Material ist spröder als Metall, läßt sich sogar mit zwei Fingern zerbrechen. Dennoch sind die Bioschrauben genauso stabil wie Metallimplantate. Sie lassen sich vom Arzt ebenso schnell und sicher wie Metallschrauben verarbeiten.

Bei einer lokalen Schmerztherapie können die Patienten schon drei Stunden nach der Operation wieder laufen. Vier bis sechs Wochen muß der Operierte noch spezielle Schuhsohlen zur Stabilisierung tragen, dann ist die Knochenheilung abgeschlossen und sie können sich wieder uneingeschränkt bewegen. Weitere zwei Monate später beginnt sich die Bioschraube aufzulösen, ohne daß man davon etwas merkt.

"Die Behandlungsergebnisse sind genauso gut wie mit klassischen Metall- oder Titanschrauben", sagt Dr. Walpert. "Niemand möchte mehr ohne besondere Notwendigkeit metallische Implantate in sich tragen."


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