19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
12.05.07 / Jenseits von Florida / Auf Anna Maria zeigt sich der Sonnenschein-Staat von der entspannten Seite

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-07 vom 12. Mai 2007

Jenseits von Florida
Auf Anna Maria zeigt sich der Sonnenschein-Staat von der entspannten Seite
von Stefan Weissenborn

Jedes Jahr im Mai kommen sie - nachts. Sind bepanzert, vergraben Eier im feinen Sand und schwimmen wieder davon in die Weiten des Golfs von Mexico. Die bis zu 100 Kilogramm schweren Meeresschildkröten sind vom Aussterben bedroht. Sie sind die Lieblinge auf Anna Maria Island. In dem Urlaubsparadies, das unter Florida-Reisenden auch wegen der ruhigen Inselatmosphäre, der meilenweiten weißen Sandstrände und des azurblauen Wassers als Geheimtip gilt, ist die "Loggerhead Sea Turtle" zum inoffiziellen Inselmaskottchen erhoben worden.

Überall finden sich die Meeresbewohner aus Urzeiten wieder, dienen als Logo und Namensgeber für Restaurants, Bars oder Shops und schmücken Postkarten oder Souvenirs.

Ihnen zuliebe wurde auf grelle Straßenbeleuchtung verzichtet. Nachts glimmen die Laternen im mattem gelb, damit die Tiere diese nicht mit dem Mond verwechseln, den sie auf ihrem Weg zurück ins Meer als Orientierung benötigen.

Zur Eiablage, und wenn die geschlüpften Turtlebabies im Herbst hektisch in die Fluten krabbeln, zeigt sich besonders, wie sehr den Insulanern an den Tieren gelegen ist: Dann dürfen in Lokalen und Häusern am Strand keine hellen Lichter angeknipst werden.

Zuhauf versammeln sich Anwohner wie Urlauber, um dem Naturspektakel beizuwohnen. (Ein Wiedersehen insbesondere mit den weiblichen Schildkröten könnte es erst in Jahrzehnten wieder geben, wenn die Meeresbewohner im geschlechtsreifen Alter zur erneuten Eiablage an den exakten Ort ihrer Geburt zurückkehren.)

Vieles, aber nicht alles, dreht sich auf Anna Maria um die Schildkröten. Dazu ist die westlich von Zentralflorida gegenüber von Sarasota gelegene Insel zu sehr auch Urlaubsparadies im stereotypen Sinne. Die ganze Westküste säumt ein einziger rund zwölf Kilometer langer Strand mit feinem Sand. Badetemperaturen herrschen das ganze Jahr über. Stets findet sich ein ruhiges Plätzchen zum Entspannen. Der belebteste Strandabschnitt ist der von Holmes Beach, dem zentralen Inselort mit rund 5000 Einwohnern.

Von flanierenden Muskelprotzen, wie das Klischee das Treiben an anderen Stränden Floridas wie etwa von Venice oder Miami beschreibt, fehlt jede Spur. Dagegen kann man mit ein wenig Glück vom Badehandtuch aus beobachten, wie sich die Delphine am Bean Point, der Nordspitze von Anna Maria, tummeln. Die Gewässer an der strandlosen Ostküste sind Heimat von Seekühen. Pelikane gleiten auf der Suche nach einem Leckerbissen zuhauf über die meist glatte Wasseroberfläche. Geht der Tag zur Neige, betören atemberaubende Sonnenuntergänge. Einheimische schwärmen, daß auf Anna Maria noch das "alte Florida" jenseits des Massentourismus lebendig sei. Dabei ist die beschauliche, über zwei Brücken mit dem Festland verbundene Insel bestens auf den Tourismus eingestellt, kommen die Gäste in den Frühjahrsmonaten doch in größeren Scharen. Rund 40 Hotels mit insgesamt 800 Zimmern nehmen die Urlauber auf. Hotelburgen sind weit und breit nicht in Sicht. Einer baurechtlichen Auflage sei Dank, sind Gebäude, die höher als 38 Fuß (rund 11,5 Meter) sind, verboten. Auch von Fast Food wurde die Insel weitgehend verschont, nur die Niederlassung einer Sandwich-Kette hat sich hierher verirrt.

Indes gelten die Florida Gulf Islands, zu denen neben Anna Maria auch das benachbarte, belebtere Longboat Key gehört, als wahres Eldorado für Feinschmecker. Das "Beach Bistro" in Holmes

Beach wurde ebenso wie das "Euphemia Haye" auf der Nachbarinsel von Kritikern mit Höchstwertungen geehrt. Wer für eine Bouillabaisse, Hummer oder Zackenbarsch aus heimischen Gewässern jedoch nicht 40 Dollar aufwärts hinblättern möchte, der kann Leckeres aus dem Meer auch in einfacheren Lokalen genießen, etwa in der "Sandbar" direkt am Strand von Anna Maria City. Dort stehen auch saftige Hamburger auf der Karte.

Vor allem Gäste aus den USA, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland haben Anna Maria für sich entdeckt. Ein Doppelzimmer kostet in der Nebensaison ab 100 Dollar. Ist man mit Kindern unterwegs, wechseln für eine Unterkunft pro Nacht leicht weit über 200 Dollar den Besitzer. Das Durchschnittsalter der Gäste liegt bei 45 Jahren. Kostenlos ist dagegen der Inselbus ("Trolley"), mit dem das Eiland ab 6 Uhr früh erkundet werden kann. Einen Ausflug ist auch der Durante-Naturschutzpark auf Longboat Key wert. Dort wachsen prächtige Mangroven, die wohl auch Krimiautor Stephen King derart faszinierten, daß er sich ganz in der Nähe eine Residenz einrichtete - genannt "The haunted house" (Das Spukhaus).

Richtig mulmig wurde es den Menschen auf Anna Maria jedoch zuletzt vor anderthalb Jahren als der Wirbelsturm Katrina zwei Hotels davonblies. "Wir haben noch Glück gehabt", zeigt sich Rob Ondo, Manager im Tourismusbüro, erleichtert. Zwischen Juni und Ende November ist offiziell Hurrikan-Saison. Die Insel habe er deswegen jedoch seit zehn Jahren nicht mehr verlassen müssen.

Foto: Fischerort Cortez: Anna Maria Island gilt wegen der ruhigen Inselatmosphäre als Geheimtip.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren