25.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
19.05.07 / Staatskrise auf die rumänische Art / Der suspendierte Staatspräsident kämpft um sein Amt, und die Ex-Justizministerin denkt ans Auswandern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-07 vom 19. Mai 2007

Staatskrise auf die rumänische Art
Der suspendierte Staatspräsident kämpft um sein Amt, und die Ex-Justizministerin denkt ans Auswandern
von Wolf Oschlies

Die Glaubwürdigkeit des EU-Erweiterungsprozesses steht auf dem Spiel, denn wenn wir Situationen wie die in Rumänien nicht in den Griff kriegen, können wir künftig keine solchen Länder mehr aufnehmen", erklärte Anfang Mai ein hoher EU-Offizieller. Genannt wollte er nicht werden, was auch gut war: Seine wenig differenzierte Verurteilung traf ein Land, das sich ökonomisch verblüffend gut präsentiert. Rumänien hat 2007 ein Wirtschaftswachstum von 6,5 Prozent, eine Inflationsrate von 4,2 Prozent und eine Arbeitslosigkeit von 5,2 Prozent. Mit einen Haushaltsdefizit von 2,8 Prozent des Bruttosozialprodukts steht Rumänien besser als mancher EU-Partner da.

Rumänien - 238391 Quadratkilometer, 21,8 Millionen Einwohner - kann ein Gewinn für die euroatlantische Gemeinschaft werden, auch wenn seine Innenpolitik derzeit Kapriolen schlägt, die kaum jemand verstehen mag. Da wurde Ende März Monica Macovei, erst eine honorige Dissidentin und später respektierte Kämpferin für Menschen- und Bürgerrechte, als Justizministerin entlassen. Inzwischen denkt Monica Macovei über eine Emigration nach, besonders wenn sie ihren Nachfolger betrachtet: Neuer Justizminister wurde der 30jährige Tudor Chiuariu, ein unbekannter Advokat aus Iasi und ein Protektionskind des Abgeordneten Relu Fenechiu. Fenechiu ist Regionalchef der Regierungspartei der National-Liberalen (PNL) in Iasi, wo er tief in kriminelle Immobiliengeschäfte verstrickt ist.

Das zu untersuchen ist Aufgabe der "Nationalen Direktion gegen Korruption" (DNA), die bereits mehrere Minister des "Betrüger-Premiers" Calin Popescu-Tariceanu verfolgt und Anfang Mai mit Hilfe der "Direktion zur Verfolgung von organisierter Kriminalität und Terrorismus" den Minister für Information und Technologie, Zsolt Nagy, Funktionär der Ungarnpartei, wegen Verbindungen zum internationalen Verbrechen vor Gericht zerrte. Da weitere Enthüllungen drohten, entließ Justizminister Chiuaru Staatsanwalt Doru Florin Tulus, DNA-Abteilungsleiter und mit der Vorbereitung von Prozessen beauftragt.

Die DNA fand prominente Verteidiger, allen voran Staatspräsident Trajan Basescu. Besser gesagt: Noch-Staatspräsident, denn Basescu wurde von 322 Abgeordneten des Parlaments und des Senats von seinem Amt suspendiert. Aber er hat sich zum Kampf entschlossen: Am 19. Mai sollen die Rumänen per Referendum über sein Schicksal entscheiden.

Warum die Parlamentarier Basescu jetzt suspendiert haben, vermögen sie selber nicht zu erklären. Nur die national-liberalen PNL-Führer verbargen ihren Haß auf den Präsidenten nicht, den sie einst unterstützt hatten, der aber seit August 2005 einen "razboi" (Krieg) gegen sie als "Werkzeug von Interessengruppen" führt. Im April 2006 "bedauerte" er öffentlich, Tariceanu zum Premier ernannt zu haben, später verhinderte er dessen Versuche, Rumäniens militärische Präsenz im Irak zu beenden, beschuldige ihn der "Einflußnahme" auf die Justiz und andere "Watschen" in Fülle mehr. Die Basescu-Gegner hatten dessen Suspendierung formalrechtlich korrekt inszeniert, machten dann aber laufend Fehler: Vor allem hatten sie keine Vorkehrungen für den Fall bedacht, Basescu könnte das Referendum gewinnen.

Dieser Ausgang wird immer wahrscheinlicher: In Umfragen sprachen sich 49 Prozent der Rumänen für Basescu und 32 Prozent für die hinter ihm stehenden Demokraten (PD) aus. Diese Stimmung nutzte Basescu geschickt aus: "Ardei pe corupti" (Langt den Korrupten eine!) - unter diesem Slogan startete er Anfang Mai seine Wahlkampagne. Damit nicht genug, appellierte Basescu an zwei Urängste der Rumänen, vor allem die vor den Russen. Anfang Mai war Aleksandr Kondjakov, ein Moskauer Geschäftsmann und Putin-Berater, in Bukarest, wo er sich auch mit Premier Tariceanu traf. Was da im Detail besprochen wurde, erfuhr niemand, aber Basescu zimmerte eine konspirative Geschichte daraus: Russische und rumänische Oligarchen bereiten einen Staatsstreich vor, um Rumänien wieder gefügig zu machen - dem er, Basescu, doch mit Mühe die energiepolitische Unabhängigkeit von Rußland verschaffte habe. Da er zudem die Wiedervereinigung Rumäniens mit der Republik Moldova betreibe und den USA Raketenbasen im Lande angeboten habe, sei er in größter Gefahr, Rumänien nicht minder. So etwas wirkte natürlich, obwohl es ein Märchen sein dürfte.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren