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19.05.07 / Vom Sofakissen bis zur Siedlung / Vor 100 Jahren wurde der Deutsche Werkbund gegründet, der nachhaltig auch das Leben im Alltag beeinflußte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-07 vom 19. Mai 2007

Vom Sofakissen bis zur Siedlung
Vor 100 Jahren wurde der Deutsche Werkbund gegründet, der nachhaltig auch das Leben im Alltag beeinflußte
von Helga Steinberg

Was heute eine Selbstverständlichkeit ist, versetzte vor 100 Jahren die Menschen in Erstaunen, ja rief geradezu Skepsis hervor. Angesehene Künstler, Architekten, Kaufleute, Kunsthandwerker und Schriftsteller waren 1907 in München zusammengekommen und hatten den Deutschen Werkbund gegründet. Kunst, Industrie und Handwerk sollten Hand in Hand arbeiten, um die Gegenstände für das tägliche Leben zu veredeln und so für alle Bereiche der modernen Welt Qualitätsprodukte schaffen. Man wollte gegen Historismus und Kulturverfall protestieren, zugleich auch zur künstlerischen, sittlichen und sozialen Erneuerung aufrufen.

"Vom Sofakissen bis zum Städtebau" sollte alles umgekrempelt werden, neue Formen bekommen und so das Leben lebenswerter machen. Die Gründer des Werkbundes sahen das wesentliche Problem in der "Entfremdung des Produktes vom Schaffenden", nicht zuletzt begründet in der industriellen Entwicklung. 1912 schrieb Hermann Hesse über den Werkbund, dort arbeiteten "Künstler mit Handwerkern und Fabrikanten zusammen und zwar gegen den Schund zugunsten der Qualitätsarbeit ... Es handelt sich um den Geschmack als moralische Angelegenheit, aber Moral ist hier gleichbedeutend mit Volkswirtschaft". Aus der Idee des Werkbundes entstand dann auch "Das Neue Bauen" oder "Die Neue Form", vertreten durch die berühmtesten Gestalter und Architekten des frühen 20. Jahrhunderts. Die Werkbundausstellung 1914, auf der auch das legendäre Glashaus von Bruno Taut zu sehen war, oder die Errichtung der Weißenhofsiedlung 1927 in Stuttgart waren Meilensteine in der Geschichte des Werkbundes.

Nachdem 1934 der Werkbund von den Nationalsozialisten aufgelöst worden war, wurde er 1947 neu gegründet. In mehreren Landesverbänden wird heute die Idee der Gründungsväter weiter verfolgt, neue Formen in einer von Industrie und Technik veränderten Welt zu entwickeln.

In einer Ausstellung in der Münchner Pinakothek der Moderne, die das Architekturmuseum der Technischen Universität München in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt und dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) erarbeitet hat, wird eines der bedeutendsten Kapitel der deutschen Kultur- und Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts analysiert und mit Beispielen von der Stadtplanung bis zum Alltagsgegenstand anschaulich dargestellt.

Weitere Inofrmationen findet man ab 28. Juni auch im neuen Standort des "werkbundarchivs - museum der Dinge", in Berlin-Kreuzberg, Oranienstraße 25.

Die Ausstellung "100 Jahre Deutscher Werkbund" in der Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, ist täglich außer montags von 10 bis 18, donnerstags bis 20 Uhr geöffnet, Eintritt 9,50 / 6 Euro, bis 26. August. Ab September wird sie auch in der Berliner Akademie der Künste gezeigt.

Foto: Typisch Werkbund: Elektrische Tee- und Wasserkessel, entworfen 1909 von Peter Behrens und zu sehen in der Münchner Ausstellung "100 Jahre Deutscher Werkbund".


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