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19.05.07 / Die "Perle" wurde zum Bauplatz / Königsbergs Horst-Wessel-Park ist zu einem Opfer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-07 vom 19. Mai 2007

Die "Perle" wurde zum Bauplatz
Königsbergs Horst-Wessel-Park ist zu einem Opfer von Spekulanten geworden
von Jurij Tschernyschew

Vor zehn Jahren wurde Königsberg eine grüne Stadt genannt. Die Einwohner waren stolz auf die Metropole, weil in den Parks und auf den Plätzen seltene Gewächse und Bäume standen, die noch vor dem Krieg von den Deutschen gepflanzt worden waren. Doch in letzter Zeit haben sich die Plätze und Parks in Baustellen verwandelt, auf denen sehr oft geschmacklose und häßliche Gebäude entstehen, nach dem Prinzip: Möglichst schnell einen großen Raum füllen, etwa mit dem Bau von Boutiquen, Büros, Hotels, Wellness-Centern, um möglichst viel Gewinn zu schöpfen.

Vor kurzem drangen die Baukräne bis zum ältesten Park vor, dem Horst-Wessel-Park, der vor dem Zweiten Weltkrieg "Perle Königsbergs" genannt wurde. Vorgänger des Parks waren die Wallanlagen am Friedländer Tor, die auf Anordnung des preußischen Königs Friedrich Wilhelms IV. 1841 errichtet worden waren. Das 60 Hektar große Gelände wurde in einen Park mit südlichem Flair verwandelt. 1938 wurde die Parkanlage in "Horst-Wessel-Park" umbenannt. In ihm befand sich das beste Leichtathletik-Stadion der Stadt. 1936 wurde anläßlich der Berliner Olympiade eine KDF-Festhalle als "Ostpreußen-Halle" erbaut, die 6000 Menschen fassen konnte. Darüber hinaus planten die Architekten den Bau eines Eispalastes.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Park der Baltischen Flotte übergeben und erhielt die Bezeichnung "Matrosen-Park". 1957 wurde der Park abermals - diesmal zu Ehren der Kommunistischen Jugendvereinigung - umbenannt.

Das Unglück der ehemaligen "Perle Königsbergs" begann, als die Königsberger Verwaltung 2005 entschied, das Grundstück an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu verkaufen, die es für den Bau moderner Wohnhäuser nutzen sollte. Zu diesem Zweck wurden 30 Bäume zum Fällen freigegeben. In Rußland hat es Tradition, daß der Inhalt amtlicher Dokumente und die Realität nicht unbedingt deckungsgleich sind. Wie viele Bäume tatsächlich der Motorsäge zum Opfer fielen, kann niemand sagen. Fest steht nur, daß der Teil des Parks in unmittelbarer Nähe zum See in einen Bauplatz mit allen daraus resultierenden Folgen verwandelt wurde: Schmutz, Staub, liegengebliebener Müll und meist häßliche Bauzäune, die den Durchgang von einem Teil des Parks in den anderen verhindern.

So wäre es wahrscheinlich weitergegangen, wenn sich die Staatsanwaltschaft des Stadtteils, in dem der Park liegt, nicht mit dieser Angelegenheit befaßt hätte. Ihrer Ansicht nach verstößt die Bebauung der Grünfläche gegen geltendes Recht. Sie stützt sich dabei auf die Tatsache, daß der Park in einer Wasserschutz- und Erholungszone der Stadt liegt. Die Staatsanwaltschaft erhob deshalb Klage mit der Forderung, daß der Weiterbau der Wohnhäuser untersagt werde.

Leider sind ähnliche Situationen für das heutige Königsberg sehr typisch. Bislang ist nicht klar, wie das Verfahren ausgehen und welchen Beschluß das Gericht fassen wird, doch muß man damit rechnen, daß ein Gerichtsbeschluß nicht automatisch das Ende der Bauarbeiten bedeutet. Denn die russischen Gesetze sind zwar streng, aber sie werden nicht strikt befolgt und umgesetzt. Dasselbe gilt häufig auch für die Gerichtsentscheidungen. Nur eines ist sicher: Die Schönheit des Parks ist für immer zerstört.


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