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19.05.07 / Damals ein Sport für "gewisse Kreise" / Vor 100 Jahren wurde in Hamburg im Uhlenhorster Fährhaus der Deutsche Golf Verband gegründet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 20-07 vom 19. Mai 2007

Damals ein Sport für "gewisse Kreise"
Vor 100 Jahren wurde in Hamburg im Uhlenhorster Fährhaus der Deutsche Golf Verband gegründet
von Klaus Groth

Immer diese falschen Vorstellungen. Sie überdauern Generationen. Die Mißverständnisse über Golf beispielsweise. Trotz Aufklärung bei vielen Tagen der Offenen Tür sowie Schnupperkursen - wer nicht Golf spielt, der weiß, was er von dieser Sportart zu halten hat: meist nicht viel. Um so begeisterter preisen Golfer ihren Sport - falls sie nicht gerade in einem der immer wiederkehrenden Formtiefs stecken.

Golferische Aufklärung versucht der Deutsche Golf Verband (DGV) in Hamburg zu leisten. Dort feiert der DGV vom 19. bis zum 26. Mai sein 100jähriges Bestehen. Mitten in Hamburgs Guter Stube, auf dem Jungfernstieg. Denn die Korrektur von Mißverständnissen ist so erforderlich wie vor 100 Jahren.

Als 1921 in Travemünde der erste Golf-Klub in einem Ostseebad gegründet wurde, warb ein Prospekt so: "Golf wird zu Fuß auf weiten Rasenflächen gespielt. Es erfordert kein Laufen, keine große Anstrengung, keine besondere Kraft, kann von Jung und Alt, Damen und Herren gespielt werden, bietet Erholung ohne Ermüdung. Golf wird von allen Ärzten als Leibesübung von hervorragender hygienischer Bedeutung empfohlen. Gar mancher Kopfarbeiter verdankt ihm die Erhaltung, die Wiedererlangung seiner geistigen Frische."

So ähnlich werden auch jene Herren gedacht haben, die am 26. Mai 1907 im Uhlenhorster Fährhaus zusammenkamen, um den Deutschen Golf Verband zu gründen. Bei mittlerweile sieben Vereinen in Deutschland, sagten sich die Herren, sei es dringend erforderlich, einen übergeordneten Zusammenschluß zu bilden. Da im Grundsatz Einigkeit bestand und Golfer prinzipiell lieber über den Platz laufen als am Tisch zu sitzen, war die Sache binnen 40 Minuten abgetan. Man gründete, wählte, segnete eine Verfassung ab und bestieg eilends drei wartende Automobile, um sich zum Jenisch-Park in Flottbek chauffieren zu lassen. Dort spielte man das erste Verbandsturnier, übrigens unter Beteiligung von Damen, was nun gar nicht der ansonsten hochgeschätzten englischen Art entsprach. Denn nach einem der hartnäckigen Vorurteile, lautet die Devise der Golfer eigentlich: "No dogs, no Ladys".

Aber selbstverständlich stimmte auch das 1907 nicht (mehr). Selbst in englische Clubs hatten sich die Damen mittlerweile Zutritt verschafft. Deren Teilnahme am Turnier war also kein Verstoß gegen die britisch geprägte Etikette oder gar die Regeln. So etwas wäre auch undenkbar gewesen. Noch heute kommt das umfassende golferische Regelwerk - alle vier Jahre neu herausgegeben - aus dem schottischen St. Andrews, dem ältesten Golfclub der Welt (gegründet 1754). Der Golfer hat von dieser Regelbibel zumindest eine Kurzfassung bei jedem Spiel parat. Wie sonst sollte er wissen, was zu tun ist, falls der Ball in das Loch eines "Erdgänge grabenden Tieres" gerollt ist?

Golf ist also nicht nur technisch kompliziert, die Regeln sind es auch - wie bei allen Spielen, die auf der britischen Insel ersonnen wurden. Vielleicht hat es deshalb so lange gedauert, bis das Spiel Freunde in Deutschland fand.

Angelsächsische Diplomaten, Kaufleute und Erholungsreisende waren die ersten, die auf behelfsmäßig präparierten Wiesen oder Parks die Schläger schwangen. Das Jahr 1893 gilt offiziell als Gründungsjahr des ersten Golfclubs in Deutschland. In Wiesbaden kam eine britisch dominierte "society" zusammen, um mit einigen deutschen Gästen auf einem Exerzierplatz zu spielen. Den Gästen scheint es gefallen zu haben, denn bereits ein Jahr später wurde im Kurpark von Bad Homburg ein zwar extrem kurzer, aber regelgerechter Platz eröffnet. Ehrenmitglieder dieses Clubs waren der englische König Edward VII., der deutsche Kronprinz und zahlreiche russische Großfürsten. Deutsche - und vor allem bürgerliche - Mitglieder blieben noch eine ganze Weile in der Minderzahl.

So ist es auch nicht verwunderlich, daß bei der Gründung des Thüringer Golf-Clubs in Oberhof Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg Gotha sich zum "Protektor" erklärte. Eröffnet wurde der Platz im Gründungsjahr des Golfverbandes, 1907. An dem Eröffnungsturnier nahm Seine Kaiserliche Hoheit Großfürst Kyrill von Rußland teil. Und wegen des herzoglichen Förderers durfte sich der Club fortan Herzoglicher Golfclub Oberhof nennen.

Es war ein weiter Weg, bis der Golfsport auch in Deutschland gewissermaßen geadelt wurde. Dabei hatte die Wiege dieses Sports gleich nebenan gestanden. Und das war keinesfalls, wie man annehmen könnte, in Schottland. Die ersten golferischen Wettkämpfe wurden in den Niederlanden ausgetragen. Dort wurde 1297 erstmals ein Spiel namens "kolven" erwähnt. Dabei schlugen zwei Mannschaften mit jeweils vier Spielern einen Holzball in die "Löcher". Die "Löcher" allerdings waren die Eingangstüren von Gebäuden, auch die Portale von Kirchen. Dabei muß es recht rüpelhaft zugegangen sein, denn 1360 drohte die Stadt Brüssel demjenigen ein Bußgeld von 20 Schillingen an, der "mit einem Schläger Ball spielt". Die Stadt Brielle verbot das Spiel 1387 in ihren Mauern, weil der angerichtete Schaden zu groß geworden war. Zum Ausgleich wies die Stadt den Spielern ein Gelände vor den Toren an, auf dem diese dann "Colf" spielten.

Aus den Niederlanden kamen die dort gefertigten Schläger und Bälle nach Schottland. Dort fanden sie dankbare Aufnahme. Die Schotten konnten allerdings mit dem Wort "Colf" nichts anfangen, die machten daraus "Golf". Und auch sonst machte das Spiel eine gehörige Wandlung durch. Aus dem Wettkampf für Rauhbeine wurde ein Sport für die besseren Stände. Einer der ersten Golfspieler Schottlands war 1457 König James IV.

Dermaßen geadelt, kam Golf schließlich auch mit erheblicher Verspätung nach Deutschland. Bis schließlich ein bürgerlicher Sport daraus wurde, dauerte es noch eine Weile. Die Änderung trat erst ein, als im Zuge der Industrialisierung die Städter verstärkt hinaus aufs Land drängten. Mit dieser Grünen Welle wurde der Golfsport bürgerlich, allerdings nur für die etwas Betuchteren.

Zu den ältesten Golf-Clubs in Deutschland gehört auch der 1921 gegründete Lübeck-Travemünder Golf-Klub. Für den Ausbau des heutigen Platzes bewilligte die Stadtvertretung - die Bürgerschaft - 1928 einen Zuschuß, den sie so begründete:

"Das Golfspiel wird selbstverständlich immer nur ein Sport gewisser Kreise bleiben. Diese Kreise aber sind es gerade, die den Kurort, so auch Travemünde, zu einem bevorzugten vornehmen Bad machen. Da es sich stets um zahlungskräftige Personen handelt, hat Travemünde ein erhebliches Interesse daran, diese an sich zu ziehen."

Die Bedeutung für den Fremdenverkehr schätzte die Bürgerschaft seinerzeit weitsichtig richtig ein. In Sachen Mitgliedschaft allerdings irrte sie gründlich. Heute zählt der Klub mehr als 1000 Mitglieder. Plus 200 Jugendliche. Eine intensive Förderung der Jugend bescherte dem Klub einen derartigen Zulauf, daß inzwischen Wartelisten bestehen. Insgesamt wird heute auf 677 offiziellen Plätzen in Deutschland Golf gespielt. Golf ist schon lange nicht mehr "ein Sport gewisser Kreise".

Nähere Informationen über die Jubiläumsfeier in Hamburg erteilt der Jubilar, Deutscher Golf Verband e.V., Postfach 21 06, 65011 Wiesbaden, Telefon: (06 11) 9 90 20-0, Telefax (06 11) 9 90 20-40, E-Mail: info@dgv.golf.de, und sind im Internet auf der Seite www.golf.de/100jahredgv/golfdrive.cfm zu finden.

Foto: So liebt es der Golfer: Blauer Himmel über und englischer Rasen unter ihm


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