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26.05.07 / Der Niedergang kam mit der Einheit / 15 Jahre nach den ersten Kommunlawahlen in ganz Berlin hat die CDU ihre dominierende Stellung verloren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-07 vom 26. Mai 2007

Der Niedergang kam mit der Einheit
15 Jahre nach den ersten Kommunlawahlen in ganz Berlin hat die CDU ihre dominierende Stellung verloren
von Hans Lody

Nur 15 Jahre ist es her, als am 24. Mai 1992 erstmals seit 1946 alle Berliner gemeinsam Gelegenheit hatten, ihre Kommunalparlamente frei zu wählen. Die 92er Wahl war eine Momentaufnahme in der politischen Szene der Stadt, die sich seit 1946 stetig gewandelt hatte.

Persönlichkeiten wie Ernst Reuter und Willy Brandt verschafften der SPD in den 50er und 60er Jahren überragende Ergebnisse. Nach dem Bau der Mauer scharten sich die Berliner um ihren Bürgermeister Willy Brandt. Die Wahlen 1963 brachten der SPD auch auf kommunaler Ebene ein Gesamtergebnis von 61,6 Prozent. Selbst in wohlhabenden Wohnquartieren wie Wilmersdorf und Zehlendorf gab es stabile Mehrheiten für die Sozialdemokraten.

Der Wechsel von Willy Brandt zunächst ins Amt des Außenministers und dann des Bundeskanzlers leitete den Niedergang der SPD in Berlin ein. Keiner seiner Nachfolger - weder Heinrich Alberts noch Klaus Schütz, Dietrich Stobbe oder Hans-Jochen Vogel, füllten Brandts Schuhe.

1967 wurde erstmals ein CDU-Mann Bürgermeister eines Berliner Bezirks. 1971 waren sie schon zu dritt, und 1975 stellte die Union bereits die Hälfte der Bezirksbürgermeister. In den 80er Jahren konnte die CDU schließlich sogar auf Landesebene die Macht erringen.

Zwar deckte die Partei inhaltlich auch das ab, was man heute als "liberale Großstadtpartei" definiert, aber der patriotische, christliche, konservative Flügel gab weiter den Ton an. Innensenator Heinrich Lummer ließ keinen Zweifel aufkommen, wo die Partei stand. Ähnliche Protagonisten gab es auch auf Bezirksebene. DerCDU-Bezirkschef von Wilmersdorf Ekkehard Wruck oder sein Bezirksbürgermeister Horst Dohm sind noch heute vielen Berlinern in Erinnerung. Sie fehlten auf keinem Tag der Heimat und waren regelmäßige Besucher des Berliner Ostpreußenballs.

Doch schon vor der Wiedervereinigung der Stadt kündigte sich im Frühjahr 1989 eine erneute Wende an. Skandale auf kommunaler Ebene, beispielsweise bei der Vergabe von Baugenehmigungen, hatten am Ansehen der Union gekratzt. Im Frühjahr 1989 wurde der CDU/FDP-Senat abgewählt. Die Grünen erstarkten, und die Republikaner zogen nicht nur in das Abgeordnetenhaus, sondern auch in elf von zwölf Bezirksparlamente ein.

Zwar war die CDU noch immer stärker als die SPD, aber nach der Vereinigung verschoben sich die Gewichte weiter. Bei den ersten freien Kommunalwahlen im Ostteil der Stadt im Mai 1990 wurde die SPD stärkste Partei - dicht gefolgt von der PDS. Die CDU wurde nur dritte Kraft. Die auch dort vorhandene konservativ empfindende Klientel fand kein Zuhause. Bei den Wahlen 1992 waren die Zeiten einer bürgerlichen Mehrheit auf Landesebene dahin. Die 30 Prozent Ost-Berliner PDS-Stimmen erwiesen sich als nicht zu tilgende Hypothek der Stadt, die bis auf weiteres nur eine Große Koalition zuließ.

Nach einer geringen Schamfrist waren die Postkommunisten in den Augen der SPD koalitionsfähig.

Es bedurfte nur eines Knalls, eines Skandals, um die Dinge in der Stadt wieder in Bewegung zu bringen. Der nicht nur von der CDU zu verantwortende Bankenskandal, der die Stadt bis zum heutigen Tag an den Bettelstab gebracht hat, machte eine Volksfrontregierung möglich. Aber auch in Wilmersdorf, wo einst Ekkehard Wruck mit Bibelsprüchen auf seinen Wahlplakaten absolute Mehrheiten erzielte, haben sich die Zeiten geändert. Dort hat jetzt die SPD die Mehrheit. In Zehlendorf hat die Union 2006 ihren Bezirksbürgermeister gerade noch einmal durchbringen können. Die erste schwarz-grüne Zählgemeinschaft in der Stadt wählte eine farblose Gestalt zum Bürgermeister.

Die CDU ist nun eine "liberale Großstadtpartei", sie ist modern geworden, aber nicht mehr mehrheitsfähig; in einigen Bezirken erreicht sie nur noch einen Stimmenanteil von unter zehn Prozent. Dort reicht es nicht einmal mehr zu einem einzigen schwarzen Stadtrat (einer Art kommunaler Fachminister). Schuld daran ist auch eine inkonsequente Personalpolitik, über die sich treue Unionswähler ärgern. Ein Bonmot besagt, daß man mit einem SPD-Parteibuch im - obwohl bürgerlichen - Zehlendorf durchaus Schuldirektor werden könne, aber im rot-grünen Kreuzberg ein CDU-Mann nicht einmal Hausmeister.


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