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26.05.07 / Der Fluch des Geldes / G8-Gipfel: Afrikanische Experten warnen vor noch mehr Entwicklungshilfe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-07 vom 26. Mai 2007

Der Fluch des Geldes
G8-Gipfel: Afrikanische Experten warnen vor noch mehr Entwicklungshilfe
von Hans Heckel

Hinter Protestgeschrei und dem Gezerre um die "angemessene Antwort" auf Terrorgefahr und linke Gewalt sind die eigentlichen Zielsetzungen des bevorstehenden G8-Gipfels fast aus dem Blickfeld verschwunden. Neben den für Gipfel dieser Art typischen Allgemeinplätzen wie "Klimaschutz" oder "soziale Dimension der Globalisierung" steht das Thema Afrika ganz oben auf der Tagesordnung.

Dabei geht es um viel Geld: Bis 2010 wollen die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten die Entwicklungshilfe ihrer Länder für Afrika auf 50 Milliarden Dollar erhöhen, eine Verdoppelung gegenüber 2005. 40 Milliarden Dollar Schulden sollen dem schwarzen Kontinent erlassen werden.

Südlich des Mittelmeers müßte der Geldsegen Jubelstürme auslösen, doch das stimmt nur zum Teil. Unabhängige afrikanische Beobachter sind alles andere als begeistert und fürchten gar, daß der neuerliche goldene Regen nicht nur nichts verbessern wird. Im Gegenteil: "Eine Erhöhung der Entwicklungshilfe könnte sich als eine Medizin entpuppen, die den Patienten noch kränker macht", warnte schon vor zwei Jahren der ugandische Publizist Andrew Mwenda.

Er führte sein eigenes Land als Beispiel an: Ugandas Etat werde zu 50 Prozent durch ausländische Finanzhilfen gedeckt. Das habe zur Folge, daß die eigene Regierung nur 57 Prozent der eigentlich anfallenden Steuern eintreibe. Weil das Geld ja von draußen komme, hätten die ugandischen Führer darauf verzichtet, eine effektive Finanzverwaltung aufzubauen. Nur wegen der Ströme fremden Geldes könne man es sich leisten, die reichen, also auch einflußreichen Ugander gar nicht zu besteuern und üppige Vergünstigungen an treue Gefolgsleute der Regierung zu verteilen. So diene die Hilfe dem Machterhalt einer korrupten Führung, die es sich nur so leisten kann, die eigene Wirtschaft zu gängeln und die staatlichen Institutionen verkommen zu lassen.

Die Hilfe, die Afrika benötige, müsse von ganz anderer Art sein, fordern etliche afrikanische Experten fast unisono. Schuldenerlaß und weitere Finanzhilfen müßten unbedingt an strikt zu überwachende Bedingungen geknüpft werden.

Zwar reden auch die G8-Regierungen gern davon, daß eine "gute Regierungspraxis" künftig genauer überprüft werden solle. Doch beispielsweise die deutsche Vergabepraxis läßt bislang nichts erkennen, was darauf hindeutet, daß korrupte Unterdrückerregime weniger mit Geld bedacht würden als Länder wie etwa Ghana, das bei Demokratisierung, Wirtschaftsentwicklung und Korruptionsbekämpfung deutlich weiter ist als die meisten seiner Nachbarstaaten. Die mangelnde Kontrolle der inneren Verhältnisse in den Nehmerländern hat dazu geführt, daß die Hilfen den Absturz Schwarzafrikas keinesweg aufhalten konnten. Mwenda weist darauf hin, daß die Marshallplan-Mittel für Frankreich und Deutschland auf ihrem Höhepunkt gerade einmal 2,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der beiden Länder umfaßt hätten. Ein durchschnittliches afrikanisches Land südlich der Sahara erhalte derzeit hingegen stolze 13 Prozent seines BIP als Hilfen, ohne daß eine nachhaltige Entwicklung in Gang gekommen sei.

Afrikanische Regierungen indes nehmen gern den Vorwurf des "Neokolonialismus" zur Hand, wenn bessere Kontrollen ihrer inneren Verhältnisse eingefordert werden. Damit schützen sie nicht die Interessen ihrer Völker, sondern die der herrschenden Cliquen, die mit Hilfe der ausländischen Zuwendungen die eigenen Völker nur um so besser niederhalten können. Ihre Opfer sind die um Freiheit ringende Presse, demokratische Oppositionsbewegungen und junge afrikanische Unternehmer, die sich gegen einträgliche staatliche Monopole kaum durchsetzen können. So verfestigt die Hilfe nur die Misere, die zur Hilfsbedürftigkeit geführt hat.

Besonders absurd: Als noch viel übler als die Entwicklungspolitik der großen Industrieländer erscheint afrikanischen Fachleuten, was die G8-Kritiker fordern, die sich selbst als die Anwälte des schwarzen Kontinents ausgeben.

Der ghanaische Wirtschaftsexperte Frankin Cudjoe schimpft, die "geschützten Märkte", welche die sogenannten Globalisierungsgegner für Afrika fordern, kämen wieder nur den korruptionsgetränkten Staatsmonopolisten Afrikas zugute, die der Verfestigung der Günstlingswirtschaft dienten und die afrikanischen Völker mit schlechten, überteuerten Produkten abspeisten, zu denen sie dank der "geschützten Märkte" keine Alternative hätten.

Nicht noch mehr Hilfe, Schuldenerlaß oder "fairer Handel" seien die Lösung. Auch Cudjoe sieht den Ausweg in einem funktionierenden Rechtssystem und einer liberalen Wirtschaftsordnung, die den afrikanischen Unternehmergeist freisetzten und ihm einen verläßlichen rechtlichen Rahmen garantierten.

"Unternehmergeist"? "Liberaler Handel"? Solche Begriffe brennen den G8-Gegner wie Säure in den Ohren. Mehr noch als die hilflose, konzeptarme Zahlenklopferei der G8-Staaten stehen offensichtlich die Forderungen der "Globalisierungskritiker" um "Attac" und ähnliche Gruppen quer zu dem, was aus afrikanischer Sicht not tut. Besonders wütend ist Franklin Cudjoe auf die "engagierten Rockstars" wie den Briten Bob Geldof, die sich als Fürsprecher Afrikas in Szene setzen: "Deren Kampagnen liefern unseren Politikern immer neue Ausflüchte", flucht der Ghanaer.

Foto: Geld für Gewaltregime: Auch Simbabwes Robert Mugabe erhält Entwicklungshilfe

 

Zeitzeugen

Vasco da Gama - Der von 1469 bis 1524 lebende portugiesische Seefahrer entdeckte im Auftrag seines Königs Manuel I. 1498 den Seeweg nach Indien. Er schuf die Grundlagen für Portugals Hegemonie im Indischen Ozean und dessen ostindisches Kolonialreich.

George Soros - Der US-amerikanische Mulimilliardär kam 1930 in Budapest zur Welt. Obwohl Jude, überlebte er den Holocaust. Vor den Sowjets floh er 1946 in den Westen, wo er Wirtschaftswissenschaften studierte. Berühmt wurde er vor allem dadurch, daß er mit vorheriger Ansage gegen große Währungen wie die D-Mark und das britische Pfund spekulierte. Obwohl selber Nutznießer von Spekulationsgeschäften, kritisiert er öffentlich die Rahmenbedingungen, die diese ermöglichen.

Bill Gates - Der Sohn eines wohlhabenden Rechtsanwaltes und einer Lehrerin kam 1955 in Seattle zur Welt. Schon in der Schule fiel seine außerordentliche mathematische und naturwissenschaftliche Begabung auf, und schon hier entdeckte er sein Interesse für Computer. 1973 nahm er ein Studium in Harvard auf, brach es allerdings schon 1975 ab. Im selben Jahr gründete er Microsoft. Der Durchbruch gelang seinem Unternehmen mit der Entwicklung des Betriebssystems MS-Dos für IBM. Laut "Forbes" ist der Unternehmer und Programmierer der reichste Mensch der Welt.

Helmut Schmidt - Der 1918 in Hamburg geborene Diplomvolkswirt war unter Bundeskanzler Willy Brandt Finanz- und Wirtschaftsminister, bevor er 1974 selber Kanzler wurde. Zu seinen Freunden zählen Henry Kissinger und Valéry Giscard d'Estaing, mit dem er den ersten Weltwirtschaftsgipfel ins Leben rief.

Adam Smith - Der von 1723 bis 1790 lebende Moralphilosoph aus wohlhabendem Elternhaus gilt als Begründer der klassischen Volkswirtschaftslehre. Mit seinem Namen verbindet sich wie mit keinem anderen das Ideal der freien Marktwirtschaft und des sogenannten Nachtwächterstaates. Wenn jeder nur im Rahmen seiner ethischen Gefühle seinem eigenen Glücke nachstrebe, sei damit, so der Schotte, dem Gemeinwohl am meisten gedient.


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