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26.05.07 / Die lange Wanderung / Salzburger Vorfahren waren Thema der diesjährigen Agnes-Miegel-Tage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-07 vom 26. Mai 2007

Die lange Wanderung
Salzburger Vorfahren waren Thema der diesjährigen Agnes-Miegel-Tage
von Erika Duensing

"Muss ich gleich in das Elend fort, so will ich mich nicht wehren, ich hoffe doch, Gott wird mir dort auch gute Freunde bescheren.

So geh' ich heut von meinem Haus, die Kinder muss ich lassen.

Mein Gott, das treibt mir Tränen aus, zu wandern fremde Straßen. Ach führ' mich Gott in eine Stadt, wo ich dein Wort kann haben, damit will ich mich früh und spat in meinem Herzen laben."

 

So heißt es in einigen Strophen des Exulanten-Liedes, das 1686 von Joseph Schaitberger, dem geistigen Führer der Salzburger Protestanten, getextet wurde und mit dem die rund 30000 Auswanderer 1732 ihre Heimat verließen. Etwa die Hälfte von ihnen fand aufgrund des "Preußischen Einladungs-Patents" - unter ihnen auch Vorfahren von Agnes Miegel - Aufnahme in Preußisch-Litauen.

Die erste Veranstaltung der diesjährigen Agnes-Miegel-Tage hatte diesen Teil der Miegelschen Familiengeschichte zum Hintergrund. Dr. Marianne Kopp gab eine historische Einführung in das Thema "Salzburger Glaubensflüchtlinge in Preußen", dann trug Sibylle Tormin, Schauspielerin und Sprachlehrerin, in exzellenter und behutsamer Weise zwei Erzählungen Agnes Miegels vor.

Die wenig bekannte Erzählung "Gedenken" spielt gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Während eine alte Frau die Geburt eines Urenkelchens erwartet, erinnert sie sich an den Abschied aus der Salzburger Gebirgsheimat und von der geliebten Jugendfreundin Brigitta, die sich nicht von der Heimat im Gebirge trennen konnte, die Zeit des Aufbaus einer landwirtschaftlichen Existenz unter so völlig anderen landschaftlichen Verhältnissen über drei Generationen hinweg bis hin zum recht zufriedenen Lebensabend im Kreise von Kindern, Enkeln und Urenkeln.

Die Erzählung "Die Kuh Vergißmeinnicht" schildert ein Gespräch der jungen Agnes mit ihrer Mutter während des abendlichen "Milchabkochens". Die Mutter erzählt von dem so anderen Geschmack frischgemolkener Milch, die sie während ihrer Kindheit bei den Großeltern auf dem Lande genießen konnte, und von den Erinnerungen ihrer Ahnen an die verlassene Gebirgsheimat, wo Kühe und Milchwirtschaft eine große Rolle spielten.

Den Abschluß dieser Lesung bildete der großartige Vortrag des Miegel-Gedichtes "Meinen Salzburger Ahnen".

Am Freitagabend erlebten wir mit dem Hören eines Tonträgers von 1959 einen absoluten Höhepunkt. Ein Gespräch Agnes Miegels mit einem Rundfunkreporter berührte alle bedeutsamen Stationen ihres Lebensweges und beeindruckte mit der Wärme, Frische und Lebendigkeit ihrer mündlichen Sprache. Zum Schluß drückte sie ihren Dank an die verlorene Heimat im Osten aus mit guten Gedanken an die neu dort lebenden Menschen, auch sie sind ja Flüchtlinge.

Bei der Gedenkfeier an Agnes Miegels Grab griff Dr. Marianne Kopp das Hauptthema dieser Tagung, die Salzburger Vorfahren der Dichterin auf. Danach sangen alle das "Exulanten-Lied".

Erst seit einem Jahr weiß die Agnes-Miegel-Gesellschaft von dem Briefwechsel Agnes Miegels mit Prof. Dr. Eduard Heyck. Er gab 1906 erstmalig eine "Deutsche Geschichte" für "Normalbürger" (also nicht nur für Gelehrte) heraus. Erhalten geblieben sind nur die Briefe von Agnes Miegel an Prof. Heyck aus den Jahren 1902 bis 1932, wovon Dr. Marianne Kopp eine Auswahl in einem sehr lebendigen Vortrag vorstellte. Humorvoll plaudert Agnes Miegel darin aus ihrem Alltag und bedankt sich immer wieder bei Heyck für die Zusendung seiner gerade erschienenen Bücher sowie die Zeitschrift "Deutsche Heimat", als deren Redakteur er einige frühe Gedichte von Agnes Miegel veröffentlichte.

Am Abend des Sonnabend las Inge Meyer sehr einfühlsam und gekonnt Agnes Miegels so herzinnige Familienerzählung "Dorothee", ein besinnlicher und anrührender Abschluß dieses schönen Tages.

Mit einem fröhlichen "Offenen Singen" mit Peter Rambatz aus Seevetal, unterstützt durch das "Agnes-Miegel-Ensemble", klangen die Agnes-Miegel-Tage 2007 aus.

Von der Mitgliederversammlung ist zu berichten, daß die zweite Vorsitzende, Ursula Meyer, wiedergewählt wurde. Hervorgehoben wurde die Beteilung der AMG am Niedersachsentag in Melle im vergangenem Jahr und die gute und umfassende Betreuung des Agnes-Miegel-Hauses durch Inge Meyer, die bei Führungen und Lesungen auch neue Mitglieder gewinnen konnte.


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