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02.06.07 / "..., da weiß man, was man hat" / Vor 100 Jahren, am 6. Juni 1907, erschien in der "Düsseldorfer Zeitung" die erste Persil-Anzeige

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-07 vom 02. Juni 2007

"..., da weiß man, was man hat"
Vor 100 Jahren, am 6. Juni 1907, erschien in der "Düsseldorfer Zeitung" die erste Persil-Anzeige
von Rüdiger Ruhnau

Wer mit aufmerksamen Augen die Regale der Einkaufszentren Revue passieren läßt, wird unweigerlich auf die großen Persil-Waschmittelpakete mit der "Weißen Dame" stoßen. Vor 100 Jahren, am 6. Juni 1907, erschien in der "Düsseldorfer Zeitung" eine geheimnisvolle Anzeige, daß ein neues Waschmittel "Persil" auf den Markt komme. Ohne Mühe, ohne Bürsten, nur durch einmaliges Kochen, erhielte man blendendweiße Wäsche, hieß es dort. Das schien das ideale Waschmittel für die geplagte Hausfrau zu sein. Der Erfolg von Persil übertraf alle Erwartungen. Schon früh wurde für das begehrte Produkt massiv geworben. Ob an den Seitenwänden der knatternden Lieferwagen, an den Standuhren im Zentrum der Städte, wo Freunde sich gerne verabredeten, von Anbeginn war das Weiß der Mittelpunkt der Persil-Reklame.

Zum berühmtesten Werbemittel wurde aber das Plakat mit der "Weißen Dame". Im Jahre 1922 ging der Berliner Künstler Kurt Heiligenstaedt mit seiner Freundin in ein Modehaus am Alexanderplatz und kaufte ein weißes Kleid von der Stange. Mit einem Florentiner-Hut auf dem Kopfe und einem Persilpäckchen in der Hand malte er die 18jährige Siemens-Arbeiterin: Die Weiße Dame war geboren. Sie erschien in allen Größen auf Plakaten, Emailleschildern, Giebelwänden. Sie blieb immer gleich jung. Wenn Mode oder Zeitgeschmack einen anderen Frauentyp verlangten, machte die Weiße Dame mit. Mal war sie blond, mal war sie braun, mal zart, mal kräftig, aber "Persil blieb immer Persil". Plakate sind Kulturdokumente, sie beeindrucken durch geschickte Gestaltung, eben "Graphikdesign", ein Begriff, der in Deutschland geprägt worden ist. Erst zu Beginn der 60er Jahre ging die Weiße Dame in den Ruhestand. Jetzt, zum Jubiläum 100 Jahre Persil ist sie wieder da.

Persil, "das erste selbsttätige Waschmittel der Welt", ist nur eines der weithin bekannten Produkte der Henkel-Werke in Düsseldorf. Fritz Henkel gründete 1876 eine kleine Waschmittelfabrik. Drei Mitarbeiter produzierten "Henkels Bleichsoda", ein pulverisiertes Gemisch aus Soda und Wasserglas, das in einer bescheidenen Tüte den sparsamen Hausfrauen angeboten wurde. Um 1900 beschäftigte man 80 Arbeiter. Henkel nahm seine sozialen Verpflichtungen sehr ernst, für die Betriebsangehörigen richtete er eine Werksküche ein, wo jeder ein warmes Mittagessen einnehmen konnte. Schnell sprach es sich herum, daß Persil viel mehr bewirke als das gebräuchliche Bleichsoda, und schon zwei Jahre nach seiner Einführung verließen 5000 Tonnen Persil das Werksgelände. Das neue Wundermittel bestand aus 15 Prozent Natriumperborat, Natriumsilikat und einem Spezialseifenmittel, das die Firma Henkel in einer eigenen Fettspaltungsanlage erzeugte. Das Perborat lieferte den bleichenden Sauerstoff, das Silikat (Wasserglas) förderte die selbsttätige Wäsche. Die beiden zusammengesetzten Silben "per" und "sil" ergaben den einprägsamen Namen "Persil".

Im Jahre 1926 erreichte die Firma "Henkel & Cie. GmbH, Chemische Produkte" einen Umsatz von 122 Millionen Mark. Die Belegschaft zählte 3111 Werktätige, das Fabrikgelände in Düsseldorf-Holthausen umfaßte 342000 Quadratmeter. Große Bedeutung für das weitere Wachsen des Unternehmens hatte die Übernahme der "Böhme Fettchemie" in Chemnitz. Die damals gebräuchlichen Seifen waren allesamt "Fettseifen", man gewann sie mittels alkalischer Spaltung von Fetten. Fette wiederum sind veresterte Fettsäuren, bei deren Erhitzen mit Alkalien die Natriumsalze der Fettsäuren resultieren, die mit den früheren Seifen identisch sind. Da diese Fettseifen aber alkalisch reagieren, was den Bekleidungsstücken aus Wolle nicht bekommt, setzte in den Laboratorien aller Waschmittelhersteller die Suche nach neutral reagierenden Seifen ein. Das Ergebnis waren die heute allgemein üblichen "synthetischen Waschrohstoffe". Tatsächlich ist mit den synthetischen Waschmitteln eine neue chemische Stoffklasse geschaffen worden, welche die seit 4000 Jahren verwendeten Fettseifen verdrängt hat.

Auch hierbei hatte Henkel beziehungsweise die Henkel-Tochter "Böhme Fettchemie" die Nase ganz vorne. Denn 1932 brachte das deutsche Unternehmen mit "Fewa" das erste synthetische Feinwaschmittel der Welt heraus. Alle Qualitätswaschmittel basieren heute auf den synthetischen Rohstoffen. Deren ausgezeichnete Eigenschaften erkannte auch die Firma Schwarzkopf, die das erste alkalifreie Shampoo aus Alkylsulfaten produzierte. Natürlich schlief auch die Konkurrenz auf dem Waschmittelmarkt nicht, zwar behielt Henkel bis 1939 unangefochten die Spitzenposition - in jenem Jahr verließen 103400 Tonnen Persil die Betriebsstätten - aber mittlerweile wetteiferten noch 170 andere Seifenmittel um die Gunst der Hausfrauen. Durch Zusammenschluß der britischen Unternehmen Lever Brothers Ltd. und Margarine Union Ltd. mit der holländischen Margarine Uhi & N.V. war 1930 der Weltkonzern Unilever entstanden. Eine Folge des für Deutschland verlorenen Weltkrieges war die Übernahme der Persil-Rechte durch den Unilever-Konzern.

Während des Krieges mußte Henkel die Produktion von Persil einstellen. Statt dessen erschienen staatlich verordnete Einheitswaschmittel auf dem Markt, im Volksmund "Zementseife" genannt. Nachdem die mitteldeutschen Werke infolge der russischen Besetzung verlorengegangen waren, fanden die Produktionsanlagen der Deutschen Hydrierwerke und der Böhme Fettchemie in Düsseldorf einen neuen Standort. Dr. Konrad Henkel, ein passionierter Chemiker und Enkel des Firmengründers, übernahm die Geschäftsführung. Am Westrand des Werkgeländes entstanden Anlagen zur Druckhydrierung von Fettsäureestern, zur Fraktionierung von Fettalkoholen und zur Sulfatierung. Auf der Grundlage pflanzlicher und tierischer Fette und Öle wurden eine große Zahl von Folgeprodukten für die Bleichmittel- und Seifenindustrie, die Kosmetische und Pharmazeutische Industrie hergestellt.

Nach elfjährigem Produktionsstop wurde im Jahre 1950 Persil wieder auf dem Markt eingeführt, neu in der Rezeptur waren die optischen Aufheller. Das Aufkommen der Haushaltswaschmaschinen, aber auch die Einführung des Synthesewaschmittels "Sunil" des Unilever-Konkurrenten, veranlaßten Henkel das neue "Persil 59" auf den Markt zu bringen, dessen Zusammensetzung aus einer Mischung von Polyphosphaten, synthetischen anionischen Tensiden, Schaumverstärkern und Duftstoffen bestand. Der Wettbewerb auf dem deutschen Waschmittelmarkt verschärfte sich erheblich. Die US-Firma Procter & Gamble mit "Dash" und Unilever-Sunlicht mit "Omo" zwangen die Henkel-Marketingstrategen, in immer kürzeren Abständen neue Produkte zu offerieren.

Ein besonders wichtiger Bestandteil moderner Waschmittel ist der Wasserenthärter. Hartes, kalkhaltiges Wasser, das wußten schon die Wäscherinnen vergangener Jahrhunderte, taugt nicht für die Wäsche. Jahrzehntelang setzte man deshalb Phosphate in den Waschmitteln ein, die inzwischen aber wieder verschwunden sind, da sie - gemeinsam mit den Phosphaten aus der Landwirtschaft - zu einer übermäßigen Versorgung der Gewässer mit Nährstoffen führten, Das wiederum hatte unkontrolliertes Algenwachstum zur Folge, und die Algen rauben den anderen Wasserlebewesen den Sauerstoff. Die Lösung dieses Umweltproblems, nämlich die Suche nach einem Phosphatersatz, war das "Sasil". 40 Millionen Mark kostete die langjährige Forschungsarbeit, bis erstmals Sasil in Henkels Waschmittel "Persil phosphatfrei" eingesetzt werden konnte. Seit 1991 wurden sämtliche in Deutschland produzierten Waschmittel auf phosphatfreie Rezepturen umgestellt. "Sasil" ist ein Natrium-Aluminium-Silikat, das die härtebildende Calcium- und Magnesium-Ionen des Leitungswassers durch Ionenaustausch bindet. Erst unter dem Elektronenmikroskop erkennt man, daß das weiße Pulver Sasil aus winzigsten Kristallen besteht, in deren Hohlräumen die störenden Ca- und Mg-Ionen festgehalten werden. Sasil wird aus Natriumaluminat und Wasserglas hergestellt.

In letzter Zeit hat der harte Preiskampf auf dem Waschmittelmarkt bei Henkel zu einem Umsatzrückgang geführt. Durch verstärkte Werbung mit der "Weißen Dame" hofft man, daß die Konsumenten längerfristig nicht mehr zu den Billig-Produkten der Discounter greifen. Henkel will weiterhin die Nummer 3 auf dem Weltmarkt bleiben.

Foto: Ist inzwischen Kult: Die 1922 von Kurt Heiligenstaedt gemalte Weiße Dame


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