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09.06.07 / Hauptsache, der Preis stimmt / Die Gewerkschaft AUB hat sich von Siemens kaufen lassen - Arbeitnehmer verlieren weiter Vertrauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-07 vom 09. Juni 2007

Hauptsache, der Preis stimmt
Die Gewerkschaft AUB hat sich von Siemens kaufen lassen - Arbeitnehmer verlieren weiter Vertrauen
von Hans Lody

Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), könnte neidisch auf seinen kleinen Konkurrenten Wilhelm Schelsky von der Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebsangehöriger (AUB) sein, die nach eigenen Angaben rund 30000 Mitglieder organisiert hat. Schon seit Monaten macht der Mann Schlagzeilen und in der letzten Ausgabe des Monats Mai der "Financial Times Deutschland" brachte er es gar zum "Kopf des Tages". Aber es handelt sich hier um eine Art von Publizität, auf die Sommer sicherlich gern verzichtet. Es waren keine hohen Lohnabschlüsse, ein erfolgreicher Streik oder dergleichen, sondern der schlichte Vorwurf, daß der Mann und seine Organisation für ihr Abstimmungsverhalten im Betriebsrat Geld vom Arbeitgeber erhalten hätte.

Zunächst war die AUB bei Betriebsratswahlen erfolgreich. Dies erklärt sich daraus, daß die Mitgliedergewerkschaften des DGB häufig nur für aggressive Minderheiten da sind, einseitig zu Gunsten der PDS oder der SPD Partei ergreifen oder sogar die Distanz zum gewaltbereiten "Linken Rand" vermissen lassen. Kein Wunder, daß "normale" Arbeitnehmer händeringend nach Alternativen bei Betriebsratswahlen auf den Stimmzetteln suchen. Nach dem erfolgreichen Ausbau seiner Machtpositionen bei Siemens begann Schelsky Organisationen bei anderen großen und wichtigen Unternehmen aufzubauen. Airbus, Commerzbank, die Deutsche Rentenversicherung oder Aldi sind da nur einige von vielen. Solch ein Unterfangen kostet Geld - viel Geld. Mitarbeiter und Geschäftsstellen erfordern nun einmal ein Minimum an Ausstattung und Siemens war wohl gern bereit, für das Wohlverhalten des Betriebsrates zu zahlen. Die Summe von 34 Millionen Euro hat die Staatsanwaltschaft mittlerweile aufgespürt. Schelsky: "Ich war verdeckt als Lobbyist bei Siemens", und weiter "Der Plan kam aus dem Zentralvorstand". Die Finanzierung wurde offiziell über Beraterverträge abgewickelt. 2007 war bei der AUB die Gründung von Landesverbänden ins Auge gefaßt - inzwischen ist das auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben worden. Möglicherweise wird es bald gar keine AUB mehr geben, denn welcher Betriebs- oder Personalrat will mit dem Vorwurf leben, er hätte die Interessen des Arbeitgebers und nicht die der Arbeitnehmer im Auge.

Im Vorfeld der Hauptversammlung bei Siemens kamen Einzelheiten des "Deals" ans Licht. Schelsky wurde wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr verhaftet - er sitzt auch noch heute in seiner Gefängniszelle. Derweil fiel ein Manager nach dem anderen bei Siemens. Inzwischen wird sogar gegen den langjährigen Siemensgeschäftsführer und späteren Vorstandsvorsitzenden Heinrich von Pierer ermittelt. Schelsky selbst hat nun in der Haft sein Schweigen gebrochen und dem "Stern" ein Interview gewährt, in dem er nun erstmals Einzelheiten seiner "Gefälligkeiten" offenbart hat. Schelsky: "Ich war von Siemens vollständig unabhängig in der Ausgestaltung meiner Auftragserfüllung. Es gab weder Vorschriften über die Inhalte meiner Tätigkeit noch eine Aufforderung Berichte zu erstatten. Man hat mir vertraut." Möglicherweise erklärt sich Schelskys plötzliche Beredsamkeit damit, daß er seinen früheren "Wohltätern" klar machen will, sie sollten ihn nicht "vergessen." Die "Financial Times Deutschland" schreibt dazu: "Mit seinen Aussagen könnte Schelsky weitere amtierende Manager des Konzerns stürzen." Andererseits will er auch der Staatsanwaltschaft gegenüber Gesprächsbereitschaft signalisieren, was sich auf sein Strafmaß positiv auswirken könnte. Aus Justizkreisen heißt es: "Schelsky steht nach Monaten der U-Haft unter verstärktem Druck."

Dem Aktienkurs des Unternehmens hat das Ganze nicht geschadet. Von Juli 2006 bis zum heutigen Tage hat sich das Papier im Frankfurter Parketthandel von 61 auf 99 Euro verteuert. Der Gewinn des Unternehmens ist auch gut gestiegen. Kein Wunder, die Manager, die selbst fette Gehälter kassieren, haben bei der "Kostenreduzierung" durch Massenentlassungen mit wenig Widerstand des Betriebsrates rechnen müssen. Tausende, die gerade Familien gründen wollten oder geheiratet hatten und kleine Kinder zu versorgen haben, sind zu Gunsten steigender Dividenden und Aktienkurse gefeuert worden.

Scheinbar ist dergleichen ein lohnendes Geschäft, denn auch schon bei Volkswagen war man auf den Gedanken gekommen, sich den Betriebsrat mit kleinen Gefälligkeiten wie Sexurlaub in Brasilien auf Kosten des Betriebes gefügig zu machen. Der dortige Betriebsrat wird von der IG Metall gestellt. Auch der Kurs der VW-Aktie ist in letzter Zeit an der Börse gut gelaufen. Kein Wunder, daß die dortigen Mitarbeiter bereit waren, der IG Metall den Rücken zu kehren.

Zulauf haben derweil kleine speziell ausgerichtete Interessenorganisationen, die statt "guter Worte" mit einem erfolgreichen Streik den Arbeitgebern zeigen, daß man ihre Interessen ernst nehmen muß. Auch die "Pilotenvereinigung Cockpit" oder die Ärzteorganisation "Marburger Bund" haben sich von ihren Arbeitgebern nicht einschüchtern lassen und haben sich die ihnen zustehenden Gehaltszahlungen erstreikt.

Während in den Siemenschefetagen Krokodilstränen vergossen werden und die Kurse weiter steigen, braucht man nicht weiter traurig zu sein, denn das Beispiel VW hat gezeigt, daß auch Betriebsräte von der roten Konkurrenz käuflich sind. Die AUB versucht im Wege der Neugründung des Vereins zu retten, was noch zu retten ist.


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