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09.06.07 / Rechtsbrecherinnen / Britsche Agenten in der französischen Resistance

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-07 vom 09. Juni 2007

Rechtsbrecherinnen
Britsche Agenten in der französischen Resistance

Offenbar besteht bei nicht wenigen Bundesrepublikanern ein Bedürfnis, von kriegerischen Heldentaten zu lesen oder sie im Fernsehen zu bewundern. Es wäre allerdings ein Verstoß gegen die politische Korrektheit, deutsche Soldaten eben diese Heldentaten begehen zu lassen, waren sie doch die Vertreter des Bösen. So können wir denn im Fernsehen und in der Literatur statt dessen die alliierten Sieger bewundern, wie sie voller Kühnheit die meist brutalen oder doofen Deutschen bekämpfen.

Ein solches Produkt ist das von einer deutschen Autorin geschriebene Buch "Absprung über Feindesland - Agentinnen im Zweiten Weltkrieg". Hier geht es um Frauen, die im Auftrag des britischen Geheimdienstes im von der Wehrmacht besetzten Frankreich den Partisanenkampf organisieren und ausweiten sollten. Wenn auch die teils rührseligen Geschichten von ebenso schönen wie tapferen Engländerinnen bald auf die Nerven gehen, so enthält das Buch doch einige interessante Informationen über die Zeitgeschichte.

Nach der Kapitulation Frankreichs stand England mit dem Rücken an der Wand. Friedensangebote Deutschlands hatten Churchill und sein Kabinett abgelehnt. Man wollte die Insel nicht nur verteidigen, sondern sogar angreifen, und das war schwierig, da man keinen Fuß mehr auf dem Kontinent hatte.

Die Franzosen gingen, nachdem der erste Schock überwunden und die deutschen Soldaten sich als so ganz anders als von der Propaganda gezeichnet erwiesen, zunehmend zur Zusammenarbeit über. Da befahl Premierminister Churchill, neben dem traditionellen britischen Geheimdienst die "Special Operations Executive" (SOE) zu gründen, die die Aufgabe hatte, in den von der Wehrmacht besetzten Ländern einen Partisanenkrieg zu entfesseln. "Ungentlemanly Warfare" nannte Churchill die Art der subversiven Kriegführung, die man heute dem Terrorismus zurechnen würde: Der von der SOE geplante Krieg sollte die Regeln des internationalen Völkerrechts außer acht lassen. Die Gründung fand am 16. Juli 1940 statt. Und sogleich begann man mit der Anwerbung möglicher Agenten, bald auch von Frauen, wie überhaupt die Briten viel früher als etwa die Deutschen Frauen im Kriegsdienst einsetzten. Wesentliche Voraussetzung: Sie sollten fließend Französisch sprechen können.

Im Nachwort fragt die deutsche Autorin, ob ohne den Einsatz englischer Agentinnen und Agenten eine wirklich schlagkräftige französische Partisanenbewegung entstanden wäre, eine berechtigte und wichtige Frage, die auch auf andere besetzte west- und nordeuropäische Länder angewendet werden kann. Tatsächlich hatte zunächst die einheimische Bevölkerung keinen Grund gesehen, sich als Partisanen gegen Deutschland zu bestätigen. Da mußten dann die Spezialisten aus Großbritannien ran.

Nach dem vorliegenden Buch sind neben Hunderten von männlichen 39 Agentinnen der Partisanenorganisation SOE nach der Ausbildung in Großbritannien in Frankreich eingesetzt worden. Sie hatten die Aufgabe, die Franzosen zum Untergrundkampf zu animieren, als Funkerinnen den Kontakt zwischen den Partisanengruppen und den britischen Befehlsstellen aufrecht zu erhalten, Kurierdienste zu leiten, Sprengstoffanschläge gegen die Besatzungsmacht vorzubereiten und gegebenenfalls durchzuführen, aus England gelieferte Waffen zu bergen und zu verstecken und Sabotage in jeder Form zu verüben. Während der Aufbau von Partisanengruppen - in Frankreich Resistance genannt - zunächst mühsam war, hatten die Gruppen mehr Zuwachs, als deutlich wurde, daß der deutsche Vormarsch in der Sowjetunion stockte. Allerdings mußten die Agentinnen mit der deutschen Abwehr rechnen, der es gelang, manchen Widerstandskämpfer umzudrehen. Von den 39 in Frankreich aktiven britischen Agentinnen wurden 16 gefaßt. 13 von ihnen überlebten den Krieg nicht. Nach der Schilderung wurden sie in KZ eingeliefert, wo sie getötet wurden.

Churchill hatte die Partisanenorganisationen "SOE" unter der Devise gegründet: "Steckt Europa in Brand!" Die Autorin des Buches meint, dieses Ziel sei "nicht annähernd erreicht" worden, doch hätte die Organisation einige spektakuläre Erfolge zu verzeichnen gehabt, so die Ermordung des stellvertretenden Reichsprotektors von Böhmen und Mähren Reinhard Heydrich. In britischen Augen haben die Partisanen für die Freiheit gekämpft. Man könnte auch konstatieren, daß sie ein Schritt waren auf dem Wege, die Grenzen des Völkerrechts bewußt zu ignorieren. Hans-Joachim von Leesen

Monika Siedentopf: "Absprung über Feindesland - Agentinnen im Zweiten Weltkrieg". dtv, München 2006, 300 Seiten, 14,50 Euro, Best.-Nr. 6205


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