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09.06.07 / Streit um Scientology flammt auf / Berlins Landesamt für Verfassungsschutz überwacht die US-Sekte wieder – Kritik von den Grünen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-07 vom 09. Juni 2007

Streit um Scientology flammt auf
Berlins Landesamt für Verfassungsschutz überwacht die US-Sekte wieder – Kritik von den Grünen
von Peter Westphal

Die Aufforderung klingt wie eine Drohung: „Kaufen! Lesen! Ausprobieren“ – und Sie werden „nie wieder derselbe sein!“ Die Botschaft prangt an der neuen Scientology-Repräsentanz in der deutschen Hauptstadt, erst Anfang des Jahres in Berlin-Charlottenburg eröffnet.

Bereits damals wurden Stimmen laut, die eine Wiederaufnahme der Beobachtung der Organisation durch den Verfassungsschutz forderten. Hierbei tat sich besonders die CDU-Fraktion hervor. Innensenator Ehrhart Körting gab jedoch erst vergangene Woche dem Drängen nach.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Berliner Bündnisgrünen, Dirk Behrendt, sieht keine ausreichenden Gründe für eine erneute Überwachung. Bereits zweimal war die Beobachtung in Berlin durch das Verwaltungsgericht gestoppt worden, zuletzt 2003. Daraufhin hatte der Senat alle nachrichtendienstlichen Untersuchungen einstellen müssen. Der Verfassungsschutz hatte bei Scientology nicht nur versucht, über V-Leute belastendes Material zu sammeln. Eifrige Denunzianten produzierten auch eigenhändig „Material“. Ein vom Verfassungsschutz angeworbener Ex-Stasi-Mann hatte damals einen Berliner Polizisten beschuldigt, Scientologe zu sein. Der Polizist wurde schließlich rehabilitiert und der Chef der Berliner Landesbehörde für Verfassungsschutz, Eduard Vermander, mußte seinen Hut nehmen.

Nach Auffassung des Innensenators ist der Geist der sich selbst als Kirche bezeichnenden Organisation „mit dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht vereinbar“. Beleg dafür seien die Schriften des Scientology-Gründers Lafayette Ron Hubbard (1911–1986). Diese verträten die „Unterscheidung zwischen höherwertigen Menschen, die Scientologen sind, und minderwertigen Menschen“, die als „nutzlos“ oder „wertlos“ bezeichnet würden. Da Scientology im Unterschied zu den vergangenen Jahren, in denen sie in Berlin weitgehend bedeutungslos war, nun hier wieder „aktiv für eine Gesellschaft werben will“, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei, müsse eine erneute Auseinandersetzung einsetzen. Er verweist auf die Beobachtungen des Bundes sowie der Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hamburg. Zeitgleich warnte auch der Sektenbeauftragte der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg, Thomas Gandow, vor einer Ausbreitung der „totalitären Organisation“ Richtung Brandenburg, etwa nach Potsdam oder Königs-Wusterhausen.

Barbara Lieser, in der Berliner Scientology-Filiale zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, bestätigt die Entstehung neuer Niederlassungen: „Natürlich wollen wir expandieren. Jede Religion hat das Ziel zu missionieren.“

Wenn es denn beim „Missionieren“ bleibt: Thomas Gandow hatte Ende 2003 den Amerikaner Gerald Armstrong bei sich aufgenommen, der nach langjähriger Mitgliedschaft Scientology verlassen wollte. Auf der Autobahn wurden beide von mehreren Fahrzeugen abgedrängt. Vor dem Amtsgericht in Brandenburg mußte Scientology zugeben, Pfarrer Gandow überwacht zu haben, um an den abtrünnigen Armstrong heranzukommen.

Die Gruppierung selbst bezichtigt den Innensenator der Mißachtung rechtskräftiger Verwaltungsgerichtsurteile. Überdies weisen die Scientologen darauf hin, daß sie in der Mehrzahl der Bundesländer nicht mehr überwacht würden. Außerdem habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erst jüngst in einem Urteil vom 5. April 2007 „die Selbstverständlichkeit bestätigt, daß es sich bei der Scientology-Kirche um eine Religionsgemeinschaft handelt“.

Seltsam ist der Aktionismus Körtings mit Blick auf eine andere Gruppierung, die in Berlin von sich reden macht: die islamische Ahmadiyya-Sekte. Diese hat im Stadtteil Pankow-Heinersdorf den ersten Moscheeneubau in den Neuen Bundesländern in Angriff genommen. Auch sie strebt wie die Scientology-Organisation danach, eines Tages die Herrschaft in Deutschland zu übernehmen. Dies belegt beispielsweise die Studie der Sozialwissenschaftlerin Hiltrud Schröter. So verbreitet Ahmadiyya in ihren Broschüren eine in der Farbfolge Schwarz-Rot-Gold gehaltene Kalligraphie mit dem Umriß Deutschlands.

Die dort abgebildeten arabischen Schriftzeichen stehen für das islamische Glaubensbekenntnis („Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Gesandter.“).

Deutlicher als dort kann die Absicht, den demokratischen Staat des Grundgesetzes in einen islamischen Gottesstaat umzuwandeln, wohl kaum zum Ausdruck gebracht werden. Doch hier sieht Berlins Innensenator keinen Handlungsbedarf.


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