18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.06.07 / "Isaf schwach, Taliban stark" / Bundeswehr ohne Strategie - Fallschirmjäger frustriert vom Afghanistan-Einsatz zurück

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-07 vom 16. Juni 2007

"Isaf schwach, Taliban stark"
Bundeswehr ohne Strategie - Fallschirmjäger frustriert vom Afghanistan-Einsatz zurück
von Hans Heckel

Mit unerfreulichen Enthüllungen über die tatsächliche Stimmung der deutschen Soldaten in Afghanistan ist ein Fallschirmjäger der Bundeswehr an die Öffentlichkeit getreten. Der Hauptgefreite war eigenen Angaben zufolge von November 2006 bis März dieses Jahres im nordafghanischen Faisabad stationiert.

Im Gespräch mit der Wochenzeitung "Junge Freiheit" fällt der Anfang 20jährige ein vernichtendes Urteil über die führenden Offiziere vor Ort und bringt grundsätzliche Zweifel der Truppe an Art und Zielsetzung ihres Auftrags zum Ausdruck.

Den höheren Rängen sei es am wichtigsten, "vor ihrem Dienstherren gut dazustehen, die Sorge um die einfachen Landser kommt erst an zweiter Stelle", kritisiert der junge Soldat, dessen Namen die "Junge Freiheit" auf dessen eigenen Wunsch hin geheimhält, und nennt ein Beispiel: Eine der Patrouillen sei am 26. Dezember nahe Faisabad erst mit Steinen beworfen und dann beschossen worden. Die Deutschen hätten das Feuer erwidert. Nur durch Glück sei kein Bundeswehrangehöriger zu Schaden gekommen. Als Reaktion sei dann befohlen worden, "Maschinengewehre und Lafetten unserer Patrouillenfahrzeuge abzurüsten".

Statt Übergriffen entschlossen zu begegnen, wollten die Vorgesetzten nur um jeden Preis Konflikte vermeiden, um nicht später in Erklärungsnöte zu geraten, die ihrer Karriere schaden könnten: "Tatsache ist, daß die Stabsoffiziere in Faisabad den Bundeswehr-TÜV mehr fürchten als die Taliban ... sie haben mehr Angst davor, gegen untaugliche Dienstvorschriften - bei uns bald nur noch bitter ,Friedensscheiße' genannt - zu verstoßen als davor, einsatzuntaugliche Maßnahmen zu befehlen."

Als etwa ein Angreifer, der ihr Lager beschoß, zweifelsfrei lokalisiert worden sei, hätten die deutschen Soldaten das Feuer laut Befehl nicht erwidern dürfen. Seine Kameraden hätten da nur noch "bitter gelacht".

Als noch bedenklicher beschreibt der Fallschirmjäger den Eindruck, den die Handlungsweise der Bundeswehr auf die Einheimischen mache.

Das Ziel, durch besonders friedvolles und defensives Vorgehen als Freund und Helfer statt als Besatzer betrachtet zu werden, sei reine Illusion. "Auch wenn wir dreimal darauf beharren, Aufbauhelfer zu sein, die Afghanen sehen uns als Besatzer."

Dabei gehe der Respekt, den insbesondere die Deutschen unter den Afghanen anfangs genossen, nach und nach verloren.

Ein Volk wie die Afghanen, das seit 1979 im Krieg lebt, wertet und handelt anders als die Deutschen, die seit 1945 den Frieden genießen, so der Soldat.

"Wir sind auf unseren Patrouillen an ehemaligen Schulen vorbeigefahren, die von Isaf finanziert und gebaut und vermutlich von Taliban wieder zerstört wurden. Ein Deutscher würde folgern: Isaf gut, Taliban schlecht. Ein Afghane folgert: Isaf schwach, Taliban stark!"

Örtliche Machthaber melken die Bundeswehr den Beschreibungen des jungen Fallschirmjägers zufolge in aller Frechheit. Präsident Karsai werde im Lande spöttisch "Bürgermeister von Kabul" genannt, da sein Einfluß kaum über die Mauern der Hauptstadt hinausreiche.

Bereits im November 2006 hatte der ehemalige Befehlshaber der Bundeswehr auf dem Balkan, General a. D. Klaus Reinhardt, im Deutschlandradio Kultur offen kritisiert, daß er "keine Gesamtstrategie der Politik für Afghanistan" kenne. Bewegt hat sich in der Sache seitdem nichts.

Das bekommen auch die Soldaten mit: "Von Anfang an haben weder meine Kameraden noch ich an den Quatsch von der Verteidigung Deutschlands am Hindukusch oder an den phantastischen Unsinn durch die Isaf geglaubt", so der Soldat zur "Jungen Freiheit".

An die Einheimischen verteile die Isaf eine eigene Zeitung, die "Stimme der Freiheit". Hier würden völlig überzogene Erwartungen an die Zukunft des Landes geweckt - "das Blaue vom Himmel". Der Bundeswehrsoldat fürchtet, daß dies später zu einer "unversöhnlichen Frustration bei den Afghanen" führen könne.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren