26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.06.07 / Im zähen Kriechgang / Die Große Koalition in Österreich blockiert sich selbst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-07 vom 16. Juni 2007

Im zähen Kriechgang
Die Große Koalition in Österreich blockiert sich selbst
von R. G. Kerschhofer

Knapp ein halbes Jahr nach Amtsantritt der rot-schwarzen Regierung wirkt der politische Alltag eher grau. Trotz des Koalitions-Pakts spielen manche Exponenten von SPÖ und ÖVP ganz gerne Opposition, und gelegentlich sind sogar - nicht ernstzunehmende - Neuwahldrohungen zu hören.

Auch die beiden parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum Eurofighter-Ankauf und zu Bankenskandalen erwecken allmählich den Eindruck, Selbstzweck zu sein. Obwohl natürlich laufend mehr oder weniger spannende Einzelheiten ans Tageslicht kommen - aber das Publikum hört kaum noch hin. Untersuchungsausschüsse können sich eben totlaufen, wenn sie zu lange dauern und im Parteiengezänk versanden.

Im Eurofighter-Ausschuß steht die Frage allfälliger Bestechungen im Vordergrund. Leider blieben wichtige Informationen dem Ausschuß bisher vorenthalten, denn die Steuerakten verdächtigter Personen und Firmen wurden vom Finanzministerium in zum Teil geschwärzten Kopien übergeben - "Steuergeheimnis". Als ungeplanter Nebeneffekt der Ausschußarbeit bestätigt sich allerdings, daß Verteidigungsminister Darabos (SPÖ) eine glatte Fehlbesetzung ist. In ungewöhnlich scharfer Form wurde dieser ehemalige Zivildiener zuletzt auch vom Milizverband kritisiert.

Der Bankenausschuß, obwohl allgemein zu Problemen der Finanzmarktaufsicht eingesetzt, befaßt sich hauptsächlich mit der einstigen Gewerkschaftsbank Bawag. Neun Schlüsselfiguren können sich aber vor dem Ausschuß der Aussage enthalten, denn gegen sie läuft ein Strafverfahren. Ab Mitte Juli, wenn der Prozeß beginnt, wird man vielleicht mehr erfahren.

Die anderen beiden Untersuchungsobjekte, die mißglückten Spekulationen der Kärntner Regionalbank Hypo-Alpe-Adria und der betrügerische Konkurs der Kapitalanlage-Gesellschaft AMIS, rangieren unter "ferner liefen". Die Amis-Pleite läßt sich politisch ohnehin nicht verwerten und interessiert nur die geprellten Gläubiger.

Die Hypo-Alpe-Adria wird jetzt übrigens mehrheitlich von der BayernLB übernommen, die einst eine Beteiligung an der Bawag hatte, diese aber rechtzeitig wieder an den ÖGB zurückverkaufte. Bemerkenswert, daß Landeshauptmann Jörg Haider, der in anderen Fällen gegen den "Ausverkauf" wettert, den Einstieg der Bayern in Kärnten als großen Erfolg wertet.

Wie gut, daß es im grauen Alltag auch wirklich Wichtiges gibt, nämlich das Tauziehen um die Nachfolge des langjährigen Staatsoperndirektors Ioan Holender. Die Besetzung der Direktorenposten von Oper und Burgtheater ist in der Tat eine Staatsaffäre, und an den Diskussionen beteiligen sich auch viele, die diese illustren Häuser nie betreten - außer vielleicht am Tag der Offenen Tür.

Bundeskanzler Gusenbauer hatte sich für "seinen persönlichen Freund", den Sänger Neil Shicoff, eingesetzt. Doch er scheiterte nicht nur am Widerstand aller anderen Parteien und der Fachwelt, die Shicoff mangels einschlägiger Erfahrung die Qualifikationen absprach. Vielmehr hatte auch seine Parteikollegin, die Ressortministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Claudia Schmied, ihre eigenen Vorstellungen und setzte sie durch: Operndirektor wird 2010 der Elsässer Dominique Meyer, derzeit Leiter des Pariser Théatre des Champs-Elysées. Als Musikdirektor zur Seite stehen wird ihm der derzeitige Generalmusikdirektor der Zürcher Oper, der Dirigent Franz Welser-Möst.

Weniger glücklich ist die Ministerin mit der heißdiskutierten "Schulreform". Die von allen Linken seit Jahrzehnten und neuerdings auch von manchen Leuten in der ÖVP geforderte "Gesamtschule aller Sechs- bis 14jährigen" wird nun doch nicht so bald kommen. Denn noch sind in der ÖVP einige Standhafte, die diese leistungshemmende Gleichmacherei - letztlich auf Migranten-Niveau - ablehnen. Aber es wird wieder etliche "Schulversuche" geben - Kinder als Versuchskarnickel der Ideologen.

Für die im Wahlkampf hochgespielte Frage illegal in Österreich beschäftigter privater Altenpfleger einigte man sich auf eine Lösung, die keine ist. Denn die offizielle Beschäftigung wird so teuer, daß sie in den meisten Fällen nicht leistbar ist, und jetzt feilscht man darum, ab welcher Pflegestufe es staatliche Zuschüsse geben soll. Die kosten die Allgemeinheit dann mehr, als an Steuern und Sozialabgaben hereinkommt. Etliche der bisher "Illegalen" haben sich inzwischen als "Ich-AG" etabliert, und blauäugig nehmen die Behörden an, daß diese Leute daheim versichert sind und Steuern zahlen ...


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren