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16.06.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-07 vom 16. Juni 2007

Blubbernde Sümpfe / Kurt Beck steht im dunklen Wald, Reinhard Höppners findet seine neue Liebe, und Angela Merkel muß zurück zu den Wichteln
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Ängstlich schreitet Kurt Beck durch den dunklen Wald der Ungewißheit. Er sucht den "Kurs", das "Profil". Von beidem ist aber weit und breit nichts zu sehen.

Statt dessen setzen ihm die Häme der Medien und der leise und manchmal auch gar nicht mehr leise Spott des Koalitionspartners zu. Und überall die blubbernden Sümpfe der Linkspartei, in denen der entsetzte SPD-Chef seine Stimmen und ganze Gruppen von einstigen Genossen versinken sieht. Gerade erst ist ein halbes Dutzend höherer Juso-Funktionäre aus Niedersachsen komplett im klebrigen Morast der alten roten Parolen hängengeblieben und zu Lafontaines Ultras hinabgeglitten.

Wer ihn hinterrücks in diese Falle gelockt hat, das weiß Beck allerdings. Er war gerade in Ruanda, als er am Fernseher mit ansehen mußte, wie sich Angela Merkel aufreizend in der Gipfelsonne von Heiligendamm räkelte. Ruanda ist Partnerland von Rheinland-Pfalz. Der ostafrikanische Bergstaat ist vor 13 Jahren durch die Hölle eines unvorstellbar brutalen Bürgerkriegs gegangen. Bürgerkrieg ist die schlimmste Art von Krieg, er hinterläßt tiefe Spuren in den Menschen und prägt die Atmosphäre oft noch Generationen später. Sie bleibt gereizt, von Nervosität geschwängert und latent aggressiv.

Das muß auf Kurt Beck, der ja ein sensibler Mensch ist, abgefärbt haben. Die absaufenden Genossen im Sinn und die zum Kotzen glückliche Kanzlerin vor Augen, klappte er sein Messer auf und wollte zustechen, mitten ins soziale Herz der Christdemokraten. Doch die Union hatte die Stelle längst gründlich sozialdemokratisiert, Beck rutschte daher ab und stichelte planlos umher. Der martialische Messer-Beck schrumpfte zum quäkenden Beckmesser, der kleinlich auf die vermeintlich "unsozialen" Punkte beim Koalitionspartner einpiekst und sich dabei mehr selbst verletzt als den verhaßten Partner.

Die Union reagierte ziemlich professionell: Hessens Koch gab sich als väterlicher Schutzpolizist und erteilte Beck vorerst nur eine Verwarnung vor dem Ende der Koalition. Bayerns CSU-Wirtschaftsminister Erwin Huber und CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder schlüpften in weiße Kittel und diagnostizierten nervöse Störungen bei der SPD, die zu allerlei nicht immer ungefährlichen Dummheiten führten.

CDU-Generalsekretär Roland Pofalla allerdings konnte seine Schadenfreude über den strauchelnden SPD-Chef nicht unter Kontrolle bringen: Das sei wieder so ein typischer "Mecker-Beck" gewesen, dieser vermasselte Angriff auf die Union. Oje, "Mecker-Beck". Das geht zu leicht über die Lippen, um bald wieder unterzugehen. Die Medien lieben solche Brandzeichen und verwenden sie gern immer wieder.

Das hat allerdings auch etwas von Adelung. Nur die großen Männer der jüngeren SPD-Geschichte, die drei letzten Kanzler nämlich, zierten solche Beinamen wie "Gerd, der Genosse der Bosse", "Schmidt-Schnauze" oder "Willy Whisky", den sie auch "Cognac-Willy" oder den "Maharadscha von Whisky-Pur" nannten.

Man muß also schon etwas darstellen, um nicht einfach als der und der in den Annalen der Sozialdemokratie zu verrotten. Hat Beck das? Haben wir mit ihm gar den nächsten SPD-Kanzler vor uns?

Klingt eher unwahrscheinlich. Becks Format entspricht wohl dem, was die Pessimisten sagen. Alle wissen das, außer Beck. Er hat seine Messer-Attacke in Form eines fast ganzseitigen FAZ-Artikels gestartet. Das ist die Bühne für die wirklich großen politischen Würfe im Land. Der Historikerstreit nahm von dort seinen Ausgang, und Angela Merkel richtete hier Anfang 2000 Alt-Kanzler Kohl hin, was ihr Entrée zur Spitze der Politik werden sollte. Becks Auslassungen dort zu sehen läßt darauf schließen, daß ein Redakteur krank gewesen sein muß.

Was nicht heißen soll, daß der Rheinland-Pfälzer bei den Medien nicht gelitten ist. Er hat sogar eine eigene Serie. Im Magazin "Titanic" tritt Beck allmonatlich in einer Comic-Geschichte auf als "Bussi-Beck", eine Anspielung auf "Bussi-Bär". Das ist allemal hübscher als "Mecker-Beck" und auch nicht wesentlich peinlicher.

Was nicht heißt, daß ihm das Peinliche an sich peinlich wäre, dem Beck. Erst vergangenen April hat der SPD-Chef vorgeschlagen, bei künftigen Afghanistan-Konferenzen auch "gemäßigte Taliban" hinzu zu laden. Da "gemäßigte Taliban" auf dieser Welt so häufig vorkommen wie trockenes Wasser, war das Gelächter in Berlin ebenso laut wie das Entsetzen in Kabul.

Als indes alle die Köpfe schüttelten, blieb einer starr vor Erleuchtung. Reinhard Höppner, Präsident des Evangelischen Kirchentages, hat die Aussicht auf ein nettes Gespräch mit Osamas Leuten nicht mehr schlafen lassen. Der SPD-Politiker will die Taliban mit seiner Liebe in den Bann ziehen, damit auch sie einen menschenwürdigen Platz finden.

Daß die Taliban ihn vermutlich bei der ersten Begegnung erschießen dürften, ist dabei offenbar nicht so wichtig. Denn Höppner weiß ja, wer schuld daran ist, daß die islamischen Gotteskrieger so unfreundlich wurden: Wir selbst haben das verbockt! Wir haben die Islamisten erniedrigt, belehrt Höppner, und "Erniedrigung provoziert Terrorismus".

Die Einsicht kommt aber spät. Warum hat man das nicht schon Frankenkönig Karl Martell gesteckt? Bestimmt hätte er den mohammedanischen Angreifern beim gallischen Tours und Poitiers im Jahre 732 nicht so den Hintern versohlt, wenn er über Höppners Weitblick verfügt hätte.

Vielmehr wäre Karl vor seine christlichen Krieger getreten und hätte "Haltet ein!" (Höppner) gerufen und sie gemahnt, ihre muslimischen Gäste nicht zu "demütigen", wovor Reinhard Höppner uns ausdrücklich warnt.

So wären Mohammeds Heere friedlich weitergezogen bis ans Nordmeer und nach Rußland. All die schrecklichen interreligiösen Konflikte der Folgejahrhunderte wären Europa erspart geblieben (außer denen zwischen Sunniten und Schiiten und Alewiten und so weiter), weil wir ja alle das Wort des Propheten vernommen und das Durcheinander der verschiedenen Religionen schnell überwunden hätten. Immerhin wäre uns auf diese Weise auch ein Kirchentagspräsident Höppner erspart geblieben, da das Christentum im Falle eines so geläuterten Karl Martell längst im Modder der Geschichte verschollen wäre.

Die Vorliebe der Linken für interessante Orientalen ist übrigens ein weltweites Phänomen. Der neue Held der äußersten Linken, Venezuelas Hugo Chávez, teilt sie voll und ganz. Mit Irans Ahmadinedschad ist er schon ganz dicke, und nun stellte sich heraus, daß er noch weitere schillernde Freunde im Orient hat. Chávez hat seine Landsleute aufgefordert, allen "überflüssigen Reichtum" zu spenden, an die von seiner Partei kontrollierten "sozialen Einrichtungen" natürlich.

Er selbst wolle als Beispiel vorangehen und umgerechnet 190000 Euro abtreten, die er von Libyens Staatschef Ghaddafi "geschenkt" bekommen habe. Die Venezolaner mußten trocken schlucken: Ihr Präsident nimmt also "private" Geldpräsente von ausländischen Regierungen an und reicht sie nicht etwa sofort an die Staatskasse weiter, sondern steckt sie ohne falsche Scham in die eigene Tasche, um sie später nach Gusto zu verwenden.

Dem kann unsere Angela Merkel bloß mit einer Mischung aus Ekel und Neid begegnen. Mit solcher Leichtigkeit regiert es sich hierzulande nur selten. Der G8-Gipfel, das war noch was! Ist zwar nichts herausgekommen, aber die Kanzlerin sah blendend aus, das zählt.

Nun aber muß sie sich wieder mit den Wichteln der näheren Umgebung herumärgern. Da liegt ja immer noch die EU-Verfassung auf Eis. Polen will nicht recht, die Franzosen wollen nur halb und so weiter. Merkel macht demnächst die häßliche Erfahrung, daß ihre wunderbaren Europa-Ideen an den Nachbarn ebenso abprallen wie Höppner-Reden an der Wirklichkeit.


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