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23.06.07 / Das Ende der Reformen / Koalition ohne Kraft: SPD hat keinen Schneid mehr zum Umbau der Gesellschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-07 vom 23. Juni 2007

Das Ende der Reformen
Koalition ohne Kraft: SPD hat keinen Schneid mehr zum Umbau der Gesellschaft
von Klaus D. Voss

Das Ende der Reformpolitik läßt sich fast auf die Minute genau festlegen - auf den Dienstag dieser Woche, drei Uhr morgens. In zwei ganz wesentlichen Fragen, der Reform der Pflegeversicherung und der Lösung des Geringverdiener-Problems, konnten SPD und Union sich im Koalitionsausschuß nur noch auf einen Minimalkonsens einigen, den man auch mit einem Offenbarungseid testieren könnte. Für den Rest der Legislaturperiode stehen die Signale jetzt auf "Halt" - großen Aufgaben wird sich die Große Koalition nicht mehr stellen.

Die Überarbeitung der Pflegeversicherung ist nach dem Koalitionsvertrag von November 2005 die zentrale Aufgabe für das laufende Jahr - endlich sollte die Pflege der Demenzkranken vernünftig geregelt und eine ganze Reihe von Unstimmigkeiten bereinigt werden: Sozialversicherungen, vor allem jene, die Menschen im Alter versorgen sollen, müssen auf lange Sicht verläßlich finanziert und gestaltet sein; eine klassische Aufgabenstellung an eine Große Koalition.

Im wesentlichen beschränkt sich die Reform jetzt auf eine saftige Tarifanhebung; die Erhöhung der Versicherungsprämie um 0,25 Prozentpunkte auf 1,95 Prozent des anrechenbaren Einkommens entspricht einer Verteuerung von fast 15 Prozent. Gleichzeitig soll die Abgabe für die Arbeitslosenversicherung um 0,3 Prozentpunkte gesenkt werden. Dieser Ausgleich kommt allerdings Rentnern und Freiberuflern nicht zugute.

Noch folgenschwerer ist der Reform-Rückzieher unter dem Stichwort Mindestlohn oder gerechter Lohn. Grundsätzlich sind sich alle Koalitionspartner einig, daß dringend Handlungsbedarf besteht. Acht Millionen Deutsche haben Niedrigeinkommen, die allein zum Leben nicht reichen. Das sind immer seltener echte Nebenjobs oder Gelegenheitsarbeiten, mit Sorge beobachten Arbeitsmarktexperten, daß mittlerweile Geringqualifizierte sich mit Stundenlöhnen unter vier Euro zufriedengeben müssen - Tendenz dramatisch steigend. Die Folge: Auch bei Vollzeitbeschäftigung reicht das Einkommen nicht aus - die Geringverdiener erhalten Zuschüsse aus der Steuerkasse, und die Normalverdiener müssen mit ihren Prämien an die solidarischen Sozialversicherungen die Leistungen der Schlechtbezahlten mit aufbringen.

Gegen diese schnell ansteigende Belastung der Steuer- und Sozialkassen hatte die Union ein Verbot sittenwidrig niedriger Löhne stellen wollen, die SPD Abrechnungen nach einem gesetzlichen Mindestlohn; grundsätzlich sind diese beiden Positionen zu branchengerechten Kompromissen vereinbar - natürlich nicht unter einem Kampfbegriff wie "Mindestlohn".

Die Chance zu Reformen ist aber vertan, seit "Die Linke" den Weg der SPD gekreuzt hat. Die Linkspopulisten, ein frisch zusammengewürfelter Verbund aus Postkommunisten, Sozialutopisten und Gewerkschafts-Hardlinern unter den Obmännern Oskar Lafontaine und Gregor Gysi, hantiert nicht ohne Erfolg mit allen linken Neid-Themen: Mindestlohn, Erbschaftsteuer, Hartz IV und Rente mit 67. Die steigenden Umfragewerte der Linken haben der SPD allen Reformschneid abgekauft - Schlußpunkt am Dienstag um drei Uhr. (Siehe auch Bericht auf Seite 3.)


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