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23.06.07 / Freudentage, Trauertage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-07 vom 23. Juni 2007

Freudentage, Trauertage
von Harald Fourier

Alexandra Hildebrandt, die Leiterin des Mauermuseums Checkpoint Charlie, stand am 15. Juni am Eingang zum Bundesfinanzministerium vor einem winzigen Haufen von Zeitzeugen, die sich an den Volksaufstand in der DDR erinnerten: "Es ist ein trauriger Tag, weil wir nicht gelernt haben, diesen Tag zu ehren." Gemeint ist der Tag, der früher einmal Tag der Deutschen Einheit war. Der Tag, den Helmut Kohl 1990 vom 17. Juni kurzerhand auf den 3. Oktober verlegen ließ.

Der Widerstand gegen die SED-Diktatur gerät zunehmend in Vergessenheit. Einer Umfrage zufolge weiß nur noch jeder zweite junge Deutsche, daß die DDR eine Diktatur war.

Woher sollen sie es auch wissen? Schulbücher enden meist mit dem Zweiten Weltkrieg oder mit dem Beginn der Entspannungspolitik und sind nicht selten gefärbt. Die Erinnerung an die Opfer des Sowjet- Unrechts ist so zweitklassig wie das "Denkmal", vor dem Hildebrandt steht. Es handelt sich um ein in den Boden eingelassenes Panoramabild von Aufständischen des 17. Juni, das von einem erhöhten Rand umgeben ist. Spöttisch nennt sie es "die Badewanne".

Im selben Moment, wenige Kilometer entfernt in Berlin-Neukölln, spricht Katja Kipping, ein Nachwuchstalent der neuen Linkspartei, auf dem letzten Parteitag der PDS am Vorabend der Vereinigung mit der WASG zu den Genossen: "Dies ist ein Freudentag!"

Jetzt wächst auch linksaußen zusammen, was zusammengehört. Gregor Gysi meinte sogleich in einem für seine Persönlichkeit typischen Anfall von Größenwahn, erst jetzt sei die Wiedervereinigung wirklich vollzogen. Aber Gysi ist nur noch zweite Reihe.

Der Anführer der Linken ist zweifellos Oskar Lafontaine, der Saarländer, der noch 1990 gegen die deutsche Vereinigung war und der jetzt den Retter der Witwen und Waisen mimt. Ohne Lafontaine wäre die "Linke" ein in die Grenzen der überwundenen DDR gezwängter Verein von spießigen Kleingärtnern und frustrierten Alt-SEDlern. Aber mit dem Saarländer ergeben sich große Chancen. Siehe die Wahl in Bremen.

Lafontaine ist genau der Typ des Westdeutschen, für den der 17. Juni immer nur der Tag war, an dem es raus zum Grillen ging. Dem die Einheit nichts bedeutete, weil Paris und Rom so viel näher waren als Plauen und Radebeul. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, daß ausgerechnet er zum Boß der im Sinne von Gysi wiedervereinten Partei geworden ist.

Wir haben eben nicht gelernt, den 17. Juni zu ehren. So konnten seine Lehren an vielen von uns vorbeigehen.


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