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30.06.07 / Die Künstler wollten zurück zur Natur / Eine Ausstellung in Bad Mergentheim zeigt die Entwicklung in der Kunst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Die Künstler wollten zurück zur Natur
Eine Ausstellung in Bad Mergentheim zeigt die Entwicklung in der Kunst von der idealen zur zivilisierten Landschaft

Nicht nur Europas Natur ist bedroht, weltweit versucht man, das Bewußtsein der Menschen für die Erhaltung der Natur zu wecken. Für die meisten Menschen ist Natur in Form von Landschaft erlebbar, große Menschenströme pilgern jedes Wochenende ins Grüne. Die Wahrnehmung der Landschaft hat eine lange Geschichte, die Fähigkeit zum Empfinden der Landschaft hat sich in Kunst und Literatur niedergeschlagen. Die Aufklärung brachte das neue Lebensmotto "Zurück zur Natur" Ende des 18. Jahrhunderts in Umlauf. Rousseau pries die "ursprüngliche Reinheit" der Natur.

Die Verbundenheit des Menschen mit der Natur wird in einer Ausstellung im Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim mit über 150 Landschaftsgraphiken sichtbar. Sie zeigen den ständigen Wandel im Naturverständnis des Menschen im Lauf von 400 Jahren. Man begegnet Künstlern wie Albrecht Dürer, Ferdinand, Franz und Wilhelm Kobell, Johann Georg von Dillis, Adrian Ludwig Richter, Hans Thoma, Max Klinger, Otto Ubbelohde, Gustav Schönleber oder Walter Leistikow.

In einem breit angelegten Panorama wird der Bogen von der Renaissance bis heute geschlagen. In den Weltlandschaften der Renaissance hat man aus der Vogelperspektive den Überblick über die kleinteilige Landschaft aus Ebenen, Hügeln, Bergen und Meer, darin eingebettet die Menschen mit ihren Behausungen. Endlos weit dehnt sich das Land bis zum Horizont. Hieraus entwickeln sich die Landschaften der Niederländer im Goldenen Zeitalter (17. Jahrhundert). Über die Stadt-Landschaft eines Braun-Hogenberg oder Merian im 16. und 17. Jahrhundert nähert man sich auch der topographischen Erscheinung des Landes rund um die Städte an. In den arkadischen Landschaften des Barock spielen christliche und mythologische Szenen. Künstler aus ganz Europa kamen nach Rom, um die Antike, die römische Campagna mit ihrem magischen Licht und die Werke der italienischen Künstler kennenzulernen. Sie importierten die neue Auffassung der idealen Landschaft auch nach Deutschland. Ein Höhepunkt dieser Entwick-lung waren die Deutschrömer um 1800 mit ihren italienischen Naturausschnitten von Tälern, Wasserfällen, antiken Ruinen voller Licht und pittoresker Schönheit. In der deutschen Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts spielte das Vorbild der Italiener und Holländer des 17. Jahrhunderts eine große Rolle. Deutsche und französische Künstler imitierten und kopierten zunächst die Holländer.

Dann brachen die Maler auf zum direkten Erleben der Natur und zum Leben in ihr. "Ach Natur! Natur! Wie schön bist du!" wird in Idyllen der Traum eines zeitlosen Zusammenklangs von Mensch und Natur besungen. Hier wird der Weg zur realistischen Landschaft gefunden. Das gipfelt zum Beispiel in den zarten Skizzen, Aquarellen und Lithographien der Münchner Landschaftsschule. Die bizarre und erhabene Schönheit der Alpen wird entdeckt. Die Künstler bereisen die Schweiz und produzieren für Touristen gut verkäufliche Blätter von riesigen Gletschern, wilden Wasserfällen und berühmten Paßstraßen.

Später wird Landschaft mit Stimmung und Gefühl aufgeladen. Berge im Dunst oder tiefdunkle Seen zeugen von einer schwärmerischen Auffassung der Künstler, bald um 1900 wird die Idee des Naturschutzes geboren.

Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts thematisieren sowohl das Auseinanderfallen als auch das erneute Zusammenfinden von Mensch und Natur (zum Beispiel im Wiener Phantastischen Realismus). Auf der anderen Seite stehen die oft rücksichtslosen Eingriffe des Menschen in die Natur und die Sehnsucht des Menschen nach unberührter Landschaft. Man begegnet allen Facetten der Landschaft, das sind Wiesen, Hügel, Felsen und die Welt des Gebirges, Stadt-Landschaften, Bäume und Wälder, Flüsse und Seen.

Es sind nicht nur Meisterwerke des Kupferstiches, der Radierung und der Aquatinta zu sehen, sondern auch farbenfrohe Lithographien und Originalzeichnungen. In kostbaren Artefakten wird uns der Schatz der Natur vor Augen geführt. Künstler geben vielfältige Zeugnisse von ihrer Liebe zur Natur.

Das ehemalige Deutschordensschloß von Mergentheim war von 1525 bis 1809 Residenz der Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens. Seit 1996 befindet sich hier das moderne Deutschordensmuseum mit rund 3000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Die Geschichte des Deutschen Ordens von den Anfängen 1190 bis heute wird mit Texten, Bildern und Objekten ausgebreitet.

Der Deutsche Orden wurde 1190 während der Kreuzzüge als Spitalorden vor Akkon im Heiligen Land gegründet. Er entwikkelte sich zum Ritterorden. Im 13. Jahrhundert wurde im Gebiet des späteren Ost- und Westpreußen ein mächtiger Deutschordensstaat errichtet. Ab dem 15. Jahrhundert verlor der Orden an politischer Bedeutung. Die Devise "Helfen, Wehren, Heilen" galt aber durch alle Zeiten. 1809 wurde der Orden im nicht österreichischen Teil Deutschlands aufgehoben. Seitdem wird er von Wien aus geleitet. Er erneuerte sich und ist heute ein klerikaler Orden, der auch wieder in der Bundesrepublik Deutschland tätig ist. pm

Das Deutschordensmuseum in Bad Mergentheim ist von April bis Oktober dienstags bis sonntags und feiertags von 10.30 bis 17 Uhr geöffnet. Von November bis März ist das Museum dienstags bis sonnabends von 14 bis 17 Uhr, sonntags und feiertags von 10.30 bis 17 Uhr geöffnet, Eintritt: 3,80 Euro. Die Ausstellung "Zurück zur Natur! Von der idealen zur zivilisierten Landschaft" ist noch bis zum 16. September zu sehen.

Foto: Ferdinand Kobell: Bach zwischen Felsen (Aquarell)


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