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30.06.07 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-07 vom 30. Juni 2007

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

in einer der letzten Folgen hatte ich noch einen zweiten Wunsch von unserm Landsmann Hubert Schwark angekündigt, der eigentlich - wie der erste - von einer Litauerin gestellt wird, diesmal von Jule Staukevicne, auch hier ist also Herr Schwark der Mittelsmann. Die wenigen Zeilen, die sie schreibt, sprechen von schweren Schicksalen, ihr eigenes eingeschlossen, denn es ist mit dem des Ostpreußen, der Anlaß für ihre Nachfrage ist, eng verquickt. Bei dem Mann, dessen Angehörige sie sucht, soll es sich um einen Bauern oder einen in der Landwirtschaft Beschäftigten aus der Nähe von Königsberg handeln. Sie konnte ein Bild beilegen, das sie seit 60 Jahren bewahrt hat, er könnte es ihr übergeben haben, oder sie hat es in seinem Nachlaß gefunden. Es zeigt den Mann, von dem sie nur den Vornamen weiß - Peter - und soll an dem Tag aufgenommen worden sein, an dem er eingezogen wurde. So ist das Foto noch in seiner Heimat gemacht, es zeigt ihn als Vater, denn Peter war verheiratet und hatte Sohn und Tochter. Seine Frau soll, wie Frau Staukevicne angibt, Lyda oder Lyra, heißen, sicherlich lautet der richtige Name Lydia. Peter hat an der Ostfront gekämpft, als diese zusammenbrach, hat er zusammen mit zwei Kameraden den Rückzug angetreten. Es muß irgendwo in Litauen gewesen sein, als die drei von Russen gestellt wurden, seine Kameraden wurden erschossen, Peter konnte sich unverletzt retten. Er hat sich an verschiedenen Orten versteckt, schloß sich schließlich litauischen Partisanen an und hat als MG-Schütze mit ihnen gekämpft, als der Krieg schon längst beendet war. Am 8. Dezember 1947 wurde Peter verwundet. Die Familie von Frau Staukevicne nahm den Verwundeten auf und pflegte ihn gesund, so daß Gorgin, wie er sich nun nannte, wieder mit litauischen Partisanen kämpfte, bis er am 6. Januar 1949 erschossen wurde. Er fiel in der Nähe von Valavicu Kaime, einem Nachbardorf des früheren Wohnortes von Frau Staukevicne. Wo Peter-Gorgin beerdigt ist, weiß sie nicht, hat aber deshalb an Herrn Schwark geschrieben, weil dieser zu jener Zeit auch in Litauen gewesen ist und vielleicht mehr darüber weiß. Doch leider kann er hier nicht weiterhelfen und wendet sich deshalb an uns, zugleich mit der Bitte, daß sich Angehörige oder ehemalige Bekannte von Peter melden, damit wenigstens der Nachname festgestellt werden kann. Als Gorgin wird der Ostpreuße übrigens in Büchern als Kämpfer für die Freiheit Litauens geehrt, so schreibt Frau Stankevicne.

Ihr eigenes Schicksal stellt sie in den Hintergrund: "Jetzt ein bißchen über mich, vielleicht ist es interessant, aber verzeiht!" Es ist sogar erschütternd, denn Jule Staukevicne wurde nach Peters Tod verraten. Nicht nur, weil sie ihn versteckt und gepflegt hatte, sondern weil sie überhaupt Verbindung zu den Partisanen hatte, wurde sie drei Monate lang verhört. Nach zehn Monate dauernder Gefangenschaft wurde sie nach Kasachstan verbannt. Dort sollte sie zehn Jahre lang bleiben, wurde aber nach Stalins Tod früher entlassen. Sie zog nach Valavicu, dem Dorf, bei dem Peter gefallen ist. An ihn erinnert sie sich noch genau, hat auch das Bild über solch eine lange Zeitspanne aufbewahrt, und möchte nun endlich mehr über ihn und seine Familie wissen, die durch sie vielleicht nun auch bisher Unbekanntes erfahren kann. (Anschriften: Jule Staukevicne, Marijompolio Rajonas, 69331 Valavicu Pastas, Republik Litauen / Hubert Schwark, Zölkower Weg 7 in 19258 Groß Bengerstorf, Telefon: 03 88 43 / 2 11 04.)

Wieder einmal hat sich unser unermüdlich mit Ahnenforschung beschäftigter Landsmann Hans-Gerd Meyer aus München bei uns gemeldet. Er durchforstet immer sehr sorgsam unsere Zeitung nach Namen, die zu seiner Familiengeschichte passen würden, und so stieß er auf die Todesanzeige meiner alten Freundin aus Königsberger Tagen, Thusnelda Hennig, deren Anrufe ich nun sehr vermissen werde, denn die Verbindung war nie abgerissen trotz des hohen Alters - sie verstarb mit 98 Jahren! Nach dem Namen Hennig hat Herr Meyer schon lange gesucht, denn seine väterlichen Urgroßeltern waren Josef Meyer und Maria geborene Hennig. Ich glaube, in diesem Fall wird er nicht viel erreichen, aber vielleicht melden sich jetzt Landsleute, die den Namen "Hennig" unter ihren ostpreußischen Vorfahren haben, bei Herrn Meyer, der aus einer alten Salzburger Familie stammt und sich sehr mit deren Geschichte beschäftigt. Er steht auch, wie er schreibt, für Interessenten mit der Liste der Exulanten von 1733 zur Verfügung. Also wenn die Nachfahren der Ambosser, Meixner, Burgmann, Thiersbier, Lackner - diese Name erwähnt Herr Meyer - etwas wissen wollen, können sie sich an ihn wenden. Er besitzt auch Protokollkopien einiger in Salzburg stattgefundenen Inquisitionsprozesse. Eine "Lacknerin" taucht darin als böse Ketzerin auf, die es verdient hatte, ausgerottet zu werden. So hieß auch Herrn Meyers Großmutter, die mit ihrem Ehemann Meyer den Bahnhof Prostken bewirtschaftete, später den Auswandererbahnhof Berlin-Ruhleben, durch den jährlich 100000 Menschen geschleust wurden. Diese Lacknerin muß also kein böses, sondern ein sehr tüchtiges Weib gewesen sein! (Hans-Gerd Meyer, Halblingweg 6 in 81825 München, Telefon / Fax 0 89 / 42 35 22.)

Eure Ruth Geede

Foto: Wer kennt Peter (rechts)? Das Foto zeigt den mutmaßlichen Bauern oder in der Landwirtschaft Beschäftigten aus der Nähe Königsbergs möglicherweise an dem Tage, an dem er in die deutsche Wehrmacht eingezogen wurde.


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