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14.07.07 / Es grünt so grün, wenn ... / Die CDU ist in der Frage um eine mögliche Koalition mit den Grünen auf Länderebene gespalten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Es grünt so grün, wenn ...
Die CDU ist in der Frage um eine mögliche Koalition mit den Grünen auf Länderebene gespalten
von Hans Heckel

Die schwierige Suche der SPD nach Führung und Orientierung mag manchen treuen Unionsanhänger in der trügerischen Sicherheit bestärken, daß in seiner Partei die Dinge noch vergleichsweise gut stehen. In Wahrheit verdeckt der innere Zwist der Sozialdemokraten, der sich derzeit an der Frage nach möglichen Koalitionen mit den Linksradikalen festmacht, bloß, daß der künftige Kurs der CDU ebenfalls alles andere als ausgemacht ist.

Dabei treten auch bei der Union die innerparteilichen Unstimmigkeiten öffentlich mehr und mehr mit der Frage eines möglichen neuen Koalitionspartners zutage. Seit 2003 ist das früher Undenkbare in etlichen Großstädten bereits Wirklichkeit geworden. In den Rathäusern von Frankfurt am Main, Duisburg und Essen etwa geben schwarz-grüne Koalitionen den Ton an. Das erste derartige Rathausbündnis erlebte Köln Anfang 2003. Bei den nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen im September 2004 erlitt die Union allerdings eine derbe Niederlage. Ein böses Omen für kommende Schwarz-Grün-Phantasien?

Erst dieser Tage pfiff CDU-Chefin Angela Merkel ihren Bundesinnenminister zurück: Wolfgang Schäuble hatte seinen Gedanken über ein mögliches Bündnis mit den Grünen freien Lauf gelassen, Merkel widersprach. Allerdings ließ sich die Taktikerin dabei eine Hintertür offen: "In erster Linie", so formulierte es die Kanzlerin sibyllinisch, strebe man eine Verbindung mit der FDP an. Wo es eine ausdrücklich erwähnte "erste Linie" gibt, da steht auch ein Plan B bereit. Schwarz-Grün ganz ausschließen will die CDU-Vorsitzende also auf keinen Fall. Damit sichert sie ihre eigene Position als Machtzentrum und Mittelpunkt aller Parteiflügel, für inhaltliche Klarheit sorgt sie, wie schon so häufig, aber keineswegs.

Mancherorts ist das Buhlen der CDU um schwarz-grüne Bündnisse auf Landesebene bereits in vollem Gange. Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger stand Anfang 2006 in Koalitionsverhandlungen mit dem Grünen, am Ende scheiterte die Liaison indes an unüberbrückbaren Gegensätzen.

Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust steht am 24. Februar 2008 zur Wahl. Noch regiert seine CDU allein, SPD und GAL bilden im Drei-Parteien-Parlament die Opposition (die FDP verfehlte den Einzug und dümpelt laut Demoskopen weiterhin bei drei Prozent). Nach Umfragen liegen die CDU und die beiden Oppositionsparteien mehr oder minder gleichauf. Sollte jedoch die Linkspartei in die Hamburger Bürgerschaft einziehen (die neueste Befragung sieht sie bei fünf Prozent), wäre Beusts Mehrheit nach den Umfragezahlen dahin.

Vor wenigen Tagen beschloß die Hamburger Bürgerschaft einstimmig (!), die Einführung einer City-Maut, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit, die Reduzierung von Autoverkehrsflächen zugunsten von Fahrrädern und die Wiedereinführung einer Straßenbahn in den Fachausschüssen "prüfen" zu lassen. Ins Auge gefaßt wird sogar die Neuauflage der "Stellplatzabgabe" für Bau-Investoren. Rolle rückwärts: Die Abgabe war von der seit 2001 regierenden CDU als investorenfeindlich selbst abgeschafft worden.

Alles Punkte wie aus dem Wahlprogramm der Grün-Alternativen. Ohne Zweifel werben sowohl SPD als auch CDU an der Alster mit ihrer einhelligen Öffnung für derlei Beschlüsse um die Gunst der Grünen, in denen offenkundig beide einen interessanten Koalitionspartner sehen.

In Hannover sieht CDU-Landesvater Christian Wulff das Treiben seines Parteifreunds Beust mit Mißfallen. Niedersachsen wählt vier Wochen vor Hamburg, und Wulff will mit einer entschiedenen Anti-Rot-Grün-Kampagne seine schwarz-gelbe Koalition in die nächste Wahlperioden retten. Auch Hessens Roland Koch bleibt strikt bei der schwarz-gelben Option. Ihm hatten die Liberalen 1999 zur Macht verholfen, dann aber ab 2003 die absolute Mehrheit der CDU nicht mit einer "Pro-Forma-Koalition" garniieren wollen. Mit seiner Forderung nach neuen Kernkraftwerken will Koch einen dicken Trennungsstrich zu den Grünen ziehen.

Die CDU verbucht derzeit noch einen parteipolitischen Pluspunkt gegenüber den Sozialdemokraten: Ihr sitzt nicht wie der SPD mit der Linkspartei eine rechte Neugruppierung im Nacken, welche die Union propagandistisch in die Zange nehmen könnte.

Doch der kurzfristige Vorteil birgt mittelfristig eine Gefahr: Unübersehbar dreht sich die Debatte über Rot-Rot(-Grün) bei der SPD nur noch um das Wann und gegebenenfalls Wie, nicht um das Ob. Letztlich werden die Sozialdemokraten dem Beispiel Klaus Wowereits folgen und das Linksbündnis in Betracht ziehen. Wenn dann noch treue CDU-Wähler aus Enttäuschung über die grünen Anbiedereien ihrer Partei zu Hause bleiben, ist eine stabile linke Mehrheit praktisch unvermeidlich.

Nicht undenkbar ist auch, daß die NPD im Grunde demokratisch denkende, aber frustrierte Wähler anzieht, die der Union einen "Denkzettel" verpassen wollen. Da für CDU und CSU ein Bündnis mit der NPD nicht in Frage kommt, schwänden ihre Siegesaussichten auf diese Weise noch weiter.

Die Union steckt also wie die SPD in einem Dilemma, nur daß es bei den Schwarzen noch nicht jene von miesen Umfragewerten befeuerte Brisanz erreicht hat wie bei der SPD.

Wenn ein Ole von Beust indes sein Heil in einer linksgewendeten, grün angehauchten CDU sucht, hat er vom rasanten Aufstieg der kurzlebigen Schill-Partei (der er seinen Sieg 2001 verdankte) wenig gelernt. Die Lücke, in die Schill damals gestoßen war, könnte sich wieder auftun.


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