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14.07.07 / Der globale Acker / Deutsche Bauern zwischen Aufschwung und Gängelei

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Der globale Acker
Deutsche Bauern zwischen Aufschwung und Gängelei
von Mariano Albrecht

Obwohl in diesem Jahr der Spargel wegen Personalmangels auf den Feldern vergammelte, die Erdbeeren in der frühen Hitze verdorrten und nun auch noch die Apfelernte durch den wenigen Regen im April in Gefahr ist, ist die Stimmung in der deutschen Landwirtschaft optimistisch. Das sieht jedenfalls der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Gerd Sonnleitner so. "Schafft die Politik ein positives Klima und Verläßlichkeit, dann soll uns vor der Zukunft nicht bange sein. Unser Berufsstand ist eine gestalterische Kraft", stellte Sonnleitner kürzlich auf dem Deutschen Bauerntag fest. Mit positivem Klima meint Sonnleitner wohl die Milliardensubventionen, die aus dem EU- und Bundeshaushalt in die Landwirtschaft fließen. Und das obwohl viele Zweige der Landwirtschaft hohe Zuwächse verbuchen können. Mittlerweile geht selbst vielen Bauern die Subventionswirtschaft zu weit. Auf der einen Seite zahlen sie Tausende von Euro in den sogenannten Absatzfonds, mit dem die CMA (Centrale Marketingesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft), die sich um das Gemeinschaftsmarketing für deutsche Agrarprodukte wie beispielsweise Fleisch, Milch, Geflügel, Eier oder Obst und Gemüse kümmert, Aktivitäten im In- und Ausland finanziert und Märkte erschließt, zum anderen wird die Produktion von Brüssel kontingentiert. Eigentlich sind nur sogenannte "Flaschenhalsbetriebe", also marktnahe Großhändler, zu der Abgabe an den Fond verpflichtet, diese legen die Kosten jedoch über die Ankaufpreise auf die Landwirte um. Immerhin drei bis vier Prozent des Abgabepreises wird den Bauern da aus dem Kreuz geleiert, der moderne "Zehnte". Für 1000 Kilogramm Milch fordert der Absatzfond 1,22 Euro für die Bewerbung des Produkts. Ein Stück aus dem Tollhaus, wenn man bedenkt, daß für die Milchproduktion nach wie vor die Quotenregelung gilt.

Trotz aller Gängelei blieb der durch die EU-Erweiterung befürchtete Supergau für deutsche Bauern durch die Öffnung der Märkte aus. Ganz im Gegenteil, bereits seit dem Beitritt der letzten zehn neuen Länder, unter anderem Bulgarien und Rumänien, stieg der Export in diese Staaten um 80 Prozent, denn obwohl deutsche Produkte im globalen Vergleich teurer sind, erfreut sich die hohe Qualität wachsender Beliebtheit. Die Marke "Bio" hat sich etabliert und in deutschen Supermärkten wurden die Verkaufsflächen für biologisch erzeugte Produkte ausgeweitet, das kommt auch deutschen Landwirten zugute. Allerdings nur denen, die vor Jahren die Zeichen der Zeit erkannt haben und ihre Höfe und Agrarflächen auf biologischen Anbau umgestellt haben, denn der Umstieg auf Bio-Anbau und -Zucht kann bis zu vier Jahre dauern.

Auch die Zeiten von Milchseen und Butterbergen sind vorbei. Bauernverbands-Generalsekretär Dr. Helmut Born sieht "Verknappungstendenzen auf den Lebensmittelmärkten". Das hat weniger mit der schlechten Ernte zu tun, sondern vielmehr damit, daß vor allem China und Indien als ganz starke Nachfrager auftreten. Doch auch im Reich der Mitte hat man den Trend erkannt. Mit 4,1 Millionen Hektar zertifizierter Bio-Fläche liegt China weltweit an zweiter Stelle nach Australien. Das Potential, biologische Lebensmittel herzustellen, scheint in China immens zu sein. Derzeit werden fast eine Million Hektar Ackerland biologisch bewirtschaftet, auf über zwei Millionen Hektar Fläche wird kontrollierte Wildsammlung betrieben, und rund 700 Farmen befinden sich in Umstellung. Etwa 1600 Verarbeitungsunternehmen sind nach den staatlichen Vorgaben zertifiziert. Über 30 anerkannte Kontrollstellen haben sich in China etabliert - ein Indikator für die enorme Dynamik. In Anbetracht dieser Entwicklung scheint es geboten, die europäische Agrarpolitik der Beschränkung und Subventionierung schnellstens zu überdenken. Augenblicklich können deutsche Landwirte noch von der Globalisierung profitieren. Das hat seit letzten Herbst die aus Sicht der Bauern positive Tendenz steigender Erzeugerpreise ausgelöst. Besonders bei Milch sieht Born zur Zeit Preissteigerungen. Während um die Jahrtausendwende die Bauern ihre Milch für ruinöse 25 bis 26 Cent pro Liter abgeben mußten, liegt der derzeitige Preis um die 30 Cent, Tendenz steigend. Die Milch macht's, dieser Slogan gewann auf dem Bauerntag eine neue Bedeutung. Die Mehrheit deutscher Bauern fordert die Abschaffung der Milchquote. Sie regelt, wie viele Liter Milch ein landwirtschaftlicher Betrieb produzieren darf. Jeder Liter, der die vorgeschriebene Menge überschreitet, kostet den Bauern sogar Strafe. Da kann Wachstum teuer werden, mangelnde Planungssicherheit wird zur Investitionsbremse. Wer heute in die Milchquote investiert, könnte ab 2015 auf den Kosten sitzen bleiben, denn dann soll die Quote ohnehin wegfallen. Bis dahin fließen auch aus EU-Kassen Millionen-Subventionen für Produktionsverzicht an deutsche Bauern. Andererseits könnte der Wegfall der Quoten zu einem Preisverfall führen und viele, besonders kleinere Betriebe ruinieren.

Bundespräsident Horst Köhler fordert mit Blick auf die bessere Lage der Bauern, die Senkung der Bezuschussung. Aus dem EU-Topf fließen 40 Prozent an die Landwirtschaft. Viele kleinere und mittlere Landwirtschaftsbetriebe haben sich mit neuen Erwerbszweigen den Brüsseler Beschränkungen entzogen und gehen neue Wege. Der Bauer wird zum Energielandwirt. Beschränkungen im Getreideanbau werden überwunden, indem das Getreide nicht für die regulierte Nahrungsmittelproduktion angebaut wird, sondern als Brennstoff.

Auch in der Viehzucht hat die Innovation deutsche Landwirte erreicht. Mußte in der Vergangenheit für die Entsorgung von Mist und Gülle viel Geld hingelegt werden, so kann der Landwirt nun damit Geld verdienen. Das Zauberwort heißt Biobrennstoff. So manche Gemeinde konnte sich durch den Bau kleiner und mittlerer Bioenergieanlagen vom örtlichen Stromversorger unabhängig machen. Um das Geschäft anzuschieben, versprach Bundesagrarminister Horst Seehofer auch hier eine verstärkte Förderung für den Bau von Energieanlagen. Offensichtlich wird hier der nächste Subventionstopf ausgeschüttet, noch ehe man das Kerngeschäft, die Nahrungsmittelerzeugung, liberalisiert hat. Der globale Acker ist angelegt, ob deutsche Landwirte in Zukunft davon ernten werden, liegt letztendlich an der Haltung des Bauernverbandes gegenüber der Agrarpolitik, der Regierung und der EU.


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