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14.07.07 / Als das Kino Sprachen lernte / Mit der Einführung des Tonfilms wurden entweder mehrere Versionen gedreht oder die Stars mit neuer Stimme versehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Als das Kino Sprachen lernte
Mit der Einführung des Tonfilms wurden entweder mehrere Versionen gedreht oder die Stars mit neuer Stimme versehen
von Timo Buschkämper

Mit der Einführung des Tonfilms steht die Filmindustrie vor einem existenzgefährdenden Problem. Wie soll man dem einheimischen Kinopublikum fremdsprachige Filme präsentieren? Zu Hilfe kommt ihr dabei die Synchronisation des gesprochenen Wortes. Aus dem Altgriechischen übersetzt meint es das Herstellen von Gleichlauf. Die dem Begriff entlehnte Bezeichnung der filmischen Nachvertonung verhilft dem noch jungen Wirtschaftszweig endgültig zum globalen Siegeszug.

Bis Mitte der 1930er Jahre sind die Verantwortlichen gezwungen, Filme in mehreren Sprachversionen zu drehen. Davon werden auch Leinwandgrößen wie Greta Garbo, Buster Keaton oder Laurel und Hardy nicht verschont.

Da sich die Film-Untertitelung in Deutschland nicht durchsetzen kann, setzt man hierzulande früh auf den Einsatz deutscher Synchronsprecher. Diese richten sich nach der geschlagenen Klappe, die den Beginn oder das Ende einer Filmszene markiert. Der Ton des Klappenschlages ist bei der Nachvertonung richtungsweisend, um die Dialoge im Studio sequenzunterteilt neu einzusprechen.

Um eine Tonnachbearbeitung überhaupt zu gewährleisten, muß das Verfahren zunächst vom bislang üblichen Nadelton auf den neuartigen Lichtton umgestellt werden. Diese Neuerung erlaubt eine synchronisierte Bild- / Tonpräsentation, weil der Ton direkt auf dem Filmstreifen angebracht ist. Im Kindesalter dieser neuen Erfindung ist jedoch keine separate Nachvertonung einzelner Schauspieler möglich, ganze Sequenzen müssen umständlich nachvertont werden.

Das ändert sich erst mit der Erfindung des Magnetbandes. Die Firma BASF entwickelt aus magnetisierbaren Material sogenannte Tonbänder. Das Aufzeichnungsmedium kann den Ton zunächst allerdings nur in Mono verarbeiten.

Mit Hilfe von Mehrspurrekordern werden Dialoge, Geräusche und Musik getrennt auf einzelne Tonspuren aufgezeichnet und zum fertigen Filmton zusammengemischt. Auf den Originaltonbändern muß die ursprüngliche Dialogspur dann nur noch durch die landessprachliche Fassung ersetzt werden.

Während des Dritten Reichs wird die Synchronisation bewußt zur Manipulierung und Täuschung der Zuschauer eingesetzt. Die Protagonisten des Kassenschlagers "Casablanca" aus dem Jahr 1942 werden beispielsweise in einer stark gekürzten Fassung als gewöhnliche Ganoven dargestellt, um die Umsatzchancen auf dem deutschen Kinomarkt zu erhöhen.

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg überschwemmt eine Welle fremdsprachiger Originalfassungen die deutschen Kinos. Ein Umstand, der beim heimischen Publikum auf wenig Gegenliebe stößt und den Ausbau der hiesigen Synchronisationsindustrie forciert.

Die neue Wirtschaftskraft verstärkt das Interesse der amerikanischen Filmindustrie zu Beginn der 1950er Jahre. Einige US-Filmverleiher machen aus der deutschen Synchronisation ein wohlgehütetes Geheimnis. Um die deutschen Zuschauer in dem Glauben der universalsprachlichen Fähigkeiten der Hollywoodstars zu lassen, sucht man in den Vor- und Abspännen damaliger Metro-Goldwyn-Mayer-Filme vergeblich nach den Verantwortlichen der akustischen Nachbearbeitung.

Die Digitaltechnik hat mittlerweile auch die Synchronisierung vereinfacht und verkürzt die Tonnachbearbeitung eines Spielfilmes auf wenige Tage.

Von Band oder Festplatte werden die Sätze dem Sprecher zugespielt, wobei mit Hilfe moderner Computertechnik die Sprechsequenzen mit dem Bild elektronisch verkoppelt sind. Per akustischem Signal wird dem Sprecher signalisiert, wann sein Part beginnt, während das System die Geräte immer wieder automatisch zurück an den Ausgangspunkt spult, bis die Aufnahme gelungen ist.

Eingefleischte Cineasten bemängeln seit jeher den Stimmenraub und die Verfälschung der Originaldialoge. Unter dem Strich ist das revolutionäre Verfahren der Synchronisierung jedoch als fortschrittliche Entwick-lung zu bewerten - ohne daß persönliche Fremdsprachenkenntnisse zwangsläufig dabei auf der Strecke bleiben müssen.

 

Wer spricht wen?

Viele Filmstars wurden im Laufe ihrer Karriere von mehreren deutschen Sprechern synchronisiert. Hier eine Liste von Sprechern, die sich in das Bewußtsein der einheimischen Zuschauer gebrannt haben, weil sie zur Unverwechselbarkeit des jeweiligen Leinwandhelden in Deutschland beigetragen haben:

Wolfgang Draeger spricht Woody Allen

Jürgen Thormann spricht Sir Michael Caine

Gert Günther Hoffmann spricht Sir Sean Connery

Frank Glaubrecht spricht Kevin Costner

Edith Schneider spricht Doris Day

Gerd Martienzen spricht Louis de Funès

Christian Brückner spricht Robert de Niro

Dietmar Schönherr spricht James Dean

Manfred Lehmann spricht Gerard Depardieu

Gerrit Schmidt-Foss spricht Leonardo Di Caprio

Volker Brandt spricht Michael Douglas

Petra Barthel spricht Nicole Kidman

Peter Matic spricht Sir Ben Kingsley

Walter Bluhm spricht Stan Laurel

Georg Thomalla spricht Jack Lemmon

Horst Gentzen spricht Jerry Lewis

Marion Degler spricht Sophia Loren

Klaus Miedel spricht Dean Martin

Margot Leonard spricht Marilyn Monroe

Randolf Kronberg spricht Eddy Murphy


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