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14.07.07 / Sexuelle Aufklärung war ihr Anliegen / Vor 100 Jahren kam die ehemalige Bundesministerin für (Jugend, Familie und) Gesundheit Käte Strobel zur Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-07 vom 14. Juli 2007

Sexuelle Aufklärung war ihr Anliegen
Vor 100 Jahren kam die ehemalige Bundesministerin für (Jugend, Familie und) Gesundheit Käte Strobel zur Welt
von Hans Lody

Käte Strobel gehört zu der Sorte Politiker, die heute kein Mensch mehr mit Namen kennt, aber bei der die Folgen ihres politischen Handelns bis heute noch spürbar sind. Rentenkatastrophe, Kinderarmut, auf dem Kopf stehende Alterspyramide, von der Schließung bedrohte Schulen und der Bevölkerungsexodus in weniger bevorzugten Stadtquartieren sind einige Erscheinungsformen, die unter dem verniedlichenden Begriff "demographischer Wandel" zusammengefaßt werden. Sie sind das Ergebnis einer verfehlten Familienpolitik, deren Ausgangspunkt einen Namen hat: Käte Strobel.

Am 23. Juli 1907 erblickt die Nürnbergerin als viertes von sieben Kindern des Schuhmachers Friedrich Müller und der vormaligen Köchin Anna in der Arbeitersiedlung Gartenstadt das Licht der Welt. Der Vater engagiert sich bei der politischen Linken, später auch bei deren radikaler Ausprägung, der USPD. So durchläuft auch die Tochter eine entsprechende "Karriere". Den Weg zur KPD gehen beide jedoch nicht.

1920 tritt sie in die Sozialistische Arbeiterjugend ein. Ab 1923 gehört sie dem Reichsvorstand der SPD-Jugendorganisation "Die Falken" an. 1925 erfolgt der SPD-Beitritt. Im selben Jahr wird sie Helferin bei den "Kinderfreunden", einer der Sozialistischen Arbeiterjugend nahestehenden laienpädagogischen Bewegung, und übernimmt dort bald den Vorsitz.

Beruflich ist Käte Strobel ab 1923 als Bürokraft beim bayerischen Landesverband für Obst- und Gemüseanbau tätig. Diese Tätigkeit übt sie bis 1938 aus, als sie ihr erstes Kind Traudel bekommt. 1941 folgt Ilse.

Vater beider Mädchen ist der Schriftsetzer Hans Strobel, mit dem sie seit 1928 verheiratet ist. Er ist wie sie Sozialdemokrat und nach der "Machtergreifung" kommt er mit der nationalsozialistischen Staatsführung in Konflikt. 1934 wird er wegen Vorbereitung eines Hochverrats zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und später in das Konzentrationslager Dachau überstellt, aus dem er 1937 entlassen wird. Während des Krieges dient er bei einer Bewährungseinheit. 1946 kehrt er aus jugoslawischer Kriegsgefangenschaft zurück. Währenddessen erzieht Käte Strobel die beiden gemeinsamen Töchter.

1949 gehört Käte Strobel zur ersten Garnitur der SPD und zieht in den Deutschen Bundestag ein. 1958 wird sie Abgeordnete des Europaparlaments, aber von einigen frauenpolitischen Aktivitäten abgesehen wird sie nicht auffällig, bringt es aber während ihrer Parlamentszugehörigkeit immerhin bis zur Vizepräsidentin.

Ihr Stunde kommt 1966, als sie bei der Bildung der Großen Koalition das Gesundheitsministerium übernimmt, das nach dem Wechsel von der schwarz-roten Großen zur rot-gelben Kleinen Koalition im Jahre 1969 unter ihrer Führung mit dem Ministerium für Jugend und Familie zusammengelegt wird.

Hatten sich Amtsvorgänger wie Franz Josef Wuermeling vor allem für die materielle Besserstellung von Kindern und Familien eingesetzt, waren Käte Strobel andere Sachen wichtig. "Familienplanung", Antibabypillen, ein Sexualkundeatlas und ein Aufklärungsfilm, "Helga", lagen ihr am Herzen, wobei die beiden letzten Dinge auch unter Personenkreisen Liebhaber fanden, für die sie nicht gedacht waren. Ähnliches passierte ihrem Parteifreund, dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck, als vor einigen Jahren für Schulkinder die Broschüre "Let's talk about sex" aufgelegt wurde, diese dann aber auf den Landratsämtern bei zahlreichen Rentnern reißenden Absatz fand.

Nach der Bundestagswahl 1972 schied Käte Strobel aus der Bundesregierung und dem Bundestag aus und widmete sich dann der Nürnberger Kommunalpolitik. 1978 schied sie auch aus dem Nürnberger Stadtrat aus.

Am 26. März 1996 starb Nürnbergs Ehrenbürgerin in ihrer Heimatstadt. Zwar versucht die SPD mit gelegentlichen Gedenkveranstaltungen ihrer zu gedenken, aber der Erfolg ist eher mäßig. Dabei fiel in ihre Amtsführung ein nicht zu unterschätzender Teil des "demographischen Wandels", zu dem sie das Ihrige beitrug und unter dessen Folgen wir heute noch leiden.


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