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21.07.07 / Albern, öde und sehr, sehr teuer / Gebührengrab RBB: Wie man mit viel Geld ein billiges Programm herstellt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-07 vom 21. Juli 2007

Albern, öde und sehr, sehr teuer
Gebührengrab RBB: Wie man mit viel Geld ein billiges Programm herstellt
von Markus Schleusener

Ein Anruf in der achtköpfigen (!) Presseabteilung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Es geht um das, was jeder Gebührenzahler gern einmal wüßte: Wie viele Mitarbeiter beschäftigt der Sender? Wieviel Geld steht ihm dafür jährlich zur Verfügung?

Die erste Dame hört sich die Frage an, verbindet wortlos weiter. Eine weitere Frauenstimme meldet sich. "Das kann und darf ich Ihnen nicht sagen", antwortet sie und verbindet weiter. Diesmal zu einer Männerstimme. Aber auch Rolf Kotsch, Chef der Presseabteilung, hat die Zahl nicht parat. Er ruft später zurück: Der Jahresetat betrage 385 Millionen Euro. Der Sender beschäftige 1564 Personen (Zahl der Planstellen), dazu die freien Mitarbeiter.

Das bekannteste Produkt des RBB ist das Dritte Fernsehprogramm für die Region. Die Chefredakteurin des RBB-Fernsehens, Claudia Nothelle, war in der vergangenen Woche Gastrednerin an der Freien Universität Berlin und sprach über ihre Arbeit. "Die Dritten zwischen Qualität und Quote", titelte ihr Vortrag.

Ihr Sender, so mußte sie einräumen, werde für die Zuschauer immer unattraktiver. Für die Jüngeren jedenfalls: Das Durchschnittsalter des RBB-Zuschauers liege  bei 61 Jahren. Nothelle lacht: "Wir als Dritte machen nun einmal Fernsehen für die Generation Kukident." Als Ursache vermutet sie, daß sich Junge weniger für regionale Themen interessieren als Ältere, und behauptet: "Erst wenn die Familien ‚gesettelt' (denglisch für etabliert) sind und die Kinder zur Schule, dann kümmern sich die Menschen um Regionales." Jüngere interessierten sich mehr für "Weltthemen", schließlich seien ja überwiegend junge Leute zum Demonstrieren gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm gefahren. Eine fragwürdige These.

In Wirklichkeit liefert Nothelle, ohne es zu merken, die Erklärung für die niedrigen Einschaltquoten selbst, als sie über den Erfolg der Privaten nachsinnt: "Das ist unglaublich hart, wie schnell da eine Serie abgesetzt oder nach hinten geschoben wird. Das baut einen Erfolgsdruck auf, den es bei uns nicht gibt."

Das heiße nicht, schiebt die Chefredakteurin eilig nach, daß der RBB nicht auch alles versuche, seine Einschaltquoten zu erhöhen: "Ein bißchen Quotendruck tut gut." Deswegen verfielen die Dritten zuweilen in Boulevardstil.

Jürgen Bertram hat sein gesamtes Berufsleben für das öffentlich-rechtliche Fernsehen gearbeitet. Er war Asien-Korrespondent und stellte nach seiner Rückkehr zum Lokalfernsehen in Deutschland entsetzt fest: "Als ich zurückkehrte, ging es um Fragen, wie plazieren wir wieder einen Film über Königin Elisabeth, wie bringen wir noch mehr Volksmusik ins Programm." Und weiter: "Es gibt keine Programmschiene, die sich so revolutionär, und zwar in Richtung Boulevard entwickelt hat, wie gerade die Dritten Programme. Ich meine, es führt in Richtung Boulevard und damit auch Verdummung der Zuschauer."

Es sind Ereignisse wie die RBB-Sommertour, die den Gebührenzahler zur Weißglut treiben. Da wird mit viel Gebührengeld ein billiges Programm hergestellt, das die Privaten genauso gut hätten senden können - aber umsonst.

Im Rahmen der RBB-Sommertour sendet das RBB-Fernsehen täglich live "Schlagerstars, Spiel, Spaß, Wassersport und jede Menge Tips für den Sommer in Berlin und Brandenburg". Am 4. Juli kam die "Sommertour" nach Berlin-Tegel. Vor der Dampferanlegestelle standen einige Dutzend Schaulustige, als Moderatorin Madeleine Wehle mit einem Motorboot angerauscht kam. Danach wurden Gewinnspiele mit Zuschauern aufgeführt: Sachen aus dem Tegeler See angeln und derlei. Außerdem berichteten die Moderatoren über die Qualität der Küche eines der Ausflugsdampfer. Die wenigen Zuschauer dürften sich reichlich gelangweilt haben.

Trotzdem war dem RBB diese Sendung einen Riesenaufwand wert: Um den ganzen Zirkus live veranstalten zu können, mußten 21 Lastwagen und Busse die teure Ausrüstung an den See bugsieren. Weitere 13 Personenwagen holten das zahlreiche Personal. Ein privater Fernsehsender hätte eine Produktionsfirma beauftragt, die vermutlich kaum mehr als einen Lkw und zwei, drei Personenwagen benötigt hätte. "Quote und Qualität sind kein Widerspruch", doziert Claudia Nothelle. Leider bringen alberne Gewinnspiele und öde Dampferfahrten weder das eine noch das andere.


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