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21.07.07 / Doppelspitze gekappt / Das vorläufige Ende einer deutsch-französischen Ehekrise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-07 vom 21. Juli 2007

Doppelspitze gekappt
Das vorläufige Ende einer deutsch-französischen Ehekrise
von Jean-Paul Picaper

Frau Merkel muß, ob sie es will oder nicht, ihre beliebte Politik der kleinen Schritte dem Eiltempo ihres französischen Partners anpassen. Denn Monsieur Sarkozy hat es stets eilig. Aber sie mag wie er gordische Knoten schneiden. Deswegen haben beide am letzten Montag in Toulouse nach einer monatelangen Ehekrise zwischen Deutschen und Franzosen eine tragbare Lösung für EADS, den deutsch-französischen Flugzeugträger des europäischen Fliegers Airbus, gefunden. Deutsch-französisch, also Trikolore mit Schwarz-Rot-Gold vereint, mit einem Tüpfelchen spanischen Goldes verchromt, das bleiben freilich die Farben des im Oktober 1999 von der französischen Aerospatiale-Matra, von der deutschen Dasa und von der spanischen Casa (nur 5,44 Prozent des Kapitals) gegründete Unternehmens, aber die deutsch-französische Doppelspitze taugt nicht mehr zum Credo des Konzerns. EADS-Airbus arbeitet jetzt nach dem Prinzip: getrennt marschieren, vereint schlagen. Wer soll der Gegner sein? Der Amerikaner Boeing natürlich.

Die Deutschen können zufrieden sein. Zu ihren Gunsten hat "speedy Sarko" entsprechend seiner Methode der Verteilung von Pöstchen an "das andere Lager" mit dem derzeitigen Vorstandsmitglied von Daimler-Chrysler (15 Prozent des Kapitals) Rüdiger Grube einen deutschen EADS-Aufsichtsratvorsitzenden zugestimmt und den französischen Industriellen Arnaud Lagardère (12,5 Prozent) gebeten, dem Deutschen diesen Posten zu überlassen. Außerdem bekommt Tom Enders, der ehemalige Bundeswehr-Fallschirmjäger und Spitzenmann aus der deutschen Industrie, den Vorsitz der Luftfahrtfiliale Airbus. Nachdem Enders erpresserische Manöver der Franzosen in der "FAZ" öffentlich gemacht hatte, kann man schon seine Beförderung in dieses Amt als ein erstaunliches Wohlwollen von Paris betrachten. Überall hieß es: Enders ist ausgerastet, er hat sich die Flügel verbrannt. Ganz im Gegenteil hat er damit einen Läuterungsprozeß ausgelöst. Anders als sein Vorgänger Chirac (und als viele Franzosen) mag Sarkozy Menschen, die Klartext reden. Auch er nimmt kein Blatt vor den Mund. 

Immerhin behalten die Franzosen einen Löwenanteil, denn Louis Gallois, der ehemalige Retter der französischen staatlichen Eisenbahnen SNCF, der im Juli 2006 als Notarzt ans Bett des kränkelnden EADS-Konzerns gerufen worden und seitdem sowohl EADS- als auch Airbuschef war, bekommt für die nächsten fünf Jahre den Vorsitz des Mutterkonzerns EADS und hat damit alle Vollmachten für die Personalpolitik.

In den letzten Monaten war eine andere Aufteilung der Aktivitäten im Gespräch. Da die Franzosen sich zu Recht oder Unrecht als Urheber der Luftfahrt sehen, sollten sie die Führung von Airbus und die Deutschen in ihrer klassischen Rolle als Kanonen- und Panzerbauer den Sektor Rüstungsindustrie des Konzerns erhalten. Es gilt nunmehr als eine ausgesprochene französische Konzession, daß sowohl der schöne Vogel Airbus als auch die Eurocopter-Hubschrauber (Lutz Bertling) und die Verteidigungsindustrie (Stefan Zoller) jetzt fest in deutschern Hand sind. Das gefällt nicht allen. Der sozialistische Airbus-Gewerkschaftsführer Jean-François Knepper prangert an, daß "es den Deutschen nach zähen und zermürbenden Verhandlungen im Laufe der 35 Jahre Airbus- und der sieben Jahre EADS-Lebenszeit gelungen ist, sich der europäischen Luftfahrt- Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie zu bemächtigen".

Möglich, daß Sarkozy erfahren hat, daß der Urvater vom europäischen Airbus-Konzern Franz Josef Strauß gewesen ist. Mag auch sein, daß er über die antifranzösischen Hitzewelle in den deutschen Medien informiert worden ist und sie abwenden wollte: "Der freche Nachbar" war der Aufmacher und "Das nervt" der Leitartikel der "Wirtschafts-Woche" überschrieben; eine "Belastungsprobe für die deutsch-französische Freundschaft" kündigte "Die Welt" an; "Merkel stellt sich offen gegen Sarkozy" stellte der "Tagesspiegel" fest. Gar nicht erfreulich und wenig konstruktiv! Das ist nun erledigt.


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