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21.07.07 / Alte Rechnungen / Rumänien macht seinem ehemaligen Präsidenten den Prozeß

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-07 vom 21. Juli 2007

Alte Rechnungen
Rumänien macht seinem ehemaligen Präsidenten den Prozeß
von Ernst Kulcsar

Dem rumänischen Alt-Präsidenten Ion Iliescu ist von rumänischen Staatsanwälten die Anklageschrift im Zusammenhang mit vier Todesfällen am 13. Juni 1990 bei der dritten   Mineriade, dem Marsch der Bergarbeiter, überreicht worden. In einem weiteren Verfahren ist Ilieascu wegen Verbrechen gegen die Menschheit, Untergrabung der Staatsgewalt und der Volkswirtschaft, illegaler Freiheitsberaubung und Beihilfe zur Anrichtung von Sachschaden angeklagt. Ion Iliescu muß bei einer Verurteilung lebenslang hinter Gittern.

Zuerst war es nur wie ein Raunen im rumänischen Blätterwald, doch nun ist das Raunen zu einen heftigen Sturm angewachsen.

Die Tinte auf der Ernennungsurkunde Iliescus zum Präsidenten Rumäniens war 1990 kaum getrocknet, da erinnerten sich die Rumänen, daß er einer der ersten Paladine Ceausescus war, wenn auch vorübergehend in Ungnade gefallen, und sie muckten auf. Da die Polizei praktisch zusammengebrochen war, die Securitate-Truppen in Auflösung, erinnerte sich der vom Volk gewählte Iliescu der Speerspitze des Arbeiterheeres, der Bergarbeiter. Im Januar und Februar wurden sie aus den großen Kohlebecken im Schiltal nach Bukarest gekarrt und verbreiteten mit Knüppeln, Fäusten und den Schlachtrufen "Wir arbeiten, wir denken nicht" und "Tod den Intellektuellen" Angst und Terror. Das nütze nicht viel. Zahlreiche Bürger errichteten Zelte auf dem Platz vor der Universität, die Studenten besetzten ihre Uni, traten in den Hungerstreik. Am 13. Juni kam es wieder zu provozierten Zwischenfällen mit über 1200 Verhaftungen. Der Universitätsplatz wurde besetzt, Zeitungsredaktionen verwüstet, es gab einen Marsch auf das Innenministerium, wobei vier Personen erschossen wurden.

Präsident Iliescu reagierte wie jeder "demokratische" Präsident in Südamerika reagiert hätte. Erneut erinnerte er sich seiner Truppen in Schiltal und organisierte laut BBC generalstabsmäßig ihren Marsch auf Bukarest. Die erste größere Gruppe Bergleute, rund 6000 Mann, traf am 14. Juni in Bukarest ein, zu den Kumpeln gesellten sich weitere 6000 Kampfbereite aus der Umgebung Bukarests, bis zum Schluß waren es 20000 "Retter der gefährdeten Nation", die bis dahin geglaubt hatten, ein demokratisches Regime gewählt zu haben.

Ion Cozma, der "Führer" der Bergarbeiter, wurde daraufhin zu 18 Jahren Haft verurteilt, aber von Iliescu kurz vor seiner Abwahl begnadigt. Wegen Massenprotesten nahm Iliescu einen Tag später die Begnadigung zurück.

Der Prozeß gegen Iliescu ist 15 Jahre verschleppt worden. Er behauptet heute noch, die Mineriade sei Ausdruck eines staatsbürgerlichen Bewußtseins der Kumpel. Die Bürger Rumäniens sehen das anders. "Der KGB-Iliescu und seine Camarilla machen sich nicht nur des Völkermordes an der rumänischen Jugend vom Dezember 1989 und den Morden der Mineriade schuldig, sondern am Verrat der Rechte und Interessen Rumäniens", so ein Leserbrief.

Vor allem machte er sich an der Ausbreitung einer tiefen Hoffnungslosigkeit der Rumänen schuldig: Die Bevölkerung geriet aus dem Regen der Ceausescu-Diktatur in die Traufe der Iliescu-Demokratie. Mehr Pech kann ein Volk nicht haben.


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