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28.07.07 / Raffinesse & Eleganz / Schloß Charlottenburg zeigt königliche Porzellane des frühen 19. Jahrhunderts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-07 vom 28. Juli 2007

Raffinesse & Eleganz
Schloß Charlottenburg zeigt königliche Porzellane des frühen 19. Jahrhunderts

Die schönsten Franzosen kommen aus New York." Ganz bestimmt, ebenso aber auch die zierlichsten Französinnen, die galantesten Wiener, die reizendsten Wienerinnen und eine ganze Reihe schillernder Nilpferde - alle in Porzellan. Nicht nur das New Yorker Metropolitan Museum zeigt seine Schätze in Berlin, sondern auch der Sammler Richard Baron Cohen. Die von dem amerikanischen Unternehmer mit dem verwunderlichen zweiten Vornamen Baron gesammelten Kostbarkeiten bilden die weltweit bedeutendste Sammlung europäischer Porzellane des Empire und Biedermeier, die ab Sonnabend erstmals öffentlich zu sehen sein wird - im Schloß Charlottenburg.

Die Ausstellung "Raffinesse & Eleganz. - Königliche Porzellane des frühen 19. Jahrhunderts aus einer amerikanischen Privatsammlung" verspricht ein ganz besonderer Augenschmaus zu werden. Nie zuvor ausgestellte Entwurfszeichnungen des KPM-Archivs ergänzen die hochkarätige Auswahl an Vasen, Tafel- und Kaffeeservicen aus den Manufakturen von Wien, Berlin und Sèvres. Sie machen nicht zuletzt auch den großen Aufwand deutlich, der für jedes einzelne Porzellan betrieben wurde.

Fast alle Exponate dienten dereinst als königliche und kaiserliche Geschenke, sei es für den Vizekönig von Ägypten, den Komponisten Gioacchino Rossini oder die Herzogin von Montebello, zuvor Geliebte Napoleons. Raffinierte Vergoldungen, augentäuschende Kameomalereien und zarteste Blumen veredeln die elegant geformten Gefäße.

In zweimonatiger Arbeit entstanden für jedes einzelne Stück maßgefertigte Futterale für den Transport. Die großen, aus mehreren Teilen bestehenden Vasen - wie beispielsweise die 137 Zentimeter hohen Berliner Vasen, ursprünglich angefertigt als Paradestücke für die Weltausstellung in Paris 1855 - wurden hierfür zerlegt. Skizzen von der Montage gewährleisten, daß sie in Charlottenburg wieder korrekt aufgebaut werden konnten. Ebenso wurden vergoldete Bronzehenkel abmontiert. Auch die teilweise empfindlichen Bemalungen der Porzellane verlangten einen umsichtigen und erfahrenen Umgang. Vor allem die zarten Vergoldungen mit ihrem virtuosen Wechsel von polierten und matten Partien müssen behutsam gehandhabt werden, da jeder Kratzer sofort sichtbar und nicht mehr korrigierbar ist. Bei bleibenden Schäden, etwa unachtsam durch einen Fingerring ausgelöst, tröstet auch die höchste Versicherungssumme nicht, denn ein Sammler wie Richard Baron Cohen liebt seine Werke mehr als jedes Geld.

Zu den besonderen Kostbarkeiten gehört das 155 Teile umfassende Hippopotamus-Service. Dieses Tafelservice, bei dem jedes einzelne Teil mit einem anderen Nilpferd bemalt ist, wurde in den vergangenen drei Jahren in der königlichen Porzellan-Manufaktur Royal Copenhagen exklusiv für den Sammler geschaffen. Zur Beschaffung von Vorlagen hatte er eine Fotografin ein Jahr um den Globus geschickt, damit sie in den Zoos der Welt Porträts dieser charaktervollen Tiere aufnehmen konnte.

Immer wieder gibt es auf den Exponaten gemalte Geschichten zu entdecken, die beste Unterhaltung versprechen: ein Pferderennen in Paris um 1811, hüftenschwingende Tänzerinnen auf Haiti 1821, die Entdeckung der Eisinseln durch Captain Cook oder gar ein Überfall auf Wanderer im Schwarzwald. Porzellanliebhaber werden vor allem begeistert sein, einzelne Stücke aus den verschiedenen Manufakturen miteinander zu vergleichen. Nur durch genaues Beobachten und Vergleichen ist herauszufinden, welche Blüten beispielsweise in welcher Manufaktur gemalt worden sind. Wenn auch die Geheimnisse der Manufakturen sorgsam gehütet wurden, so gab es dennoch zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen engen Austausch der Direktionen. Zuvor war es vornehmlich durch kriegerische Umstände zwangshalber zu engeren "Begegnungen" gekommen.

"Als 1814 die alliierten Truppen in Paris einmarschierten, war man in Sèvres gerade dabei, die zweite Auflage des ,Service iconographique grec' zu bemalen", erzählt Samuel Wittwer, Kustos der Keramischen Sammlungen und des KPM Archivs sowie Kurator der Ausstellung. "Möglicherweise war es einer der preußischen Offziere, die auch in Sèvres waren, der drei Teller daraus mit den Köpfen von Homer, Achill und Omphale nach Berlin brachte. Noch im gleichen Jahr kopierte der Malerei-Vorsteher Gottfried Wilhelm Völcker die Teller; zwei davon werden in der Ausstellung zu sehen sein."

Die Verpackungen für die Porzellane mit imperialen Kameen-Imitationen, faszinierenden Mikromosaik-Malereien oder duftig gemalten Blumenteppichen müssen auch deshalb solide gebaut sein, weil die Reise nicht nur an die Spree geht. Begleitet von einem nahezu 500 Seiten starken, mit mehr als 600 farbigen Abbildungen illustrierten Katalog aus dem Hirmer Verlag, München, in einer deutschen und einer englischen Ausgabe, werden die Schätze ab 15. November bis 11. Februar 2008 im Liechtenstein Museum in Wien und vom 9. September 2008 bis 19. April 2009 im Metropolitan Museum New York zu bewundern sein.           spsg / os

Die Ausstellung "Raffinesse & Eleganz - Königliche Porzellane des frühen 19. Jahrhunderts aus einer amerikanischen Privatsammlung" im Schloß Charlottenburg, Neuer Flügel, ist täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr zu sehen, Eintritt 6 / 4 Euro, 28. Juli bis 4. November.

Foto: Edles Porzellan erzählt Geschichten: Pokal mit Darstellung der Schiffe von Captain Cook in der antarktischen See (Wien, 1828; Sammlung Richard Baron Cohen, New York)


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