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28.07.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-07 vom 28. Juli 2007

Amokradler / Was haben eigentlich die "normalen" Radfahrer genommen? Warum leben wir noch? Und woher hat Sarkozy den Lorbeer?
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Schneller und immer schneller rasen sie durch Frankreich, die Giftfeldküche immer dabei. Nichts hält sie auf, nur eine Kleinigkeit ist in einer der Injektionsnadel-engen Kurven im Graben gelandet: der gute Ruf der "Tour de France" und mit ihm der des gesamten professionellen Radsports. Patrick Sinkewitz erwägt, die "Kronzeugenregelung" in Anspruch zu nehmen. Bei der kommt ein Lausbube halbwegs ungeschoren davon, wenn er alle anderen Lausbuben ans Messer liefert.

So eine Art Harakiri für die Ganovenehre also, nur daß eben andere bei der Entleibung draufgehen. Wahnsinnig spannend so was, weshalb nun alle (außer denen, die zittern müssen) voller Erwartung auf den Radprofi starren  wie auf das Orakel von Delphi, wo man bislang nur dunkel geahnte Wahrheiten im ganzen Satz serviert bekommt, wo Drahtroß und Reiter genannt werden.

Das Volk liebt solche Schlachtfeste: Guck mal, der also auch! Nein-oh-nein! Der Pranger hat nichts von seinem Reiz eingebüßt, leider aber auch nichts von seiner Ungerechtigkeit. Was wir doch für Heuchler sind!

Fahrrad-Club-Präsident Rudolf Scharping (ja, genau der, den Sie meinen) sorgt sich nun öffentlich um den "guten Ruf" des dopingfreien Sportlers, der sein Rad nur zur zusätzefreien Ertüchtigung benutze. Hah! Daß wir nicht lachen! Wer mit diesem selbstgerechten Stuß aufräumen will, muß nur mal für einen Tag zu Fuß durch eine deutsche Stadt schlendern und den Schwärmen von Otto-Normal-Radlern beim Amokfahren zuschauen. Wie beinahe unsichtbare, geräuschlose Todesengel rauschen sie heran, schießen mit Tempo Sonstwas durch die Straßen, über Gehwege und farbenblind über alle Ampeln.

Wie böse Gespenster leben sie nicht in unserer Welt, sondern in einer parallelen Dimension. Dort haben die Regeln des Diesseits, vulgo "Straßenverkehrsordnung"  keine Gültigkeit. Uns verschüchterten Menschlein bleibt bei Begegnungen der zweirädrigen Art nur die panische Flucht auf Baumscheiben, zwischen parkende Autos oder in Hauseingänge.

Dabei sollen wir nie vergessen, daß das, was da wie Wodans Wilde Jagd unterwegs ist, einst ganz normale Menschen waren. Und sein wir doch mal ehrlich: Die fatale Metamorphose vom Menschen zur rasenden Zweiradfurie kann unmöglich ohne gefährliche Nahrungszusätze zustande gebracht sein. Von Milram-Frischkäse wird man nicht so.

Wann hat die Epidemie des Amokradelns eigentlich eingesetzt? Früher waren Radfahrer doch ganz gemütliche Zeitgenossen mit Mütze, lustigen Blechklammern um die Hosenbeine und Einkaufskorb vorm Lenker. Ja, aber dann kam Öko! Seit den 80er Jahren verstehen sich zahllose Zweiradfahrer als weltrettende Kreuzzügler, denen          unsportliche Fußgänger und erst recht umweltzerstörende Pkw-Pester moralisch nicht das Wasser reichen können.  Seitdem suchen sie uns heim und bestrafen uns.

Moralische Reinheit mit gesellschaftlichem Erziehungsauftrag ist eine Droge, gegen welche selbst die Mittelchen des Doktor Fuentes keine Marktchance haben. Zumal im Land der Mahnmale, wo Belehrung und Bestrafung der ethisch Fleckigen höchstes Ansehen genießen.

Wer hier erstmal am Pranger steht, kommt da so schnell nicht wieder weg. Die "Bild"-Zeitung  listet in der Serie "Der Vattenfall des Tages" Störfälle in deutschen Atomkraftwerken auf. Manche liegen schon Jahre zurück. Nach Lektüre einiger Vattenfälle hält man sich unweigerlich den Puls und traut seinem Tastsinn nicht. Was? Ich lebe noch?

Kaum zu glauben, denn nach dem Bild, an welchem die Medien seit Wochen akribisch herummalen, wissen wir genau, wie es in den deutschen Brennstabhöllen aussieht: Debile Draufgänger kauen auf kaputten Dübeln, wissen entweder gar nicht, wo sie sind oder springen plötzlich neugierig auf und behindern sich gegenseitig bei der schlechten Arbeit - wie die Schaulustigen bei den Rheinhochwassern. Die Atomgegner durchleben eine Zeit wunderbarer Leichtigkeit. Vorbei die Tage, als sie schimpfen und argumentieren oder regennaß vor den Eingangstoren neuer Meiler ausharren mußten. Jetzt reicht es laut "Hoho" zu rufen, und der Atomlobbyist stürzt in den Schlund der Lächerlichkeit.

Sigmar Gabriel löffelt den Kelch der Gelegenheiten aus bis zum Grund und agiert, als sei Rot-Grün gänzlich ungeschoren durch die Wahlen von 2005 geschritten. Lässig wie ein gefürchteter Revolverheld schreitet der Umweltminister durchs Atomland und spielt grinsend am Abzug des Lizenzentzugs für Kernkraftwerke.

Abdrücken darf er eigentlich gar nicht, Lizenzentzug geht so einfach nicht, sagt das Gesetz. Aber allein die Drohgebärde ist dermaßen imposant, daß sie dem Gabriel unheimlichen Spaß macht. Wie gern säße jetzt Jürgen Trittin noch am Abzug. Der Grüne ärgert sich vermutlich schwarz, daß das jetzt alles der dicke Sozi aus Hannover auskosten darf.

Seit Studententagen in Göttingen fieberte der gelernte Kommunist Trittin dem großen Tag entgegen, an dem er es der deutschen Wirtschaft mal so richtig zeigen kann. Und nun muß er zugucken, wie Gabriel den Lorbeer einfahren und die Energieversorgung des Landes in den Wind schreiben darf. Den Wind, der von 2020 an unsere Versorgungssicherheit garantiert und daher nach Abschaltung des letzten AKW nicht mehr unzuverlässig mal hier, mal da bläst, sondern dauerhaft und flächendeckend mit Stärke drei bis vier.

Lorbeer ist halt ein begehrtes Gewürz, das in keiner guten Küche fehlen darf. Wer wüßte das besser als die Franzosen. Präsident Sarkozy hat daher beträchtlichen Bedarf für die edlen Blätter und sucht die ganze Welt nach ihnen ab, wobei er auch gern andere für sich arbeiten läßt.

Wie jetzt in Libyen. Endlose Monate lang hatte der deutsche Außenminister zusammen mit EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner um die Freilassung der bulgarischen Krankenschwestern gerungen.

Am 10. Juli endlich der Durchbruch: Die eben noch vom Tode Bedrohten kommen frei. Wir konnten uns vorstellen, was da in Tripolis los war, welche Erleichterung. Doch heute wissen wir noch mehr, nämlich auch, was gleichzeitig in Paris vor sich ging. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ließ, als der von dem Triumph hörte, seine Frau sofort Koffer packen: Ab nach Libyen, Lorbeeren ernten, ma chère!

Wenige Tage später nahm Madame Sarkozy nach ihrem Zwischenstopp in Tripolis in Sofia huldvoll den Jubel und die Dankbarkeit der Bulgaren und der ganzen Welt für ihren großen Ernteerfolg entgegen. Danach trug sie den Siegerkranz nach Paris. Am Werderschen Markt in Berlin biß derweil ein weißhaariger Mann in seine Schreibtischkante. Frank-Walter Steinmeier weiß, daß er betrogen wurde und daß so eine Gelegenheit so schnell nicht wiederkommt.

Da haben es Trittins Grüne zu ihrem Glück besser, ihre nächste Chance naht unaufhaltsam. Wir hatten schon berichtet, wie sich Hamburgs CDU hübsch macht für die Anti-Atom-Partei als künftigen Koalitionspartner. Jetzt haben die Alster-Unionisten mit Blick auf die Landtagswahl im Februar noch einen dicken Strich grüner Farbe nachgetragen: Alle öffentlichen Gebäude der Hansestadt sollen "atomfrei" werden und nur noch regenerative Energie verbrauchen.

Wo die herkommen soll? Nun, wie wir wissen, wurde die Hansestadt einst auf dicken Holzpfählen errichtet, zwischen die man Kuhmist stopfte. Ja wirklich, die alte Metropole wurde buchstäblich auf Es-Ce-Ha gebaut!

Luftdicht abgeschlossen ist die Pampe ja vielleicht noch frisch und kräftig am Gasen, da müßten die Hamburger nur Löcher in den Kellerboden bohren und das Biogas strömt ganz von selbst. Damit wäre nebenbei ein weiteres, explosives Argument für ein striktes Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden gefunden.


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