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04.08.07 / Zuschauer sind die Doping-Lügen leid / Nach der Tour de France werden die Olympischen Spiele in Peking zur großen Bewährungsprobe des Sports

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-07 vom 04. August 2007

Zuschauer sind die Doping-Lügen leid
Nach der Tour de France werden die Olympischen Spiele in Peking zur großen Bewährungsprobe des Sports
von Klaus Apfelbaum

Der Schock sitzt bei den Tour-Veranstaltern tief, aber wohl kaum wegen der peinlich vielen Doping-Fälle anno 2007. Nicht erst seit der Festina-Skandalrundfahrt von 1998 ist offenkundig, daß die Höchstleistungen bei dem berühmtesten Radrennen der Welt medizinischer Nachhilfe zu verdanken sind. Was das Unternehmer-Kartell aus Sportlern, Sportfunktionären, Sponsoren und Medien wirklich getroffen hat, ist der „Wankelmut“ der Sport-Konsumenten: Sie wollen sich nichts mehr vormachen lassen, auch nicht von den angeblichen Doping-Kontrolleuren. Das Publikum hat doch eine feine Nase für Betrug.

Ökonomisch nüchtern betrachtet ist die Tour de France ein Unternehmen mit 130 Millionen Euro Umsatz und einem beruhigenden Nettoertrag von zehn Millionen. Wenn alles gut geht, kommt noch ein Vielfaches an Folgeerträgen aus Werbung und Sportartikelverkauf hinzu. Nach dem harten Schnitt von 2007 wird es damit vorbei sein. So viel Geld steht auf dem Spiel, und jetzt sind auch noch Geschäfte in ganz anderen Dimensionen bedroht: Die Uhr läuft schon für das bisher größte Sportspektakel aller Zeiten, die Olympischen Sommerspiele 2008 in Peking.

Sponsoren sind keine Gönner - die Zeiten sind lange vorbei, in denen aus Pflichtgefühl oder lokaler Verbundenheit Vereine und Sportler gefördert wurden. Die Marketingabteilung der großen Markenhäuser kalkulieren sehr genau, was Image und Umsatz bringt - die Tour de France ist für einige Zeit aus dem Rennen.

Auch bei ARD und ZDF - nur daß der Ausstieg der öffentlich-rechtlichen Sender nach der zehnten Etappe der Doping-Blamage alles andere als eine sportliche Entscheidung war, zu tief stecken auch die Sender im Sportgeschäft aus Übertragungsrechten und schleichender Werbung: Warum müssen ARD- und ZDF-Reporter bei jeder Gelegenheit die ganze Werbekette durchbuchstabieren - von der HSH-Nordbank-Arena (vormals Volksparkstadion) bis zur Allianz-Arena, dem Münchner Stadion. Warum müssen sie stets das Volvo-Turnier auf den ersten beiden Silben betonen und den Mercedes-Cup verbal abarbeiten? Die Antwort: Weil sie mit von der Partie sind und sich mit der Übernahme der Senderechte auf diesen Werbezirkus verpflichtet haben. Altgeübte Fernsehzuschauer erinnern sich noch an den abendfüllenden Streit um Bandenwerbung in Fußballstadien (eine richtlinientreue TV-Anstalt ließ deswegen die Kameras auf der Gegentribüne aufbauen) und die Diskussion, daß die Werbeschrift auf den Trikots so klein sein mußten, daß sie von den Kameras nicht eingefangen werden konnten - heute sagen Moderatoren freiwillig die Werbetexte auf, und das nicht nur bei werbefinanzierten Privatsendern.

In zwölf Monaten beginnen die Olympischen Spiele in Peking - keine Chance mehr, ausreichende Dopingkontrollen zu organisieren, an die die Sport-Zuschauer auch glauben könnten. Wenn sich - wie jetzt bei den Radfahrern - erst einmal der Gedanke festgesetzt hat, daß die sportlichen Höchstleistungsgrenzen der Menschen erreicht sind, verliert jede Rekordjagd schnell ihren Reiz - jedenfalls was den Sport nach anerkannten Trainingsmethoden betrifft. Nach dem Tour-de-France-Schock herrscht nun die große Sorge, daß Pharma-Sportler mit ihren Doping-Tricks auch die Freude an Olympia 2008 verderben könnten - hier stehen Milliarden auf dem Spiel, und nur rigorose Kontrollen könnten Vertrauen schaffen.

Aber China, das viele schon als das neue Mutterland der chemischen Leistungsförderung sehen, bietet keinerlei Gewähr. Experten halten das Land für unkontrollierbar - einmal den besten Willen aller Beteiligen unterstellt. Jeder Kontrolleur braucht ein Visum, muß seine Besuchsziele lange vorher anmelden und hat in einem Land mit kontinentalen Ausmaßen und beschwerten Reisemöglichkeiten keine Chance für Überraschungstests - Sportler, die sich Wochen vor den Wettkämpfen in China „akklimatisieren“ wollen, sind weit vom Schuß.


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