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04.08.07 / Wat?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-07 vom 04. August 2007

Wat?
Von Harald Fourier

Um es vorwegzunehmen - Berlin ist eine wundervolle Stadt. Ich lebe gern hier. Aber deswegen leide ich nicht unter Realitätsverlust wie so manch ein Kollege, der die Stadt neuerdings über den Klee lobt …

Die „Berliner Morgenpost“ hatte folgende gute Idee: Sie ließ einen Reporter als Engländer durch die Stadt marschieren. Der Mann tat so, als spräche er kein Wort Deutsch. Zweck der Übung war, herauszufinden, wie freundlich und hilfsbereit die Berliner sind, wenn ihnen ein Tourist begegnet.

Laut „Morgenpost“ haben die Testpersonen alle super reagiert. Der Taxifahrer sagte dem Fahrgast, wie er zu Eisbär Knut kommt („The Polarbär is there“) und der Imbißbudenbesitzer erklärte dem getarnten Reporter auf seine Nachfrage hin, wo er einen Döner Kebab („German Delicacy“ = deutsche Delikatesse) bekäme. Er hat nicht mal den Versuch unternommen, ihm eine von seinen Currywürsten anzudrehen. Berlin sei die „Hauptstadt der Freundlichkeit“, bilanziert die Tageszeitung von der Spree.

Als ich das gelesen hatte, habe ich mich schon gefragt, ob das Blatt diesen Test vielleicht in einer anderen Stadt gemacht hat. Sicherlich ist der gemeine Berliner fremden Gästen gegenüber nicht automatisch unfreundlich - und damit besser als sein Ruf. Aber ganz so überoptimistisch, wie die Zeitung es geschildert hat, ist es nun auch wieder nicht.

Da ist die Verkäuferin beim Bäcker, die jedes Mal bei einer Bestellung laut „Wat?“ brüllt und mich dabei anstarrt, egal wie laut ich sie anspreche. Sie ist für mich der Prototyp des unfreundlichen Personals. Käme ein Engländer als Kunde in diese Bäckerei, er würde vor Furcht zusammenzucken angesichts dieses Kasernenhoftons.

Ein Berliner, der mit offenen Augen durch seine Stadt geht, erlebt regelmäßig solche Szenen, auch im Umgang mit Touristen. Der Gipfel aus Sicht eines Briten wäre wahrscheinlich diese Bedienung in einem Spandauer Ausflugslokal, bei der ich einen Grünen Tee bestellt hatte. Sie brachte mir einen Pfefferminztee. Als ich sagte, ich hätte einen Grünen Tee bestellt, antwortete sie „Wat woll’n se denn? Der ist doch grün.“

Da gibt es diesen Werbefilm einer bayerischen Brauerei: Eine freundliche Bedienung im Dirndl nimmt von ihren indischen Gästen folgende radebrechende Bestellung auf: „Wir möschten diesän Täppich niescht kaufen.“ „Iss schoah recht so“, murmelt sie freundlich, und bringt das gewünschte Weißbier.

Ich weiß nicht, ob ich so eine Bedienung im Englischen Garten in München treffen kann. In Berlin jedenfalls - so viel steht fest - müßte ich ziemlich lange nach ihr suchen.


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