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04.08.07 / »Misker Gold« / Pilzzeit in der Heimat

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-07 vom 04. August 2007

»Misker Gold«
Pilzzeit in der Heimat
von Kurt Zwikla

Unser schönes masurisches Heimatdorf war Misken im Kreis Johannisburg, an das ich auch heute noch, mit über 80 Jahren, sehr oft und gern zurückdenke. Unser Dorf war von großen Kiefernwäldern, Wiesen, Feldern und Seen umgeben, ein Naturparadies. Die Wälder unserer Heimat lieferten natürlich neben Bau- und Brandholz auch andere lebenswichtige Naturalien. Im Sommer gingen die Dorfbewohner in den Wald, um Pilze und Blaubeeren zu sammeln und um mit dem Erlös die Haushaltskasse aufzubessern.

Doch beim Verkauf der Pilze und Blaubeeren gab es Schwierigkeiten, denn die nächste Ankaufstelle war im 25 Kilometer entfernten Lyck. So entschloß sich mein Vater, auf unserem Hof eine Pilzankaufstelle einzurichten. Er nahm mit einem Pilzhändler, Herrn Scheyko aus Königsberg, Kontakt auf, der ein paar Tage später bei uns erschien. Als er die großen Wälder sah, witterte er ein gutes Geschäft. Der Transport der Ware wurde besprochen und mit einem üblichen Handschlag besiegelt.

Gleich teilte mein Vater den Pilzsammlern die Neuigkeit mit, daß sie nicht mehr nach Lyck fahren müßten, sie könnten die Pilze bei uns in der Scheune abgeben und auch gleich das Geld in Empfang nehmen. Die Pfifferlinge kosteten damals in normalen Sommern 25 bis 30 Pfennig, gab es sehr viele, dann nur 15 Pfennig das Pfund. Meine Brüder und ich mußten die Körbe fein säuberlich füllen und auf den Wagen laden. Dann brachte mein Vater sie nach Drigelsdorf zur Bahn.

Das Geschäft florierte. So kaufte mein Vater auch die Pilze in drei Nachbardörfern auf. Morgens ging eine Sendung von Drigelsdorf nach Berlin und nachmittags eine nach Königsberg. Eines Tages bekam mein Vater einen Auftrag von einer Kosmetikfirma aus Königsberg, die Salben herstellte. Er sollte drei bis fünf Zentner Champignons liefern. Vater freute sich sehr über diesen Sonderauftrag, und ein paar Tage später waren die Champignons nach Königsberg unterwegs. Die Firma bedankte sich sehr für die prompte Lieferung.

Als wir Misker 1980 die erste gemeinsame Busfahrt nach Johannisburg unternahmen, bekamen wir gleich am esten Abend gebratene Pfifferlinge serviert. Für die Heimreise wurden einige Körbchen Pilze und Blaubeeren mitgenommen, um den Ostpreußen eine Freude zu machen, die an dieser Reise nicht teilnehmen konnten. Sicher werden sich noch viele Landsleute an die Pilzzeit in Ostpreußen erinnern.


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