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11.08.07 / »Euter der Kühe und nicht Busen der Mägde« / Vor 270 Jahren entstand eine preußische Butterakademie / 100 Taler und einen Ehemann für die besten Schülerinnen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

»Euter der Kühe und nicht Busen der Mägde«
Vor 270 Jahren entstand eine preußische Butterakademie / 100 Taler und einen Ehemann für die besten Schülerinnen
von Karel Chemnitz

Im Dezember 1779 erreichte eine geharnischte Beschwerde das Dorf Königshorst im Havelluch. Der kleine Ort liegt bei Nauen westlich von der Hauptstadt. Das Schreiben stammte vom Hof in Berlin. Darin hieß es auf Behörden-Deutsch: „... das seine hiesige Butter des Königs Majestät mißfallen hätte und man von selbiger sagen wolle, daß die hiesige Butter nicht mehr so gut als sonst gemacht werde befunden worden.“

Friedrich der Große soll sich damals zu jenen markigen Worten hinreißen lassen haben: „Wenn sich die Beamten und Lehrmeister mehr um den Busen der Mägde und der Bauerntöchter als um das Euter der Kühe kümmern, dann soll sie der Teufel holen!“

Immerhin bezog die preußisch-brandenburgische Hofküche im Wirtschaftsjahr 1749 mehr als 3500 Pfund Butter aus dem Amt Königshorst, dem man zu DDR-Zeiten den Namen Friedenshorst verpaßte. 

Die Idee mit der Butterei stammt von Friedrichs Vater. Von Friedrich Wilhelm I., der als „Soldatenkönig“ in die Geschichte eingegangen ist. Gewiß gehörte Kommandieren innerhalb und außerhalb der preußischen Armee zu dessen Lieblingsbeschäftigungen, aber auch als Landwirt war er erfolgreich. Immerhin lebten im frühen 18. Jahrhundert  etwa 80 Prozent der Untertanen auf dem Dorfe. Vor allem von deren Arbeit existierte das Land. Ein Königreich mit einer Armee von 75000 Soldaten bei einer Einwohnerzahl von knapp drei Millionen war zu versorgen. Die Anbauflächen mußten also vergrößert und siedlungswillige Bauern nach Preußen-Brandenburg geholt werden. Gleich nach seinem Amtsantritt begann man mit der Trockenlegung des havelländischen Luchs. Für das Projekt ließ der König Spezialisten aus Holland kommen. Innerhalb weniger Jahre entstanden um die 15000 Morgen fruchtbares Acker- und Weideland. In den neuen Dörfern siedelten sich vor allem Bauern aus der Pfalz an. Auch Landwirte aus Holland und Ostfriesland kamen. Die brachten „Hochleistungs“-Kühe mit.

Übrigens hatte schon Friedrich Wilhelms Großmutter, nämlich Luise-Henriette von Nassau-Oranien, die Ehefrau des Großen Kurfürsten, von ihrem Oranienburger Schloß aus ein ganzes System von „holländereyen“ ins Leben gerufen. Und nicht schlecht an den Molkereiprodukten verdient. Nun jedenfalls trieb der König von Königshorst aus die agrarische Entwicklung voran. Wenn es ihm irgendwie möglich war, kam er in das Bruch-Dorf, quartierte sich im Amtshaus ein. Auch für die Kirche suchte Friedrich Wilhelm den Platz aus und bezahlte den Bau weitgehend aus seiner Privatschatulle. Aus Zeiten des Soldatenkönigs stammen noch das Fachwerk-Pfarrhaus und der Dorfkrug. 1732 kam dem König die Idee mit der Butterakademie. Holländer sollten die Einheimischen in der Butter- und Käse-Herstellung unterweisen. Das Projekt fand sich am

7. August 1737 in einer „allerhöchsten Cabinets-Ordre“ wieder. Ab sofort hatten junge Frauen im Königshorster Vorwerk Nordhof innerhalb von zwei Jahren das Buttern zu erlernen. Jeweils 15 Mädchen wohnten im Obergeschoß der sogenannten Butter-Meierei. Höchstpersönlich prüfte der König das Ergebnis ihrer Ausbildung. Wurde die Butter für gut befunden, konnten die Mädchen mit einer Aussteuer von 24 Talern rechnen. „Drei Mägde, welche am besten buttern können, wollen Seiner Königlichen Majestät jeder einen Brautschatz von 100 Thalern zahlen lassen.“ Und einen altgedienten Soldaten als Ehemann gab es noch dazu. „... der Amt-Mann zu Königshorst soll keine Mägde bei die Holländereiyn annehmen, welche nicht guter Bauers Leuthe kinder seynd“, hieß es.

Es war eine recht fette Butter, die man damals herstellte. Mit 40 Liter Milch für zwei Kilo Butter mußte man rechnen. Auch die Käse zeichneten sich durch einen extrem hohen Fettanteil aus. Doch die waren gefragt im Berliner Schloß und auf den Wochenmärkten. 14000 Taler soll Friedrich Wilhelm mit seiner Muster-Milchwirtschaft pro Jahr verdient haben. Das ist etwa ein Fünftel des königlichen Familien-Budgets.

Sohn Friedrich setzte erst einmal andere Schwerpunkte. Nicht nur die Schlesischen und den Siebenjährigen Krieg. In Sachen Trockenlegung und Landwirtschaft richtete er sein Augenmerk auf das Oderbruch und die Sümpfe von Warthe und Netze. Bis ihn dann eben 1779 die sinkende Qualität der Königshorster Butter erboste. Und so gründete der inzwischen Alte Fritz die Landwirtschaftsschule gewissermaßen neu – unter den Namen „Ordentliche Akademie des Buttermachens“. Diesmal ist es die Holländer-Familie Thomas Harms Grabenstein, die ins Land gerufen wird. Grabenstein und dessen drei Töchtern zahlt Friedrich sogar ein Jahresgehalt von 400 Talern. Bis ins 19. Jahrhundert geben Holländer als „Berufsschul-Lehrer“ ihre Kenntnisse weiter. 1971 – fast 300 Jahre nach der Trockenlegung des Havellandes – wird die Butter-Meierei abgerissen.

Informationen über die „Butterakademie“  und die Kolonisierung des havelländischen Luchs im Museum „Heimathaus Großderschau“ bei Rhinow. Bis November geöffnet, Dienstag bis Freitag ab 10 Uhr und an den Wochenenden ab 13 Uhr, Telefon (0 33 87) 9 08 10.

Foto: Mehr Morgen Land für die Bauern: Das Heimatmuseum Großderschau gibt zahlreiche Informationen zur Agrarpolitik der Preußenkönige. Vor allem über die Butterakademie (l.) und über die Trockenlegung des Oderbruchs (r.) erfährt der Besucher viel.


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