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11.08.07 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

auf unsere Ankündigung hin, daß wir den TV-Film „Die Flucht“ zum Anlaß genommen haben, ein Symposium über dieses uns alle betreffende Thema im Ostheim Bad Pyrmont (13. bis 16. September, weitere Informationen auf Seite 19 dieser Ausgabe) zu veranstalten, haben schon einige Leserinnen ihre Erlebnisse aufgeschrieben und uns zugesandt. Dazu gehört auch Frau Eva Weidlich, die der Film so berührt hat, daß sie ein Gedicht über das schwere Leid geschrieben hat, das auch sie erfahren mußte. Vielen Dank, liebe Frau Weidlich, ich werde es auf dem Symposium vorlesen, an dem Sie wohl nicht teilnehmen können. „Film und Selbsterlebnis sind zwei verschiedene Bilder“, schreiben Sie, und das ist eben auch der Grund für diese von der Redaktion geplante Veranstaltung. Es ist nur bedauerlich, daß manche, die gerne einmal mit uns über diese Zeit gesprochen hätten, aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen können, es könnte vielleicht so manches geklärt werden, was nur im persönlichen Gespräch möglich ist. Gemeinsam trägt sich eben vieles leichter. Frau Weidlich, * 1933 in Raging, sucht noch immer Verwandte und Freunde aus der Heimat, darunter ihren Stiefbruder Horst Kairies, von dem sie auf der Flucht getrennt wurde, als sie den Treck aus Groß-Heinrichsdorf auf dem Bahnhof Kolberg verlor. Wo sind die anderen aus dem Treck, der von Bürgermeister Bosch geleitet wurde, geblieben? Das verlassene Mädchen kam dann in Kinderheime, so nach Gelbensande bei Rostock, in dem auch Reinhard Fröhlich aus Lohberg war – ihn und seine Schwester Gisela sucht Eva Weidlich ebenfalls. Vom Michaelshof, einem Christlichen Kinderheim in Rostock-Gehlsdorf, ist ihr Dr. med. H. D. Becker bekannt, später war er Präsident der Deutschen Rettungswacht in Filderstadt, auch von ihm hätte sie gerne Näheres gewußt. (Eva Weidlich, Andreas-Schubert-Straße 4 in 08209 Auerbach / Vogtl.)

Auch Frau Margarete Malchow geborene Walterkewitz aus Rostock bemüht sich, Erinnerungen an ihre Zeit in den Kinderheimen wachzuhalten, und hatte in unserer Ostpreußischen Familie nach ehemaligen Schicksalsgefährten gesucht. Einige hatten sich gemeldet, aber es war doch nur eine kleine Gruppe, die sich in Schirgiswalde, Oberlausitz, traf. Eine Teilnehmerin war aber sogar aus Amerika angereist. Die heutigen Seniorinnen erinnerten sich an die Zeit vom Mai 1945 bis Oktober 1947, die sie im Kinderheim Pr. Eylau verbrachten, und suchten ihr letztes Heim im Klein Welka bei Bautzen auf. Der Leiter des Hauses, das heute ein Pflegeheim für Demenz- und Parkinsonkranke ist, empfing die ehemaligen Heiminsassen, und so konnten sie noch einmal durch die Räume gehen, von denen aus dann jedes Kind seinen eigenen Weg suchen mußte, der zu Verwandten oder in Pflegefamilien führte. Wer weiß heute schon, was diese Kinder damals durchmachen mußten? Auf unserm Symposium wird Frau Christa Pfeiler-Iwohn dieses Kapitel Nachkriegsgeschichte, das auch ihren Lebenslauf bestimmte, eingehend behandeln.

Schöne Erfolge habe ich zu melden – darüber freue ich mich, denn sie erhellen die trübetimpelige Stimmung, die einen schon mal in diesem klitschnassen Sommer überkommt, und ich hoffe, sie werden auch Euch erfreuen. Einen hatte ich erwartet, andere kaum oder jedenfalls mit sehr viel Optimismus, der mich nicht betrogen hatte. Da war die Frage von Herrn Prof. Dr. Döhler, Chefarzt Klinikum Plau am See, nach dem ehemaligen Präsidenten des Oberlandesgerichts Königsberg Dr. Max Draeger und dessen tragisches Schicksal, das mit der Hinrichtung am 20. April 1945 im Zuchthaus Brandenburg endete. Herrn Prof. Döhler war es bislang trotz emsiger Forschung nicht möglich gewesen, über den Hintergrund und die Umstände seines Todes Informationen zu erhalten, und wandte sich deshalb an uns. Seine vage Hoffnung wurde restlos erfüllt, wie ich schon zwischenzeitlich vermuten konnte, denn ich bekam kurz nach der Veröffentlichung die Kopie eines an den Professor gerichteten Schreibens zugesandt, in dem Herr Regierungsoberrat

a. D. Hans-Joachim Dumschat aus Wismar Hinweise auf authentische Informationsquellen gab. Und dann kam das Schreiben von Herrn Professor Döhler, das die „Gereinigte Akte“ des noch so kurz vor Kriegsende Hingerichteten enthielt, mit einem nahtlosen Lebenslauf, der keine Fragen mehr offen läßt. Herr Professor Döhler schreibt: „Die Klärung von Draegers Tod gelang mit Hilfe der PAZ. Auf eine Anfrage in der Rubrik ,Ostpreußische Familie‘ erhielt ich drei Briefe … Einer kam von der Nichte eines Königsberger Masuren, die Draegers Tochter kennt. Mit dieser, einer heute 91jährigen Medizinerin, telefonierte ich am 16. Juli. Danach wurde Draeger mit dem Generalstaatsanwalt und einigen Vertrauten vor den anrückenden Russen gewarnt und floh über Pillau nach Swinemünde. Dort wurde die Gruppe auf Geheiß des Gauleiters Koch festgenommen. Draeger wurde in Brandenburg ,ehrenhalber‘ erschossen, die anderen wurden gehenkt. Von der Hinrichtung erfuhren die Angehörigen erst im Dezember 1945. Die Urnen kamen auf den Friedhof in Berlin-Friedenau …“ Eine präzisere Klärung hätte sich der Suchende nicht wünschen können, und er dankt es uns mit herzlichen Worten und – mit dem Abonnement der PAZ / Das Ostpreußenblatt, wofür wir nun danken!

Der zweite Erfolg kam für mich noch überraschender. Sie erinnern sich: Da hatten wir auch in der Folge 27 ein wunderschönes Bild gezeigt, eine Seenlandschaft, die selbst im Zeitungsdruck noch soviel Zauber ausstrahlt, daß einige Leserinnen sie ausgeschnitten haben. Frau Sabine Crone hatte das Ölbild auf dem Dachboden gefunden, es sorgfältig restaurieren lassen, aber die Signatur blieb unleserlich. „Wer hat es gemalt?“ fragte Frau Crone – und wir auch in der Hoffnung, daß es sich um einem ostpreußischen Künstler handelte –, aber wie sollte das bewiesen werden? Es wurde sogar eindeutig bewiesen – durch die Töchter des Malers Alexander Kolde, einem der führenden bildenden Künstler Ostpreußens, die es einwandfrei als Arbeit ihres Vaters erkannten und auch die Signatur entziffern konnten. „Ein früher Kolde“, denn es stammt nach Ansicht von Frau Berta A. Kolde und ihrer Schwester Katharina aus einer frühen Malperiode des Künstlers. Sie teilten mir dieses in einem mich sehr überraschenden Schreiben mit: „Wir ordnen diese Seenlandschaft im Mondlicht seiner Münchener Periode – oder einige Jahre später – zu. Es ist selten, daß ein früh geschaffenes Kunstwerk aus dem Osten auf diese Weise im Westen überlebt hat und es dem Künstler wieder zugeordnet werden kann, der sein Hauptwerk durch die Kriegseinwirkungen verloren hat.“ Frau Crone war natürlich ebenso überrascht wie ich, als sie den Anruf der Schwestern Kolde erhielt, und ist sehr glücklich, daß das von ihr geliebte Bild nun eindeutig ein Werk des Malers ist, dessen spätere Werke eine expressive Farbigkeit zeigten. Das Bild erhält nun durch die Zuweisung zu der frühen Schaffensperiode des 1886 in Neuhaldensleben geborenen Künstlers, der 1963 in Flensburg verstarb, einen besonderen Wert. Sabine Crone dankt uns für diese „spannende und schöne Aufklärung“!

Nummer 27 muß besonders aufmerksam gelesen worden sein, denn auch der Wunsch von Frau Eva Droese nach dem Buch „Treibholz“ von Arne Gammelgaard wurde gelesen und sofort erfüllt. Zahlreiche Leser riefen bei Frau Droese an, einige waren bereit, ihr das Buch zu überlassen oder wiesen auf den Preußischen Mediendienst hin, über den man das Buch erwerben kann – was unsere Leserin auch prompt tat. „Sehr erfreulich ist, daß ich durch Ihren Aufruf einige sehr nette Menschen kennengelernt habe und nun mit ihnen in Verbindung stehe“, fügt sie ihrem Dankeschön an. Und: „Sie sehen, es klappt noch immer!“

Wobei ich das „noch“ lieber streichen will, denn wie die positiven Reaktionen beweisen, klappt es nach wie vor, und da ist es kein Wunder, daß auch Detlef Siegmund aus Crivitz mit der Veröffentlichung seines Wunsches voll auf Erfolg setzt. Er sucht seine Tante Elisabeth Tobjinski aus Bladiau, Kreis Heiligenbeil, eine Halbschwester seiner verstorbenen Mutter Elli Elfriede Siegmund, geborene Putzke. „Lisbeth“, wie die Gesuchte in der Familie genannt wurde, stammte aus der ersten Ehe seiner Großmutter Gertrud wie auch deren Sohn Walter Tobjinski. Mit ihrem zweiten Ehemann Willy Putzke hatte Gertrud außer Elli, * 1932, noch eine weitere Tochter Vera, * 1935. Das Geburtsdatum ihrer Halbschwester Elisabeth ist nicht bekannt, es dürfte zwischen 1928 und 1931 liegen. Alle vier Kinder von Gertrud Putzke, verwitwete Tobjinski, wurden in Bladiau geboren. Nach der Flucht begann die große Suche nach „Lisbeth“. 60 Jahre lang galt sie als verschollen. Herrn Siegmunds Mutter Elli verstarb 1990 im mecklenburgischen Zurow, und sie hat leider nicht mehr erfahren, daß ihre Halbschwester Elisabeth Krieg und Flucht überlebt hat. Denn vor kurzem hörten Herr Siegmund und seine heute 72jährige Tante Vera Rosenbaum von Verwandten von der Tobjinski-Seite, daß Elisabeth sie einmal in Süddeutschland besucht hatte. „Lisbeth“ hatte geheiratet und übergab den Verwandten ein Hochzeitsbild. Leider riß die Verbindung später ab, so daß weitere Informationen wie der Ehename von Elisabeth nicht bekannt sind. Sie dürfte in Berlin leben. Wer kann helfen, Elisabeth Tobjinski, verheiratete ?, zu finden, fragt nun Detlef Siegmund. Vielleicht Landsleute aus dem Kreis Heiligenbeil, vor allem aus Bladiau, aber vielleicht liest ja die Gesuchte als Ostpreußin unsere Zeitung, das wäre natürlich wunderbar. Am glücklichsten wäre Vera, wenn sie ihre Halbschwester finden würde. (Detlef Siegmund, Straße der Freundschaft 32 in 19089 Crivitz, Telefon / Fax 0 38 63 / 52 25 75.)

Eine der ersten ostpreußischen Plattdietschen war die Dichterin Frieda Jung – noch heute sind ihre Gedichte wie „Ons Lieske“ oder „Dat Scheenste“ beliebt. Nun habe ich einen Zettel vorliegen, der mir Rätsel aufgibt. Er ist an das „Ostpr.Blatt“ gerichtet und enthält den Wunsch nach einem schon vor längerer Zeit in unserer Zeitung veröffentlichen Beitrag über Frieda Jung, in dem geschildert wird, wie ihr Vater zum Lehrer wurde. Ich könnte der oder dem Betreffenden einen Auszug aus den Jugenderinnerungen der Dichterin „In der Morgensonne“ zusenden, in dem sie dies ausführlich schildert, aber auf dem karierten Blatt sind weder Personenname noch Adresse noch Datum vermerkt, sogar die Unterschrift fehlt. Ich kann es auch keinem separaten Umschlag zuordnen. Wer diesen Wunsch geschrieben hat, soll sich bitte noch einmal mit den fehlenden Angaben melden, damit ich ihn erfüllen kann.

Eure Ruth Geede


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