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11.08.07 / Keine Angst vor der Narkose / Wann welche Betäubungsmethode sinnvoll ist – Rechtzeitig Gespräch mit Anästhesisten führen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Keine Angst vor der Narkose
Wann welche Betäubungsmethode sinnvoll ist – Rechtzeitig Gespräch mit Anästhesisten führen
von Kai Gerullis

Der Eingriff ist lange geplant. Rückt die Operation näher, löst der Gedanke an die Narkose bei vielen Unbehagen aus. Um die Angst zu minimieren, sollte man rechtzeitig vor der OP mit dem Anästhesisten über die Art der Betäubung und eventuelle Alternativen sprechen.

Eine Narkose ist für viele Patienten ein Zustand, den sie nur schwer nachvollziehen können. „Das führt zur Angst, das Bewußtsein zu verlieren und die Kontrolle aufzugeben“, sagt Professor Bernd Landauer, der Präsident des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten. Bestes Mittel dagegen sei es, den Eingriff sorgfältig vorzubereiten.

„Rät ein Arzt zu einer Operation, sollte man vor allem bei größeren Eingriffen bei einem anderen Mediziner eine zweite Meinung einholen, ob der Eingriff in der empfohlenen Form nötig ist“, empfiehlt Landauer. Der zweite Schritt sei es, Vertrauen aufzubauen.

„Der Patient sollte sich von seinem Arzt sowie von Freunden und Bekannten Tips einholen, wo die notwendige Behandlung gut ausgeführt wird“, betont der Mediziner. Wenig hilfreich seien für den Laien Informationen aus dem Internet, ist die Erfahrung des Münchner Arztes.

Den Anästhesisten kann sich der Patient dagegen in der Regel nicht aussuchen, ihm begegnet er meist das erste Mal im Krankenhaus. „Alle Patienten, die operiert werden, gehen vorher zu einer sogenannten Anästhesie-Sprechstunde“, sagt Landauer. Hier macht sich der Anästhesist ein Bild von seinem Patienten, stellt die geplante Narkosemethode vor und beantwortet Fragen. Der Patient muß offen und umfangreich über bestehende Krankheiten und eingenommene Medikamente Auskunft geben sowie einen Fragebogen zum Gesundheitszustand ausfüllen. „Während der Sprechstunde kann der Patient auch sämtliche Ängste besprechen“, unterstreicht Landauer. Sind die Rahmenbedingungen geklärt, sollte er die OP entspannt angehen. „Man hat dann das gute Gefühl, alles Mögliche getan zu haben. Das beruhigt“, sagt Landauer.

Je nachdem in welcher Region des Körpers operiert wird, schlägt der Anästhesist eine Voll- oder Teilnarkose vor. „Bei der klassischen Vollnarkose verliert der Patient das Bewußtstein und ist völlig schmerzfrei“, sagt Landauer. Diese Art der Narkose eignet sich prinzipiell für alle operativen Eingriffe.

Die Regionalanästhesie, bei der einzelne Körperregionen betäubt werden, der Patient aber bei Bewußtsein bleiben kann, ist dagegen bei Eingriffen an den Extremitäten wie Händen oder Füßen oder am Unterbauch üblich. „Mittlerweile wird vielfach auch eine Kombination aus Voll- und Regionalanästhesie genutzt“, betont der Mediziner. „Das hat den Vorteil, daß der Patient nach dem Eingriff sehr schnell wieder wach, aber am Ort des Eingriffs noch länger schmerzfrei ist, beziehungsweise durch Nachinjektionen gehalten werden kann.“ Auf diese Weise könne sehr schnell mit der Rehabilitation begonnen werden.

In den meisten Fällen wird durch die Betäubung die Muskulatur gelähmt, dann ist eine künstliche Beatmung nötig. „Dazu wird ein Schlauch vor oder in die Luftröhre gesetzt, über den der Patient mit Atemgas versorgt wird“, sagt Landauer. Eine Atemmaske werde dagegen nur selten genutzt, sie sei hauptsächlich bei sehr kurzen Narkosen im Einsatz.

Die Betäubung gelingt heute meist über eine Kanüle im Arm in den Körper. „Der Vorteil ist, daß die Medikamente so genau dosiert werden können, daß der Patient schon wenige Minuten nach der OP aufwacht“, sagt Landauer. Die Betäubung mit Hilfe von Narkosegasen sei allerdings in den Operationssälen weiterhin üblich.

Während der Operation bleibt der Anästhesist permanent beim betäubten Patienten. Er überprüft ständig die Vitalwerte wie Blutdruck, Atmung und den Puls. Nach dem Eingriff begleitet er den frisch Operierten in den Aufwachraum. „Der Patient wird erst an die Station abgegeben, wenn die Narkose vollständig abgeklungen ist“, betont Landauer. Dies dauert etwa 20 Minuten bis zwei Stunden.

Im Aufwachraum kommt es auch zu den häufigsten Nebenwirkungen einer Narkose: „Viele Menschen müssen sich im Anschluß erbrechen“, sagt Landauer. Ernsthafte Komplikationen seien dagegen selten. „Zum Tod durch Narkose kommt es statistisch in einem von 200000 Fällen“, betont der Mediziner. „Man darf nicht vergessen, daß es kaum einen Zustand gibt, wo ein Facharzt über Stunden permanent auf einen aufpaßt“, betont Landauer.

 

Die gängigen Anästhesieverfahren

– Die Allgemeinanästhesie, als Narkose bekannt, schaltet das Bewußtsein und das Schmerzempfinden im ganzen Körper aus. Der Patient befindet sich im schlafähnlichen Zustand.

– Die Armplexus-Anästhesie schaltet nur das Schmerzempfinden in einem Arm beziehungsweise einer Schulter aus.

– Bei Eingriffen am Arm, der Hand oder am Bein können auch einzelne Nerven blockiert werden. Dies führt zur Ausschaltung des Schmerzempfindens.

– Die sogenannte intravenöse Regionalanästhesie eignet sich gut für kleinere Eingriffe an Hand und Unterarm sowie Fuß und Unterschenkel. Dabei werden einzelne Körperregionen betäubt.

– Bei der Periduralanästhesie schalten die Ärzte das Schmerzempfinden für Eingriffe am Brustkorb, im Bauch, Unterleib und an den Beinen aus.

– Die Spinalanästhesie kann bei Eingriffen unterhalb des Bauchnabels eingesetzt werden.

(Quelle: Anästhesie – Informationen für Patienten, Herausgegeben vom Berufsverband Deutscher Anästhesisten)


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